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Türzentralen als Bestandteil von Smart Buildings

Gesteuerter Fluchtweg

Auf einen Blick Sabotageversuche an der Türzentrale, wie die Öffnung von ­Abdeckungen oder Manipulation von Verriegelungselementen, werden durch Sabotagekontakte erkannt und visuell sowie akustisch gemeldet

Anbindungsmöglichkeiten der Türzentralen an Gefahrenmeldeanlagen (Brandmeldeanlagen und Einbruchmeldeanlagen) sind über potentialfreie Kontakte gegeben
Digitalisierung und Vernetzung sind auch in der Gebäudetechnik das Megathema. Inzwischen wird fast jedes neu errichtete oder auch umzubauende Gebäude, das gewerblich genutzt wird, mit einer automatischen Gebäudesteuerung ausgestattet. Stichwort hier ist das »Smart Building« (Kasten). Offene Vernetzungsstandards wie BACnet oder KNX sind fester Bestandteil vieler öffentlicher Ausschreibungen.

In diesem Fachartikel gehen wir der Frage nach, wie Türzentralen im Z­usammenspiel mit Gebäudeleittechnik funktionieren. Zudem geben wir konkrete Anwendungstipps zur Nachrüstung von Tür­zentralen (Bild 1) und zur Anbindung an Gefahrenmelde­anlagen (GMA).

Türzentralen an die Gebäude­automation anbinden

Bild 1: Bei der Nachrüstung von Türzentralen ist u. a. die Montage auf oder unter Putz zu klären
Bild 1: Bei der Nachrüstung von Türzentralen ist u. a. die Montage auf oder unter Putz zu klären
Rettungswege sind für die Gebäudesicherheit und den Personen- und Brandschutz unentbehrlich. Nicht ohne Grund gibt es für die Sicherheitstechnik in Gebäuden strenge gesetzliche Auflagen. Türzentralen mit moderner Bustechnologie werden so zum festen Bestandteil des Rettungswegsystems und lassen sich über unterschiedliche Gebäudeautomationssysteme bedienen und visualisieren.

Für Betreiber oder auch Facility Manager bedeutet dies, dass für mehr Transparenz und Sicherheit im Gebäude gesorgt ist. Zustände von Fluchttüren werden über browserbasierte Anwendungen visualisiert. Türzentralen lassen sich standortunabhängig bedienen und überwachen. Darüber hinaus geben sie Fehlermeldungen und Alarmzustände zurück.

Im Gefahrenfall werden elektrische Verriegelungen automatisch angesteuert und Fluchtwege freigegeben, was für einen sicheren und effizienten Gebäudebetrieb sorgt.

Verhalten von Türzentralen im Normalbetrieb

Die Türzentrale steuert die Fluchttürverriegelung an, sodass die Tür sicher verriegelt ist. Über den in der Türzentrale integrierten Schlüsseltaster kann die Türzentrale in verschiedene Zustände versetzt werden:
  • Eine Kurzzeitfreigabe für die einmalige Begehung der Tür: nach Ablauf der Entriegelungszeit verriegelt das System wieder sicher von selbst die Tür.
  • Eine Dauerentriegelung zur Freigabe der Tür für eine undefiniert lange Zeit: hier wird das System nur über eine erneute Betätigung des Schlüsseltasters wieder verriegelt. Während der Dauerentriegelung wechselt der Antrieb selbständig in den Automatik-Modus.
  • Beim Nacht-Modus geht die Türzentrale automatisch in den verriegelten Zustand. So ist die Tür nicht begehbar – und damit gesichert. Eine Kurzzeitfreigabe wird nur über einen Schlüsseltaster möglich. So lässt sich beispielsweise sicherstellen, dass Personen aus dem Gebäude herauskommen, der Zugang zum Gebäude jedoch gesichert ist.
Und selbstverständlich verfügen Türzentralen auch über einen entsprechenden Service-Modus, um auf die individuelle bauliche Situation eingehen zu können. So können Betreiber und Installateure die jeweils wichtigen Funktionen einfach und sicher selbst einstellen, denn in diesem Modus wird das System parametriert. Einstellungen, wie z. B. Ein- und Ausgänge, Dauer der Kurzzeitfreigabe, Busadresse, Lautstärke und Typ der akustischen Alarmsignale, Zeitschaltuhr, Peripherie-Komponenten und weitere Parameter werden mit Hilfe eines Serviceterminals definiert.

Die Fluchttür wird hier abhängig vom Status der Türzentrale ver- und entriegelt. Für die korrekte Funktion des Systems übermittelt sie den Öffnungszustand der Fluchttür.

Dieser Türzustand wird an der Türzentrale angezeigt und fungiert als ein Kontrollmechanismus des Systemzustands. So kann zum Beispiel ein Voralarm an der Türzen­trale ausgelöst werden, wenn die Tür ungewollt offensteht (Bild 2).

Verhalten von Türzentralen im Notfallbetrieb

Bild 2: Beispiel für eine grafische Oberfläche eines Gebäudeautomationssystems anhand des »Geze Cockpit«: hier lassen sich die Zustände aller Komponenten auf einem Grundriss verorten und jederzeit einsehen und steuern; alle Vorgänge werden in einem Event-Log gespeichert
Bild 2: Beispiel für eine grafische Oberfläche eines Gebäudeautomationssystems anhand des »Geze Cockpit«: hier lassen sich die Zustände aller Komponenten auf einem Grundriss verorten und jederzeit einsehen und steuern; alle Vorgänge werden in einem Event-Log gespeichert
Im Notfall entriegelt das Rettungsweg­system (RWS) mithilfe der Nottaste die Tür, so dass gefährdete Personen evakuiert ­werden können. Diese Freischaltung wird durch ein akustisches und visuelles Alarmsignal an der Türzentrale angezeigt. Erst nachdem der Alarm durch das Heraus­drehen der Nottaste und dem Quittieren über den Schlüsseltaster zurückgesetzt wurde, verriegelt das System wieder.

Eine Notentriegelung kann durch den Anschluss einer Brandschutzmeldeanlage (BMA) an einen Eingangskontakt der Türzentrale ausgelöst werden. Die Notentriegelung ist dann für die Dauer des BMA-­Signals (ggf. plus einer parametrierbaren Verzögerungszeit) aktiv.

Im Fall einer Notentriegelung muss der Alarm nicht zurückgesetzt werden, jedoch kann das Signal über den Schlüsseltaster vorzeitig quittiert werden. Zusätzlich kann das BMA-Signal über den internen Bus an alle weiteren angebundenen Türzentralen übermittelt werden: So lassen sich alle Fluchtwege sicher und komfortabel notentriegeln.

Verhalten von Türzentralen bei Störungen

Sabotageversuche an der Türzentrale oder einer entsprechenden Peripherie-Komponente bergen ein doppeltes Gefährdungspotenzial: Zum einen könnte die Sicherungsfunktion außer Kraft gesetzt werden und die Tür unkontrolliert begehbar machen. Zum anderen kann eine unbemerkte Veränderung im Notfall schwerwiegende Folgen haben.

Aus diesen Gründen sind Sabotagekontakte in den eingesetzten Systemkomponenten unerlässlich. Diese registrieren beispielsweise die Öffnung von Abdeckungen oder Manipulationsversuche von Verriegelungselementen. Derartige Sabotageversuche werden visuell und akustisch dargestellt.

Die Rücksetzung des Sabotagealarms ist erst nach Beseitigung des Sabotageaus­lösers und weiteren 30 Sekunden über den Schlüsseltaster möglich. Andere Störungen (z. B. der Bus-Kommunikation unter den Türzentralen) werden ebenfalls visuell und akustisch signalisiert und können nach Beseitigung der Störung über den Schlüsseltaster zurückgesetzt werden.
Smart Building
Smart Building beschreibt die Automation und zentrale Bedienung der technischen Ausstattung von Zweckgebäuden wie Büro­gebäuden, Flughäfen, Einkaufszentren oder Fertigungshallen. Kernthemen sind dabei die Sicherheit des Gebäudes – z. B. durch Brandmeldetechnik oder dynamische Fluchtwegeplanung – sowie die energetische Optimierung des Gebäudebetriebs, die in großem Umfang Betriebskosten einspart. Die Industrie liefert für Smart Buildings zahlreiche inno­vative Produkte und Lösungen, die bereits heute in Neubauten erprobt und üblich sind. Gerade der Bereich Energieeffizienz kann ­bereits große Erfolge verbuchen: So ist es ­inzwischen möglich, durch Automation den Energiebedarf eines Bürogebäudes um bis zu 30 % zu reduzieren. (Quelle: ZVEI, Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V., Frankfurt, 2018)

Können Türzentralen nachgerüstet werden?

Der Bedarf an zentraler Überwachung und Steuerung nimmt zu und stellt Betreiber oftmals vor die Frage, ob Türzentralen auch nachgerüstet werden können. Meist sind hier die Laufwege und Distanzen zwischen den Fluchttüren entscheidend, ob sich die Investition lohnt.

Grundsätzlich ist eine Nachrüstung möglich und machbar. Allerdings ist Nachrüstung in der Regel gleichbedeutend mit Austausch der Tür, da der Bestandsschutz meist nicht mehr greift.

Generell ist bei der Nachrüstung auf Folgendes zu achten:
  • Die Steuerung von Fluchtwegtüren mit Türzentralen bedeutet immer die Verkabelung mehrerer Komponenten – von der Versorgungsspannung bis hin zu Peripheriegeräten oder einer zentralen Stelle, von der aus die Fluchtwegtüren überwacht werden. Somit ist die Nachrüstung abhängig von der Montageart, ob Aufputz mit in Rohren geführten Leitungen oder Unterputz, im Mauerwerk verdeckt liegenden Leitungen.
  • Ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Montageart ist die Art und der Ort der Anwendung. Neben der Optik spielen hier auch Hygiene-Anforderungen eine entscheidende Rolle. So ist beispiels­weise in Krankenhäusern oder Pflege­einrichtungen eher zu einer Unterputz-Montage zu raten, da weniger »Schmutzfänger-Ecken« entstehen. Andersherum kann an wenig genutzten Hinterausgängen oder bei Industrieanlagen leichter auf die Aufputz-Montage zurückgegriffen werden.
  • Neben der Verkabelung ist auch das Verriegelungselement für die Nachrüstung entscheidend. Soll das Verriegelungselement von außen aufgebaut oder in die Türzarge bzw. in das Türblatt integriert werden? Besonders bei Brandschutz­türen ist auf die Eignung und Zulassung des entsprechenden Verriegelungselements zu achten. Ist das Verriegelungselement nicht für die Brandschutztür ­zugelassen, verliert diese unter Umständen ihre Brandschutzfunktion und somit die Zulassung als Brandschutzelement. Hier ist in jedem Fall der Türhersteller oder Systemgeber zu kontaktieren.

Zusammenspiel mit Gefahrenmeldeanlagen

Türzentralen ermöglichen die Anbindung verschiedener Arten von Gefahrenmeldeanlagen (GMA). Der Anschluss von Brandmeldeanlagen (BMA) erleichtert – wie oben beschrieben – Personen die Flucht aus einem Gebäude im Falle eines Brand­alarms.

Ein entgegengesetzter Anwendungsfall ist die Verwendung von Einbruchmelde­anlangen (EMA) in Verbindung mit Tür­zentralen. Diese werden zur zusätzlichen Sicherung der Türen an die Türzentrale ­angeschlossen. Die Flucht aus dem Gebäude wird bei aktivem EMA-Signal nicht verhindert, jedoch ist die Öffnung der Fluchtwegtür nur mit Betätigung der Nottaste und somit der Alarmierung des Türzentralen-Systems zu ermöglichen.

In der Regel werden GMA über potentialfreie Kontakte an die Türzentrale angeschlossen, die den Zustand der GMA übermittelt. Sind mehrere Türzentralen über ­eine Bus-Verbindung miteinander verbunden, kann die Alarmmeldung einer GMA über diese Bus-Verbindung zwischen den verschiedenen Türzentralen weitergeleitet ­werden. Dadurch können für den Brandfall alle angeschlossenen Fluchttüren ohne zusätzlichen Verkabelungsaufwand entriegelt-, bzw. im EMA-Fall entsprechend verriegelt werden.

Bitte achten Sie bei der nächsten Installation auf die baulichen Gegebenheiten und lassen Sie sich von einem RWS-Hersteller beraten, um auf der sicheren Seite zu sein.
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Über den Autor
Autorenbild
Thomas Borgmann

Segmentleiter Sicherheitstechnik, Geze GmbH, Leonberg

Über die Firma
GEZE GmbH & Co.
Leonberg
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