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Sichere Instandhaltung von Maschinen

Erst prüfen, dann starten

Auf einen Blick

Anforderungen der Maschinenrichtlinie Die europäische Maschinenrichtlinie fordert eine Reihe sicherheitstechnischer Maß-nahmen, die konstruktionsseitig eine sichere Instandhaltung gewährleisten sollen

Auf hohem Niveau durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen stellen eine der wesentlichen Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb und lange Standzeiten von Maschinen dar. Nach der erstmaligen Inbetriebnahme eines Arbeitsmittels kann man davon ausgehen, dass für seine Betriebsarten herstellerseitig geeignete Schutzmaßnahmen konzipiert wurden und den Beschäftigten zur Verfügung stehen. Maschinen gehören nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zu den Arbeitsmitteln und stehen im Mittelpunkt der Betrachtungen dieses Beitrags zur sicheren Instandhaltung. Während in der Vergangenheit der Betrieb von Maschinen häufig als Verwendung im Rahmen von Fertigungsprozessen verstanden wurde, legt die BetrSichV eine Begriffsbestimmung der Verwendung von Arbeitsmitteln vor, zu der auch das Instandhalten zählt.

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Die Verordnung ordnet eine Reihe von Begriffen, die zu einem Maschinen-Lebenszyklus gehören, der Verwendung von Arbeitsmitteln zu. Das Betreiben beginnt daher mit dem Transport vom Hersteller/Händler zum Betreiber, setzt sich mit der Montage fort und geht in diverse Betriebsphasen über, zu denen auch die Instandhaltung zählt. Die Instandhaltung stellt keine exotische Situation im Umgang mit dem Produkt dar, die unter Umständen abweichende Sicherheitsmaßnahmen oder gar einen Verzicht darauf gestattet. Zu den Instandhaltungsmaßnahmen gehören neben der Inspektion auch die Wartung und Instandsetzung. Die Maßnahmen zielen auf die Erhaltung des Zustands ab, die einen weiteren sicheren Betrieb der Maschine gewährleistet. Weitere Konkretisierungen zu Begriffen der Instandhaltung können auch den Technischen Regeln zur Betriebssicherheit und dem Normenwerk entnommen werden.

Anforderungen der europäischen Maschinenrichtlinie

Die europäische Maschinenrichtlinie fordert eine Reihe sicherheitstechnischer Maßnahmen, die konstruktionsseitig eine sichere Instandhaltung gewährleisten sollen, z. B.: dass Maschinen so zu konstruieren, zu bauen und auszurüsten sind, dass eine Minimierung späterer Anlässe für ein Eingreifen erreicht wird. Kann ein Eingreifen herstellerseitig nicht ausgeschlossen werden, so muss die Konstruktion dies sicher und einfach gewährleisten. Einrichtungs- und Wartungsstellen sind so zu konzipieren, dass sie außerhalb der Gefahrenbereiche liegen. Die Betriebsarten sowie die Steuerung sind so auszulegen, dass u. a. Instandhaltungsarbeiten bei stillgesetzter Maschine durchgeführt werden können. In regelmäßigen Abständen sind jedoch Eingriffe, z. B. zur Störungsbeseitigung an Werkzeugen oder Transfereinrichtungen, erforderlich. Zur sicheren Durchführung der Arbeiten sind ergänzende Maßnahmen zu ergreifen. Eine besondere Bedeutung kommt hier der Auswahl der Steuerungs- und Betriebsarten zu. Bei automatischen Maschinen, wie z. B. Bearbeitungszentren oder Industrierobotern, sind Schnittstellen zum Anschluss von Fehlerdiagnoseeinrichtungen vorzusehen. Die Montage/Demontage von Maschinenteilen soll möglichst unter Verwendung technischer Hilfsmittel und nach festgelegten Arbeitsverfahren erfolgen können. Bedientableaus und -stände sowie Instandhaltungsbereiche müssen gefahrlos zu erreichen sein. Bei manuellen Eingriffen muss eine Gefährdung durch bewegte Maschinenteile ausgeschlossen sein. Hierzu sind auch für Instandhaltungsarbeiten Einrichtungen vorzusehen, die eine Trennung von jeder einzelnen Energiequelle ermöglichen. Diese sind eindeutig zu kennzeichnen und müssen abschließbar sein, sofern das Wiedereinschalten eine Gefahr verursachen kann. Bei elektrisch betriebenen Maschinen, die über Steckverbindungen angeschlossen sind, ist eine Trennung von der Energieversorgung durch die Steckverbindung ausreichend, sofern das Bedienpersonal die permanente Trennung der Steckverbindung von jeder Zugangsstelle zur Maschine aus kontrollieren kann. In der Vergangenheit waren wiederholt Unfälle durch Restenergie oder gespeicherte Energien zu beklagen, die trotz Trennung von Energiequellen zu Bewegungen von Werkzeugen oder bewegten Maschinenteilen führten. Die Konstruktion muss daher gewährleisten, dass mögliche Rest- oder gespeicherte Energien ohne Gefährdungen abgeführt werden können. Eine vollständige Trennung von allen Energiequellen kann in Einzelfällen unerwünschte Probleme hervorrufen, z. B. den Verlust von Werkstückpositionierungen oder Datensätzen zum Fertigungsstatus. In solchen Fällen sind konstruktive und steuerungstechnische Lösungen zu erarbeiten, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache

Bereits das Produktsicherheitsgesetz fordert, dass Maschinen nur dann auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen, wenn u. a. die Sicherheit und Gesundheit von Personen bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung nicht gefährdet werden. »Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern ...«. Hersteller sind verpflichtet, Betreiber durch eine Gebrauchsanleitung u. a. über die bestimmungsgemäße und vorhersehbare Verwendung ihrer Produkte zu informieren. Eine bestimmungsgemäße Verwendung liegt vor, wenn sie für ein Produkt nach den Angaben derjenigen Person, die es in den Verkehr bringt, vorgesehen ist. Das gilt auch für die übliche Verwendung, die sich aus Bauart und Ausführung des Produkts ergibt. Bei vorhersehbarer Verwendung wird ein Produkt in einer Weise benutzt, die vom Inverkehrbringer nicht vorgesehen, jedoch nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar ist. Hierbei handelt es sich z. B. um ein Eingreifen in bewegte Maschinenteile oder die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten bei nicht sicher stillgesetzten Maschinen. Auch die Maschinenrichtlinie verpflichtet Hersteller, wesentliche Informationen für eine bestimmungsgemäße Verwendung ihrer Produkte in einer Betriebsanleitung für die Betreiber zusammenzustellen. Dennoch können auch richtlinienkonforme Maschinen im Einzelfall Restgefährdungen bei Instandhaltungsarbeiten aufweisen, denen durch sicher­heitstechnische, ergänzende organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen zu begegnen ist. Die Durchführung dieser Maßnahmen liegt in der Verantwortung des Maschinenbetreibers. Für eine sichere Instandhaltung richtet die BetrSichV eine Reihe von Anforderungen an Arbeitgeber und rückt die Gefährdungsbeurteilung als zentrales Handlungswerkzeug für die vom Arbeitgeber zu ergreifenden Maßnahmen in den Mittelpunkt ihrer umfangreichen Regelungen. Im Rahmen der Ermittlung und späteren Festlegung von Schutzmaßnahmen, hat der Arbeitgeber die Betriebsanleitung des Herstellers zu berücksichtigen.

Weitere Aufgaben des Arbeitgebers

Alle sowohl hersteller- als auch arbeitgeberseitig getroffenen Schutzmaßnahmen für Instandhaltungsarbeiten an Maschinen können nur erfolgreich sein, wenn die damit beauftragten Beschäftigten über eine entsprechende Qualifikation verfügen. Nachdem der Arbeitgeber die Verantwortlichkeiten bei Instandhaltungsarbeiten festgelegt hat, muss er weitere Maßnahmen ergreifen, u. a.: Instandhaltungsarbeiten setzen eine systematische Arbeitsfreigabe voraus. Eine ausreichende Kommunikation zwischen Bedien- und Instandhaltungspersonal ist sicherzustellen. Gefährdungen durch bewegte/angehobene Maschinen oder deren Teile sowie durch gefährliche Energien/Stoffe sind bei Instandhaltungsarbeiten zu vermeiden. Können für den Normalbetrieb getroffene technische Schutzmaßnahmen nicht oder nur zum Teil zum Einsatz kommen, hat der Arbeitgeber andere geeignete Maßnahmen auszuwählen und zum Einsatz zu bringen. Instandhaltungsarbeiten dürfen ausschließlich nur mit geeigneten Geräten und Werkzeugen durchgeführt werden. Abläufe von Instandhaltungsarbeiten sind möglichst zu standardisieren. Sind vom Normzustand abweichende Abläufe erforderlich, sind hierfür sichere Arbeitsverfahren festzulegen. Eine Arbeitsbereichsabsicherung ist vorzunehmen. An den Maschinen sind verständliche Warn- und Gefahrenhinweise bezogen auf Instandhaltungsarbeiten anzubringen. Ggf. ist mit Blick auf die Gefährdungsbeurteilung der Zugang für Unbefugte in den Arbeitsbereich zu verhindern. Für das Instandhaltungspersonal sind sichere Zugänge vorzusehen. Lassen sich Gefährdungen im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten durch konstruktive und/oder organisatorische Maßnahmen nicht ausschließen, hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten mit geeigneten persönlichen Schutzausrüstungen auszustatten und sie in der sachgemäßen Verwendung zu unterweisen.

Wenn ein gefahrloser Zustand nicht erreicht werden kann

Bild: Abläufe und Maßnahmen bei Instandhaltungsarbeiten
Bild: Abläufe und Maßnahmen bei Instandhaltungsarbeiten

Weitere Konkretisierungen für Instandhaltungsarbeiten können den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) entnommen werden. Sie legen auch Maßnahmen für den Fall fest, dass ein abschließend gefahrloser Zustand der instandzusetzenden Maschine nicht erreicht werden kann, z. B. bei der Fehlersuche. Derartige Randbedingungen erfordern mindestens folgende Maßnahmen: Der Arbeitgeber hat spezielle Schutzmaßnahmen zu ermitteln und deren konsequente Anwendung sicherzustellen. Der Maschinen-/Anlagenverantwortliche hat für die Einhaltung der sicherheitstechnischen Maßnahmen zu sorgen – der Arbeitsverantwortliche ist für die Einhaltung der verhaltensbezogenen Maßnahmen bei Instandhaltungsarbeiten verantwortlich. Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über alle mit ihrer Arbeit verbundenen besonderen Gefährdungen zu unterrichten und zu unterweisen. Für das Verhalten beim Auftreten von Unregelmäßigkeiten und Störungen müssen spezielle Anweisungen vorhanden und dem Personal bekannt sein. Instandhaltungsarbeiten sind nur von hierzu qualifizierten und vom Arbeitgeber beauftragten Beschäftigten auszuführen. Sie müssen über umfangreiche Kenntnisse hinsichtlich der Besonderheiten der Maschine verfügen und auftretende Gefährdungssituationen erkennen und abwenden können. Im Gefahrenbereich dürfen sich nur die für Instandhaltungsarbeiten erforderlichen Personen aufhalten. Bei erhöhtem Gefährdungspotenzial ist ein Aufsichtsführender zu beauftragen, der den Fortgang der Arbeiten beobachtet und bei akuter Gefährdung geeignete Maßnahmen ergreift. Das Bild stellt Abläufe und Maßnahmen bei Instandhaltungsarbeiten dar – von der anfänglichen Gefährdungsbeurteilung bis zur Durchführung der Arbeiten, einschließlich der Erprobung. Die Systematik verdeutlicht, dass die Festlegung geeigneter Sicherungsmaßnahmen und deren konsequente Anwendung als Erfolgsgaranten jeder Instandhaltungsarbeit zu verstehen sind.

Fazit

Instandhaltungsarbeiten erfordern – basierend auf einer rechtskonformen Ausrüstung von Maschinen – hochqualifizierte Beschäftigte. Nur durch ihr konsequent sicherheitsgerichtetes Verhalten können die technischen Möglichkeiten zur risikoarmen Durchführung der Instandhaltung an Maschinen vollständig ausgeschöpft, und der nicht bestimmungsgemäße Eingriff anderer Personen weitgehend verhindert werden.

Über den Autor
Autorenbild
Dr.-Ing. Reinhard Lux

Leiter Fachkompetenzcenter Mechanische und physikalische Gefährdungen, BG ETEM, Köln

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