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Großprojekt in China

Ein erhebendes Bauwerk

Bild: Das Drei-Schluchten-Schiffshebewerk hat eine maximale Hubhöhe von 113 m 
und kann Schiffe mit bis zu 3 000 t Verdrängung befördern
Bild: Das Drei-Schluchten-Schiffshebewerk hat eine maximale Hubhöhe von 113 m und kann Schiffe mit bis zu 3 000 t Verdrängung befördern
Auf den ersten Blick wirkt das Schiffshebewerk am Drei-Schluchten-Staudamm eher wie ein Hochhauskomplex als eine technische Anlage. Mit seiner maximalen Hubhöhe von 113 m kann es Schiffe mit einer Verdrängung von bis zu 3000 t befördern. Der Trog und die dazugehörige Mechanik des Schiffshebewerks wiegen rund 15.500 t. Damit ist es das größte und komplexeste der Welt. Das Hebewerk soll die Beförderung von Schiffen über den Drei-Schluchten-Staudamm im Jangtse-Fluss beschleunigen. Die Aufzugfahrt für ein 3000-Tonnen-Schiff beträgt circa 50 min. Mit einer fünfstufigen Schleusentreppe würde das Schiff für denselben Höhenunterschied 3,5 h benötigen. Die theoretische Forschung zu diesem Hebewerk, dem letzten Teil des Drei-Schluchten-Dammprojekts, begann in den 1950er Jahren. Der Entwurf stand 2007, und im September 2016 wurde der Probebetrieb aufgenommen.

Das Hebewerk muss zuverlässig funktionieren, damit die Sicherheit der Schiffe gewährleistet werden kann. Das Heben einer so schweren Masse auf eine derartig große Höhe erfordert einen exakt dimensionierten Gewichtsausgleich. Das Schiffshebewerk am Drei-Schluchten-Staudamm arbeitet nach dem Gegengewichtsprinzip, um das Gewicht des Trogs sowie des Ritzel-Zahnstangen-Systems für die Auf- und Abwärtsbewegung des Trogs auszugleichen.

Ein voll beladener Trog entspricht einem Gewicht von 15.500 t. Dieses Gewicht wird durch ein Gegengewicht bestehend aus ­16 gleichmäßig auf die Doppeltürme seitlich des Trogs verteilten Elementen austariert. Das Gegengewicht ist mit 256 Seilen über 128 Doppelseilscheiben am Kopf der Türme mit dem Trog verbunden. Dadurch ist ­sichergestellt, dass Trog und Gegengewicht ungeachtet der Position des Trogs im Gleichgewicht bleiben. Über die gesamte Höhe der Türme sind zu beiden Seiten des Trogs vier Zahnstangen angebracht. Der Antrieb des Trogs erfolgt mittels vier Ritzeln, die in diese Zahnstangen eingreifen. Jedes Ritzel wird von zwei Elektromotoren angetrieben. Alle Antriebe sind über Gleichlaufwellen unter dem Trog miteinander ver­bunden. Durch das Gegengewichtsprinzip tragen die Ritzel und Zahnstangen statt 15.500 t Gewicht nur etwa 400 t, was die­ Effizienz deutlich verbessert und den Energieaufwand reduziert.

Obwohl der Trog durch ein Gegengewicht austariert wird, bedarf es eines Sicherungssystems, da schon ein kleineres Missgeschick katastrophale Auswirkungen haben könnte. Auf Anraten von Experten wählte ­CISPDR einen Mechanismus bestehend aus einer Mutterbackensäule mit Drehriegel. Wenn auf den Trog asymmetrische Kräfte einwirken, stoppen die Antriebseinheiten ­ihren Betrieb, und der Trog wird über die Mutterbacke auf jeder Höhe sicher gehalten. Auf diese Weise lassen sich bei einer Havarie schwerwiegende Folgen verhindern.

Nach gründlichen Überlegungen entschied sich CISPDR für die Pendelrollen- und Axiallager von SKF zum Einbau in das Gegengewichts-, Antriebs- und Sicherungssystem des Schiffshebewerks. Für die Hydraulikzylinder des Trogs sowie für den Seilverriegelungsmechanismus werden SKF-Gleitlager verwendet, die für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Anlage sorgen. SKF stellte Hydraulikmuttern und -pumpen sowie diverse Ein- und Ausbauwerkzeuge bereit, die zu einer effizienteren Wartung des Hebewerks beitragen.

Für SKF beschränkt sich die Partnerschaft mit dem Kunden inzwischen nicht mehr nur auf die Lieferung von Lagern für das Schiffshebewerk am Drei-Schluchten-Staudamm. Inzwischen umfasst sie auch eine Dichtungslösung für Lagergehäuse und andere kritische Komponenten der Anlage. Nach der offiziellen Inbetriebnahme des Hebewerks wollen die Partner zudem im Ersatzteil-­Geschäft kooperieren.

Energiegewinnung

Zurzeit deckt die Kohleverstromung ca. 75 % des Strombedarfs der Volksrepublik China. Kohlekraftwerke verursachen große Treib-hausgasemissionen, womit sie zu den Hauptquellen der menschengemachten globalen Erwärmung zählen. Das durch die Errichtung der Staumauer gewonnene Gefälle wird ­deshalb zur Energiegewinnung verwendet. Ursprünglich war das Kraftwerk mit einer Nennleistung von 18,2 GW und 84,7 TWh elektrischer Energie ausgelegt.

Vor einigen Jahren wurde das Kraftwerk um weitere Turbinen erweitert. Die Nennleistung beträgt nun 22,5 GW und die tatsächliche Energieerzeugung liegt bei ca. 100 TWh. Die Anlage ist das produktionsstärkste Kraftwerk der Welt. Zugleich konnte durch das Wasserkraftwerk die Verstromung von etwa 49 Mio. t Kohle vermieden werden, wodurch der Ausstoß mehrerer Dutzend Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr durch fossile Brennstoffe vermieden wird.

Energieübertragung

Der gewonnene Strom wird vor allem in die Provinzen im Osten geleitet, wofür insgesamt 9 100 km Hochspannungsleitungen errichtet werden mussten. Die gelieferte Energie wird nicht nur für private Haushalte benötigt, sondern auch für die industrielle Entwicklung bislang unterentwickelter Provinzen wie Sichuan. Für die Übertragung der mit der Drei-Schluchten-Talsperre bereitgestellten elektrischen Energie wird unter anderem auch die Technik der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) angewendet. Die bipolare HGÜ Dreischluchtendamm–Changzhou ist 940 km lang, wird mit einer Gleichspannung von 500 kV betrieben und ist für die Übertragung einer Leistung von 3 GW ausgelegt.

Alles hat seinen Preis

Die Kosten dieses Riesenbauwerkes wurden anfangs mit 26 Mrd. US-Dollar beziffert, Schätzungen gehen von Gesamtkosten in Höhe von 75 Mrd. US-Dollar aus. Finanziert wird die Talsperre vom chinesischen Volk, das mit einer Sondersteuer belastet wird, sowie zu 65 % durch Kredite der staatlichen chinesischen Entwicklungsbank. Auch ausländische Investoren sind an dem Projekt beteiligt, von denen als wichtigste die Investmentbank Morgan Stanley sowie die kanadische Regierung zu nennen sind. Die deutsche Regierung tritt als Bürge für den Milliardenauftrag bei Siemens ein.

Um das Projekt zu realisieren musste man circa 1,3 Mio. Menschen umsiedeln. Das überflutete Gebiet bei normalem Wasserstand beträgt 23.793 ha Land. Dazu zählen 13 überflutete Städte und mehr als 1000 überflutete Dörfer.

Technische Daten

  • Länge des Absperrbauwerkes: 2335 m
  • inkl. Doppel-Schleusenanlage und Schiffshebewerk
  • Kronenlänge der Mauer: 1983 m
  • Staukapazität für Hochwasser: 22,1 Mrd. m³
  • Gesamtstauraum: 39,3 Mrd. m³
  • Wasseroberfläche: 1 085 km²
  • Stauseelänge: ca. 650 km
  • Bemessungsdurchfluss: 113.000 m³/s
  • Nennleistung: 22,5 GW (zum Vergleich Itaipú in Südamerika: 14 GW)
  • Anzahl der Turbinen mit 700 MW: 32
  • Anzahl der Turbinen mit 50 MW: 2 (Produktion der Energie für Eigenbedarf)
  • Abtragung von Erde und Felsen: 8789 Mio. m³
  • Auffüllung von Erde und Felsen: 3,124 Mio. m³
  • Beton: 26,71 Mio. m³
Über den Autor
Autorenbild
Dipl.-Ing. Peter Behrends

BFE Oldenburg

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