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Gartenbauausstellung in Marzahn-Hellersdorf

Künstliche Beleuchtung korrespondiert mit Himmelslicht

50 Linearstrahler Linealuce Compact sind an den
Fußpunkten der Rahmenkonstruktion im Wartungsgang
des Wolkenhain verbaut. 33 der 150 cm langen
Architekturstrahler simulieren mit Tunable White das
abnehmende Tageslicht; Bildquelle: Hanns Joosten
50 Linearstrahler Linealuce Compact sind an den Fußpunkten der Rahmenkonstruktion im Wartungsgang des Wolkenhain verbaut. 33 der 150 cm langen Architekturstrahler simulieren mit Tunable White das abnehmende Tageslicht; Bildquelle: Hanns Joosten
Die Gestaltung des rund 100 Hektar großen Ausstellungsgeländes folgt dem Entwurf von geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau und den Berliner Architekten Kolb Ripke. Eine besondere Rolle für die IGA spielt der Kienberg, da dessen offenes Gipfelplateau das bei eingeschalteter Beleuchtung weithin sichtbare, markante Aussichtsbauwerk Wolkenhain und somit quasi die Visitenkarte des größten Garten-Festivals in Deutschland aufnimmt.

Die in der Eiszeit entstandene Erhebung Kienberg, die auch als Hellersdorfer Berg bekannt ist, maß 1966 eine Höhe von knapp 60 Metern. Bau- und Trümmerschutt sowie die Bodenaushebung für den Bau der Siedlung Marzahn ließen die Anhöhe in ihrem flachen Umfeld bis 1981 auf 102,2 Meter wachsen. Marzahner Kippe oder Müllkippe wurde der Kienberg in jener Zeit wenig schmeichelhaft vom Volksmund genannt.

Im Zuge seiner Aufwertung für die Gartenausstellung behielt der Kienberg seinen ruhigen, waldreichen Charakter und erfuhr eine ökologische Weiterentwicklung zwecks Erhöhung der Struktur- und Artenvielfalt. Der vorhandene Serpentinenweg wurde um einen neuen Wegeaufgang auf der Ostseite ergänzt. Am nördlichen Fuß des Kienbergs verbindet die neue, 85 Meter lange Tälchenbrücke die Gärten der Welt barrierefrei mit dem Bergplateau und dem Aussichtspunkt Wolkenhain, der auch über eine neue Seilbahn erreichbar ist.

Entwurfsidee

Bei Sonnenuntergang beginnt der Wolkenhain orangefarben zu glühen und zeigt sich fortan als weithin sichtbarer Leuchtkörper in lachs, kaltweiß oder blau, bis die 17 RGBW-Strahler Linealuce Compact um Mitternacht ausgeschaltet werden; Bildquelle: Hanns Joosten
Bei Sonnenuntergang beginnt der Wolkenhain orangefarben zu glühen und zeigt sich fortan als weithin sichtbarer Leuchtkörper in lachs, kaltweiß oder blau, bis die 17 RGBW-Strahler Linealuce Compact um Mitternacht ausgeschaltet werden; Bildquelle: Hanns Joosten
Für den Wolkenhain, der das Zentrum und den Orientierungspunkt für das gesamte IGA-Areal darstellt, entwarfen die in Berlin ansässigen Architekten Kolb Ripke eine Form, die sich an den Sichtachsen orientiert. Gäbe es nicht den natürlichen Bewuchs, hätten sich dem Auge vom Kienberg-Plateau weite Panoramen von Marzahn-Hellersdorf bis in das Berliner Zentrum geöffnet. So lag die Entwicklung einer Lösung nahe, bei welcher der Schauende zugunsten eines freien Blicks bestenfalls weit über den Baumkronen schwebt. Dieser Leitgedanke führte zu der Metapher einer Wolke, welche die inhaltliche Bedeutung des Kienbergs als Hintergrund für vielfältige Assoziationen überhöht. Anders als ein vertikal orientierter Aussichtsturm bietet der etwa 30 Meter hohe, begehbare Wolkenhain horizontale Bewegungsmöglichkeit auf unterschiedlichen, den Sichtachsen angepassten Niveaus. Durch das Verjüngen und Aufweiten aller Flächen vermittelt die Wolke dem Besucher in ihrer plastischen Struktur den Bezug zur Komplexität natürlicher Strukturen.

Die polygonale, auf schlanken, unregelmäßig angeordneten Stahlstützen ruhende Unterkonstruktion, die aus 170 Stahlknoten eine Raumstruktur bildet, wird von einem weißen, transluzenten Gewebe umhüllt, welches den leichten Eindruck des Bauwerks stärkt. Die von der Stahlstruktur getragene, von einem Geländer aus Flachstahl mit Handlauf eingefasste Aussichtsplattform erreicht der Besucher über einen großzügigen Treppenaufgang. Mobilitätseingeschränkten Gästen steht ein Aufzug zur Verfügung, wenn sie das IGA-Gelände aus insgesamt ca. 130 Metern Höhe überblicken und die bis zu 50 Kilometer weite Fernsicht genießen wollen.

Eine Aussichtsplattform wird zum Kunstwerk

Die polygonale Unterkonstruktion – eine Raumstruktur aus 170 Stahlknoten – wird von einem weißen, transluzenten Gewebe umhüllt, das bei Dunkelheit von innen heraus leuchtet; Illustration: Kolb Ripke Architekten Planungsgesellschaft mbH
Die polygonale Unterkonstruktion – eine Raumstruktur aus 170 Stahlknoten – wird von einem weißen, transluzenten Gewebe umhüllt, das bei Dunkelheit von innen heraus leuchtet; Illustration: Kolb Ripke Architekten Planungsgesellschaft mbH
Doch was wäre eine Wolke ohne Licht? Macht doch gerade diese fein-stoffliche Materie deren Reiz aus, wenn sie am Himmel die Farben des Sonnenauf- oder untergangs aufnimmt und den Betrachtern die herrlichsten Farbspiele liefert, welche die Maler unterschiedlichster Stilrichtungen und Epochen zu ausdrucksstarken Bildmotiven inspirierten. Bereits 2014 wandten sich Kolb Ripke Architekten daher an das Büro Schlotfeldt Licht.

Von Anfang an hatten sich die Lichtplaner für den LED-Linearstrahler Linealuce entschieden. Doch dann nahm die fortschreitende Entwicklung der LED-Technologie einen rasanten Verlauf und es boten sich immer mehr zuvor ungeahnte Möglichkeiten, den Wolkenhain mithilfe von Licht in ein Kunstwerk zu verwandeln. Zu der RGBW-Technologie, die zu Anfang die Planungsgrundlage für das Erzeugen möglichst naturgetreuer Farbspiele bildete, gesellte sich Tunable White. Fortan war die Nachbildung des Tagesverlaufs mit seinen differenzierten Lichtfarben von kalt- und neutral- bis zu warmweiß möglich. Die Planer probierten schließlich eine zu etwa zwei Dritteln mit Tunable White und zu einem Drittel mit RGBW bestückte Variante, mit der sie ein deutlich schöneres, helleres und natürlicher wirkendes Kunstlicht erzeugten.

An den Fußpunkten der Rahmenkonstruktion wurden in dem 40 cm hohen Wartungsgang des Wolkenhain 50 150 cm lange Linearstrahler Linealuce Compact verbaut. 33 der Architekturstrahler simulieren mit Tunable White eine Stunde vor Dämmerungsbeginn das abnehmende Tageslicht, während 17 RGBW-Strahler im weiteren Verlauf Farben ins Spiel bringen, die mit dem Himmelslicht korrespondieren oder dagegen steuern. Bei Sonnenuntergang beginnt der zuvor kaum wahrnehmbare Wolkenhain orangefarben zu glühen und zeigt sich fortan in der Dunkelheit als weithin sichtbarer Leuchtkörper in lachs, kaltweiß oder blau, bis sein Licht um Mitternacht ausgeschaltet wird. Statische Szenen sind ebenso hinterlegt wie diverse Loops, die dynamische Farbwechsel, Pulsieren oder das Durchwandern einer Farbe durch den weißen Lichtraum darstellen. Die vielfältige Programmierung erlaubt täglich ein anderes Schauspiel.

Alle Maßnahmen zur IGA wurden von den Naturschutzverbänden begleitet, denn die Umweltverträglichkeit stellte die größte Prämisse dar. Anders als ultraviolettes Licht mit seinen nicht sichtbaren Wellen beeinträchtigt LED-Licht in keiner Weise den Biorhythmus von Vögeln. Auch die Verträglichkeit für Insekten wird dieser Lichtquelle bescheinigt. Nach Ende der IGA wird der Wolkenhain als öffentlich begehbare Aussichtsplattform bestehen bleiben und den Menschen auch aus der Ferne weiterhin als Landmarke und Kunstobjekt Freude bereiten.

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Über den Autor
Autorenbild
Petra Lasar

Freie Journalistin, Rösrath

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