Home Elektroinstallation Elektrische Maschinen Parallelbetrieb von Transformatoren

Oberschwingungen in der Praxis

Parallelbetrieb von Transformatoren

Dieser Beitrag betrachtet die Übertragung von Oberschwingungen vom Niederspannungs- in das Mittelspannungsnetz, um die Belastung des Mittelspannungsnetzes des Netzversorgers mit Oberschwingungen möglichst gering zu halten. Es stellt sich die Frage, ob sich bei Auswahl der folgenden Transformatoren die Oberschwingungen reduzieren bzw. komplett eliminieren lassen?

  • Trafo 1: Dyn5 (Phasenverschiebung von OS zu US 150°), 1000 kVA, 6 %
  • Trafo 2: Dyn11 (Phasenverschiebung von OS zu US 330°), 1000 kVA, 6 %.

Der Grundgedanke

Der Grundgedanke dabei war die Phasenverschiebung der Transformatoren 330° – 150° = 180°. Da bei Parallelbetrieb die Phasenlage der Oberschwingungen auf der Niederspannungsseite gleich ist, sollte bei der Übertragung ins Mittelspannungsnetz eine Phasenverschiebung zwischen den Transformatoren von 180° erfolgen, so dass sich die Oberschwingungen auf der Mittelspannungsseite aufheben. Dabei traten folgende Fragen auf:

  • Welche Konsequenzen hat die Parallelschaltung von Transformatoren mit unterschiedlichen Schaltgruppenkennzahlen (Leistung, uK und Spannungen bleiben gleich) und wie wirken sich die Oberschwingströme bei einer solchen Konstellation auf die Transformatoren hinsichtlich der Eisen- und Kupferverluste aus?
  • Zunächst ist es nicht eindeutig definiert, was unter der »Parallelschaltung von Transformatoren« zu verstehen ist. Einmal ist damit die gemeinsame Speisung der Oberspannungswicklungen (OS) aus demselben Netz gemeint; das andere Mal bezieht sich dies auf die gleichzeitige Parallelschaltung sowohl der Ober- als auch der Unterspannungswicklungen (US). Naturgemäß ist dies nicht das ­gleiche.

Parallelschalten von OS und US

Bild 1: Betrieb dreier ohmscher Prüflasten über drei B2-Brückengleichrichter (ähnlich Bild 9 unten) mit 500μF Glättungskapazität (Neutralleiterstrom nicht dargestellt)
Bild 1: Betrieb dreier ohmscher Prüflasten über drei B2-Brückengleichrichter (ähnlich Bild 9 unten) mit 500μF Glättungskapazität (Neutralleiterstrom nicht dargestellt)

Im vorliegenden Fall ist geplant, auch die Ausgangsseiten der Transformatoren parallel zu schalten. Dies ist nur dann möglich, wenn die Schaltgruppenkennziffern gleich sind. Anderenfalls kommt es zu beträchtlichen Ausgleichsströmen, die den Bemessungsstrom des Transformators erheblich überschreiten. Beim vorliegenden Vorschlag, der auf eine Phasenverschiebung von 180° abzielt, entspräche dies einem »satten« Kurzschluss beider Transformatoren. Um sich die Vorgänge zu veranschaulichen, ist es oftmals hilfreich, sich den Drehstrom als drei getrennte Wechselstrom-Systeme vorzustellen. Man erkennt schnell, dass zwei antiparallel geschaltete Ausgangswicklungen entstehen. Das ist so, als würden z. B. zwei Batterien antiparallel geschaltet. Die Spannungen der beiden Quellen liegen in Reihe und verdoppeln sich, genauso wie die Kurzschlussimpedanzen. Es treibt also die doppelte Leerlaufspannung eines Transformators einen Strom durch die Reihenschaltung der beiden Kurzschlussimpedanzen. Die Folge: es fließt der Kurzschlussstrom. Das ist nicht der Sinn der Sache.

Nur OS-seitiges Parallel­schalten

Bild 2: Synthese einer Dreieckschwingung, Taktverhältnis 1:3, aus ihrer Grundschwingung und den Oberschwingungen 3 bis 17
Bild 2: Synthese einer Dreieckschwingung, Taktverhältnis 1:3, aus ihrer Grundschwingung und den Oberschwingungen 3 bis 17

In diesem Fall ist in der Tat eine Reduktion der Verbreitung von Oberschwingungen (Harmonischen) über das Mittelspannungsnetz (OS-Seite) erreichbar, denn im gleichen Ausmaß, wie die beiden NS-Netze gegeneinander phasenverschoben betrieben werden (und sich eben deswegen nicht mehr parallel schalten lassen), werden auch deren Oberschwingungen – aus MS-Sicht – gegeneinander phasenverschoben (Bilder 1 und 2). »Im gleichen Ausmaß« bedeutet dabei »gleiche Zeiten«. Nun entspricht aber eine Verschiebung von z. B. 2 ms bei Netzfrequenz 50 Hz – also für die Grundschwingung – 1/10 einer Periode oder 36°.

Bild 3: Zwei Transformatoren verschiedener Schaltgruppen Dy5 (mit 5x30° = 150° Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangsseite) und Dd0 (ohne Phasenverschiebung) speisen zwei (hier parallel geschaltete) B6-Gleichrichterschaltungen
Bild 3: Zwei Transformatoren verschiedener Schaltgruppen Dy5 (mit 5x30° = 150° Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangsseite) und Dd0 (ohne Phasenverschiebung) speisen zwei (hier parallel geschaltete) B6-Gleichrichterschaltungen

Für die fünfte Oberschwingung hingegen stellt der gleiche Zeitraum von 2 ms eine halbe Periode oder 180° dar. Die beiden fünften Oberschwingungen aus den beiden NS-Netzen würden sich also bei ihrem Aufeinandertreffen im MS-Netz voneinander subtrahieren, im Falle ihrer Gleichheit sich sogar gegenseitig vollständig aufheben, gelänge es denn, die beiden Netze – bezogen auf die Netzfrequenz – um genau 36° gegeneinander zu verschieben. Leistungselektronische Umrichter werden bis hin zu erheblichen Bauleistungen mit nur begrenzten Maßnahmen gegen niederfrequente Netzrückwirkungen ausgestattet (Induktivitäten vor dem Drehstromeingang und im Gleichstromzwischenkreis) – bei kleinen Leistungen, völlig ohne Maßnahmen. Es handelt sich somit netzseitig um Brückengleichrichter mit Glättungskondensator. Drei solcher Lasten – einphasig, aber auf die drei Außenleiter aufgeteilt – ergeben an einem durchschnittlichen Drehstromanschluss 3 x C16A, 2,5 mm2, drei Stromkurven wie in Bild 1 aufgezeichnet. Enthalten ist dort auch die Rückwirkung auf die in Folge der nicht linearen Belastung bei weitem nicht mehr sinusförmig verlaufenden Spannung. Nicht nur der Strom, sondern in Folge auch die Spannung sind also mit Oberschwingungen belastet. Dies stellt die eigentliche Motivation zur Begrenzung von Stromoberschwingungen dar.

Die erfassten Stromkurven

Bild 4: 3., 5., 7. und 9. Oberschwingungen, wie sie in den drei Außenleitern am Ausgang des Transformators 1 auftreten, wenn auf eine B6-Gleichrichterschaltung gespeist wird (wie z.B. in Bild 3 oben)
Bild 4: 3., 5., 7. und 9. Oberschwingungen, wie sie in den drei Außenleitern am Ausgang des Transformators 1 auftreten, wenn auf eine B6-Gleichrichterschaltung gespeist wird (wie z.B. in Bild 3 oben)

Die bei einer praktischen Messung in den drei Außenleitern beobachteten Stromkurven sehen jenen sehr ähnlich, die sich bei der Synthese eines Dreieckstroms mit einem Stromflusswinkel von 60° je Halbschwingung – wobei also nur für 1/3 der gesamten Zeit Strom fließt – ergeben und wenn nur Harmonische bis zur Ordnungszahl 17 (entsprechend 850 Hz) berücksichtigt werden. Die Synthese der dreieckigen Kurvenform ist hiermit zwar noch unvollkommen (Bild 2), doch der Realität kommt dies noch näher als die perfekte Dreieckkurve. Tatsächlich lassen sich die Oberschwingungen auf der MS-Seite zum Teil gegenseitig »kompensieren« wie kapazitive gegen induktive Blindleistung (denn im Prinzip stellen Oberschwingungen eine weitere Form der Blindleistung dar). Hierzu ist es erforderlich, dass die vom MS-Netz in die einzelnen NS-Netze speisenden Transformatoren Schaltgruppen mit unterschiedlichen Schaltgruppen- Kennziffern aufweisen (Bilder 3 und 4).

Die Schaltgruppen der Trafos

Bild 5: Dreiwicklungs-Transformator speist zwei B6-Gleichrichterbrücken zur Reduktion der Oberschwingungs-Belastung an der Eingangsseite
Bild 5: Dreiwicklungs-Transformator speist zwei B6-Gleichrichterbrücken zur Reduktion der Oberschwingungs-Belastung an der Eingangsseite

Die Schaltgruppenkennziffer gibt an, um das Wievielfache von 30° die Spannung an der Ausgangsseite gegenüber der Eingangsspannung phasenverschoben ist. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die »Verkettung« der Spannungen im Drehstromsystem genutzt wird. So entsteht z. B. die Ausgangsspannung zwischen L1 und N am Ausgang eines Transformators der Schaltgruppe Dyn5 (mit 150° Phasenversatz zwischen Eingang und Ausgang – Bild 3 oben) aus der Spannung zwischen L1 und L2 am Eingang. Ein einfaches Umpolen der Spannung (etwa Dd0 gegenüber Dd6, wobei lediglich im zweiten Fall gegenüber dem ersten jede einzelne US-Wicklung anders herum angeschlossen wird) genügt nicht. Wohl aber lassen sich die beiden Ausgangswicklungen unterschiedlicher Schaltgruppen der beiden Transformatoren auch auf einen einzigen Trafo (»Dreiwickler«) aufbringen. Allerdings auch hier wieder niemals, um die beiden Wicklungen direkt parallel zu schalten, sondern um getrennte Gleichrichter damit zu speisen. Deren Ausgangsspannungen wiederum lassen sich nach Wahl in Reihe (Bilder 5 und 6) oder parallel (ähnlich Bild 3) schalten, um zu einem 12-Puls- Gleichrichter zu gelangen.

Die Oberschwingungen

Bild 6: 3., 5., 7. und 9. Oberschwingungen, wie sie in den drei Außenleitern am Ausgang des zweiten Transformators auftreten, gegen den ersten (Bild 4) um 150° phasenversetzt
Bild 6: 3., 5., 7. und 9. Oberschwingungen, wie sie in den drei Außenleitern am Ausgang des zweiten Transformators auftreten, gegen den ersten (Bild 4) um 150° phasenversetzt

Ließe sich hierdurch die schon genannte Phasenverschiebung von 36° realisieren, so wäre z. B. die fünfte Harmonische vollständig verschwunden (Bild 7). Dafür allerdings reduzieren sich andere Oberschwingungen nur mäßig oder gar nicht – je nach dem, welche Phasenverschiebung sich für diese aus der Zeitverschiebung von 2ms (für die Grundschwingung einer Phasenverschiebung von 36° entsprechend) ergibt. Im realen Fall – etwa der häufig gewählten Schaltgruppe Dyn5 gegenüber einer »nicht verketteten« Schaltgruppe der Kennziffer 0 – löscht sich keine Oberschwingung vollständig aus, aber alle reduzieren sich mehr oder weniger (Bild 8). Durch geeignete Kombinationen von Dreieck-, Stern- und Zickzackschaltungen lassen sich so mit Vierwicklungs-Transformatoren auch 18-pulsige und etwa durch Einsatz zweier »Dreiwickler« 24-pulsige Gleichrichter konfigurieren.

Denkbare Alternative

Bild 7: Dreiwicklungs-Transformator speist zwei B6-Gleichrichterbrücken zur Reduktion der Oberschwingungs-Belastung an der Eingangsseite
Bild 7: Dreiwicklungs-Transformator speist zwei B6-Gleichrichterbrücken zur Reduktion der Oberschwingungs-Belastung an der Eingangsseite

Eine zwölfpulsige Gleichrichtung erreicht man allerdings auch, wenn man nur einen Transformator, aber zwei ­verschiedene Gleichrichterschaltungen verwendet (Bild 9). Bekannt ist, dass die Rückwirkungen aus einphasigen Gleichrichterlasten zwischen einem Außenleiter und dem Neutralleiter gegenüber dreiphasigen Gleichrichterlasten aus B6-Brücken, die zwischen den drei Außenleitern angeschlossen werden, um 150° verschoben sind. Eine prinzipielle, in der Praxis aber kaum jemals anzutreffende Möglichkeit zur Minderung der Oberschwingungspegel bestünde daher darin, jede zweite B6-Brücke (also ohne Sternpunkt-Anschluss) durch drei B2-Schaltungen zu ersetzen, die jeweils den Sternpunkt nutzen (Bild 8). Bedacht werden muss dabei natürlich, dass sich die so erzeugten Gleichspannungen um den Faktor 1,73 unterscheiden. Parallel- und Reihenschaltungen schließen sich jedoch schon deswegen aus, weil die unterschiedlichen Gleichrichter eingangsseitig aus derselben Quelle gespeist werden. Dies könnte nur mit Kurzschluss mindestens einer Halbschwingung enden. Galvanisch ­getrennte Transformatorwicklungen schließen dies aus. Allerdings stellt ­ sich die Frage so auch nicht, weil nur an einzelne Umrichter mit unterschied­lichen internen Verschaltungen gedacht ist, nicht an zwei unterschiedliche Verschaltungen in einem Gerät. Transformatoren können also deutliche Auswirkungen auf Oberschwingungen haben, doch haben Oberschwingungen auch ihre Rückwirkungen auf Transforma­toren.

Weitere Zusatzverluste in Transformatoren

Bild 8: Resultierende Oberschwingungen bei OS-seitigem Parallelbetrieb zweier Transformatoren Dd0 und Dy5 (150° Phasenversatz –Summe aus Bild 4 und Bild 6)
Bild 8: Resultierende Oberschwingungen bei OS-seitigem Parallelbetrieb zweier Transformatoren Dd0 und Dy5 (150° Phasenversatz –Summe aus Bild 4 und Bild 6)

In allen Diagrammen (Bild 4, Bild 6, Bild 7, Bild 8) fällt auf, dass die dritten Harmonischen der drei Außenleiter zusammenfallen. Diese Ströme liegen also in Phase zueinander, und sobald der speisende Transformator über wenigstens eine im Dreieck verschaltete Wicklung verfügt, treiben die drei dritten Spannungs-Harmonischen einen Oberschwingungs- Kreisstrom dritter Ordnung in der Dreieckwicklung. In der Spannung ist deswegen die dritte Harmonische zwar fast verschwunden, weil diese Spannung gleichsam auf einen Kurzschluss speist. Als zusätzliche Wärmebelastung für den Transformator bleibt der Strom jedoch bestehen. Nur weil der Strom, ebenso wie die ihn treibende Spannung, nach außen hin kaum in Erscheinung treten, sind sie nicht einfach »weg«. Auch ist zu beachten, dass die Strom- Oberschwingungen in den Verbrauchsmitteln entstehen und sich von dort aus gleichsam »stromaufwärts« ausbreiten. Sie haben also die beiden Transformatoren schon durchflossen – und entsprechend belastet – ehe sie im MS-Netz aufeinander treffen, um sich gegenseitig auslöschen zu können. Doch das ist noch nicht alles: Die Verlustleistung PV eines Transformators wird nach Lehrbuch wie folgt aus dem konstanten Leerlaufverlust (Eisenverlust) PFe, dem Lastverlust (Kupferverlust) PCu und ­ dem Laststrom I2 (im Verhältnis zum Bemessungs-Laststrom I2N) wie folgt ermittelt:

DE_2015_21_40-45_EI41-Formel1
DE_2015_21_40-45_EI41-Formel1

Der Leerlauf- sowie der Lastverlust bei Bemessungsstrom (dort häufig »Kurzschlussverlust«  genannt) werden stets vom Hersteller in der Dokumentation angegeben und sind sogar klassifiziert [1], der Zusatzverlust PZ jedoch als solcher nicht direkt. Da dieser sich, wie der Lastverlust, proportional zum Quadrat des Laststroms verhält, wird er diesem zugeschlagen und nicht separat ausgewiesen. Er rührt von Wirbelströmen in mechanischen Bauteilen, vor allem aber in den dicken Leitern der US-Wicklung her, in denen durch magnetische Streufelder Kreisströme senkrecht zur eigentlichen Flussrichtung des Laststroms induziert werden. Ein Wirbelstrom wird durch ­eine »Wirbelspannung« getrieben – wenn auch der Ausdruck unüblich ist, aber es muss eine solche Spannung vorhanden sein, denn wo keine Spannung, da kein Strom. Diese »Wirbelspannung« wird durch magnetische Streufelder induziert. Diese Streufelder stammen aus dem Teil des Magnetfeldes, das nicht im Kern, sondern zwischen OS- und US-Wicklung verläuft (Haupt-Streukanal). Dessen magnetische Feldstärke ist proportional zum Laststrom. Nun ist eine induzierte Spannung aber nicht proportional zu einer magnetischen Feldstärke oder einem magnetischen Fluss, sondern zu deren Änderungsgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit, mit der sich ein magnetisches Wechselfeld ändert, ist proportional zu dessen Scheitelwert und zur ­Frequenz des Wechselfeldes. Der Wirbelstrom steigt proportional zur »Wirbelspannung«, und der Wirbelstromverlust errechnet sich aus Spannung mal Strom. Somit hängt der Zusatzverlust vom Quadrat des Laststroms und vom Quadrat der Frequenz ab. Vollständig müsste die Formel zur Errechnung der Verlust­leistung in einem Transformator also lauten:

DE_2015_21_40-45_EI41-Formel2
DE_2015_21_40-45_EI41-Formel2
Bild 9: Nur ein Transformator mit nur zwei Wicklungen, dafür aber zwei verschiedene Gleichrichterschaltungen bewirken ebenfalls eine Phasenverschiebung der Oberschwingungen von 150° gegen­einander
Bild 9: Nur ein Transformator mit nur zwei Wicklungen, dafür aber zwei verschiedene Gleichrichterschaltungen bewirken ebenfalls eine Phasenverschiebung der Oberschwingungen von 150° gegen­einander

Man ist nur bislang immer davon ausgegangen, die Betriebsfrequenz f des Netzes werde schon der Nennfrequenz fN entsprechen. Tatsächlich gibt es in der Technik kaum etwas so Genaues wie die Frequenz im westeuropäischen Verbundnetz [2]. Zwar ändert sich der ­Eisenverlust auch näherungsweise mit dem Quadrat der Eingangsspannung U1, doch geht man auch hier von keinen nennenswerten Schwankungen aus, nimmt also an, dass U1U1N sein wird. Was nun aber, wenn mehrere Frequenzen im Transformator auftreten? Die Bemessungswerte eines Transformators beziehen sich stets auf ohmsche Last und Nennfrequenz. Der Zusatz-Verlust jedoch steigt im Quadrat zum Strom und im Quadrat zur Frequenz. Der Transformator kann sich also erhitzen, obwohl der Laststrom den Bemessungswert – echt effektiv, richtig gemessen – nicht überschritten hat. Das Ausmaß dieses Einflusses lässt sich jedoch quantifizieren. In der entsprechenden Norm [3] gibt es zwei komplizierte Formeln, mit denen sich das Ausmaß dieses Einflusses ermitteln lässt. Auf eine Berechnung wollen wir an dieser Stelle jedoch verzichten. Der einzige Haken an den vorgenannten Formeln ist allerdings, dass man Werte eingeben muss, die kaum jemals vorliegen. So nützt die genaueste Formel nichts. Was also tun? Weiter kommt man oftmals mit einer Extremwertbetrachtung, indem man sich überlegt, was denn im ungünstigsten Fall eintritt [4]. Wenn dieser Fall – nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich – noch beherrschbar ist, ist der Transformator für diesen auszulegen, und man hat eine beruhigende Reserve. Den worst-case-Fall stellt für einen Transformator wahrscheinlich die ausschließliche Belastung mit kleinen Gleichrichterlasten wie Kompakt-Leuchtstofflampen oder LED-Leuchtmitteln dar. Diese tun dem Trafo normalerweise nur deshalb nicht weh, weil sie klein sind und ihr Betriebsstrom entsprechend gering ist und diese Lasten in der Regel auch nicht in Massen auftreten.

Beispielrechnung

In einer Beispielrechnung [5] wurde versuchsweise angenommen, dies sei eben doch der Fall. Um sicher zu gehen, dass diese Konstellation auch wirklich ungünstig ist, wurde davon ausgegangen, dass der Transformator zu 100 % seines Bemessungsstroms (Echt-Effektivwert) mit solchen Lampen belastet wird. Das Ergebnis: Auf Grund der Strom-Oberschwingungen entsteht im Transformator ca. 80 % mehr Verlustwärme als im Bemessungs-Belastungsfall mit 100 % des Bemessungsstroms bei 50Hz Sinus (wobei der Zusatzverlust eines Transformators gewöhnlich zwischen 5 % und 10 % des Lastverlustes liegt). Somit erzeugt diese Art Last im Transformator ca. 70 % mehr Wärme als die Bemessungslast mit 50 Hz Sinusstrom. Wegen der quadratischen Abhängigkeit der Wärme vom Strom lässt sich sagen: Senkt man den Laststrom um ca. 35 %, belastet den Trafo also nur zu etwa 65 %, so liegt man immer auf der sicheren Seite.

Rückwirkungen des Transformators auf die Oberschwingungen

Dies gilt umso mehr, als der in Frage stehende Transformator mit einer Kurzschlussspannung uK von 6 % ausgewiesen ist, die o. g. Beispielrechnung sich jedoch auf einen Trafo mit uK = 4 % bezog. Diese Größe bezeichnet die Spannung, die an der Eingangswicklung angelegt werden muss, damit in der Ausgangswicklung im Kurzschluss der Bemessungsstrom fließt (so wird auch der Kurzschlussverlust gemessen; daher der Name). Die Kurzschlussspannung wird meist in % der Bemessungsspannung der betreffenden Wicklung angegeben und beschreibt also den inneren Spannungsfall des Transformators. Dieser Spannungsfall ist überwiegend induktiver Natur und rührt in erster Linie von der Streureaktanz her, also dem Teil des magnetischen Feldes, der den Kern umgeht, und nur zu geringen Teilen vom ohmschen Widerstand der Wicklungen. Damit aber ist dieser Spannungsfall stark von der Frequenz abhängig und für die Oberschwingungsströme entsprechend höher: Für die dritte (bei 150 Hz) betrüge die Kurzschlussspannung schon fast 18 %, für die fünfte (250 Hz) annähernd 30 % statt der auf dem Leistungsschild angegebenen 6 %. Dadurch filtert der Transformator einen beträchtlichen Teil der Oberschwingungen aus seinem eigenen Laststom (also auch aus seinem Eingangsstrom) heraus.

Erkenntnis

Vorteile und Nachteile: Der Trafo rettet dadurch seinen eigenen Kragen, denn in der o. g. Modellrechnung ­wurde alternativ auch so gerechnet, als bestünde überhaupt kein induktiver Spannungsfall im Trafo. Ergebnis: Dieser würde sich bei dem dort angenommenen verzerrten Strom nicht nur um 80 %, sondern um 700 %, also um das siebenfache, stärker erwärmen. Die hier abgebildeten Kurven wurden übrigens auch ohne den Einfluss der Filterwirkung des Transformators gerechnet. Der Nachteil besteht darin, dass der Transformator als »serieller Filter« eine Minderung der Oberschwingungen im Strom immer mit erhöhtem Oberschwingungspegel in der Spannung erkauft: Statt des Stroms ist nachher auf der Lastseite die Spannung »verbeult«. Deutlich war dies schon in Bild 1 zu erkennen; dort ­jedoch verursacht durch den – von der Frequenz kaum abhängigen – überwiegend ohmschen Spannungsfall in der Leitung. Ist der Spannungsfall bei höheren Frequenzen größer, werden die Spannungskurven noch deutlich stärker verzerrt. Eben das will man aber nicht haben. Um beides herauszufiltern, die Harmonischen des Stroms und die der Spannung, sind netzparallele Filter erforderlich [6].

Literatur:

[1] DIN EN 50464-1 (Hinweis: Norm nicht mehr gültig!) [2] www.kupferinstitut.de/de/werkstoffe/anwendung/e-energie/stromnetze/stromuebertragungsnetze.html [3] DIN EN 50464-3 (2007); VDE 0532-223:2007-12 [4] Aus einem im ICE belauschten Gespräch zweier Mitarbeiter von Signal Iduna: »Der Worst Case ist noch gar nicht mal das Schlimmste«. [5] www.kupferinstitut.de/de/werkstoffe/anwendung/emv/oberschwingungen/
oberschwingungsauswirkungen.html#c7559
[6] Stefan Fassbinder: »Vor der eigenen Tür gefegt«. »de« 11 - 20/1999

Über den Autor
Autorenbild
Dipl.-Ing. Stefan Fassbinder

Studium der elektrischen Energietechnik. Jahrelange Tätigkeit in der Konstruktion und Entwicklung von Klein-, Ringkern- und Großtransformatoren sowie Relais. War 25 Jahre lang Berater für elektrotechnische Anwendungen beim Deutschen Kupferinstitut in Düsseldorf. Mitglied in der DKE-Kommission K 712 und im UK 221.2 sowie in mehreren Arbeitskreisen.

Newsletter

Das Neueste der
ema direkt in Ihren Posteingang!