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Nach der Insolvenz von Solarworld

Debatte um Strafzölle gewinnt an Fahrt

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Der Vorstand von Solarworld sei zu der Überzeugung gelangt, dass »keine positive Fortbestehensprognose mehr bestehe, die Gesellschaft damit überschuldet sei und somit eine Insolvenzantragspflicht bestehe«, teilte das Unternehmen mit. Am 11. Mai 2017 wurde  der Insolvenzantrag beim zuständigen Bonner Amtsgericht gestellt. Zugleich sei beantragt worden, einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen und einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen. Solarworld beschäftigt 3300 Mitarbeiter und betreibt Werke im thüringischen Arnstadt und im sächsischen Freiberg sowie im US-Staat Oregon.

Sechstes Verlustjahr in Folge

Referenzanlage von Solarworld in Hagenthal
Referenzanlage von Solarworld in Hagenthal
Für die meisten Beobachter der Szene kommt der Insolvenzantrag der Solarworld  nicht überraschend.  Das Unternehmen hat bereits seit 2010 mit Problemen zu kämpfen. Schon 2013 hatte nur ein drastischer Kapitalschnitt und der Einstieg des Investors Qatar Solar eine Pleite verhindert. Im Jahr 2016 war Solarworld dann erneut tief in die roten Zahlen gerutscht und musste einen Verlust von 92 Millionen Euro verbuchen. Es war das sechste Verlustjahr in Folge.

Noch Ende März 2017 hatte der Konzern angekündigt, mit einem scharfen Sparprogramm bis 2019 wieder aus der Verlustzone kommen zu wollen. Mit dem Abbau von 400 Stellen und zahlreichen Einzelmaßnahmen sollten die Kosten um ein Fünftel verringert werden. Entsprechende Verhandlungen mit den Betriebsräten in Freiberg und Arnstadt liefen bereits.

Chinesische Billigkonkurrenz und Rechtsstreit mit Siliziumlieferant

Im vergangenen Jahr war der Weltmarktpreis für Solarmodule um rund ein Fünftel abgestürzt. Hintergrund sind starke Überkapazitäten in China. Zudem kämpft Solarworld in den USA mit einem Rechtsstreit: Der ehemalige US-Siliziumlieferant Hemlock hat die Deutschen auf umgerechnet rund 720 Millionen Euro Schadenersatz verklagt.

Manche Experten sehen aber auch strategische Fehler des Solarworld-Chef Frank Asbeck als mitursächlich für den Niedergang des Unternehmens. Während andere europäische Unternehmen der Branche stärker  auf Spezialisierung, Hochpreis-Nischen und Kombination mit Speichertechnologie setzten, habe Solarworld weiterhin auf das Massengeschäft mit günstigen multikristallinen Solarmodulen gesetzt.

Was bringen Strafzölle?

Unterdessen ist eine Debatte über die Wirksamkeit von Strafzöllen entbrannt. Solarworld war ein entschiedener Befürworter von solchen Strafzöllen gegen chinesische Solarimporte. Vor vier Jahren hatte die Europäische Union Zollschranken gegen billige chinesische Solarimporte errichtet. Die von Solarworld gegründete Anti-Dumping-Initiative EU ProSun hatte  noch im Frühjahr dieses Jahres in Brüssel eine Verlängerung der Handelsbeschränkungen um zwei Jahre durchgesetzt.

Gegner dieser Maßnahme sehen sich jetzt in ihrer Skepsis bestätigt. Holger Krawinkel, Sprecher der Unternehmensinitiative »Solar Alliance for Europe« (SAFE), die für die Abschaffung der Strafzölle kämpft, ist der Ansicht, es mache »überhaupt keinen Sinn mehr, die europäischen Zollschranken noch länger aufrecht zu erhalten.« Gegenüber der Tageszeitung »Die Welt« vertritt Krahwinkel die Ansicht, »dass Schutzzölle und Mindespreise am Ende doch keinen Erfolg haben. Im Gegenteil wurde die gesamte deutsche und europäische Solarbranche in den letzten Jahren massiv beeinträchtigt.« Man habe nur eine künstliche Hochpreis-Zone in Europa geschaffen und den Markt abgewürgt.

Milan Nitzschke, Solarworld-Manager und Präsident der SolarworldZoll-Initiative EU ProSun  beklagt hingegen, dass die 2013 eingeführten Antidumpingmaßnahmen »nur halbherzig kontrolliert worden seien, so dass kontinuierlich weiterer Schaden für die heimische Industrie entstanden ist.« Der europäische Markt müsse weiter vor unfairen Handelspraktiken geschützt werden: »Mit Preisen unter Herstellkosten, finanziert durch milliardenschwere Staatsbankkredite, kann niemand in einer Marktwirtschaft konkurrieren.«

 
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