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Dezentrale Datenverarbeitung

Edge-Computing als Erfolgsschlüssel

Edge Computing
(Bild: Siemens AG)

Die Industrie profitiert in vielerlei Hinsicht von der Digitalisierung. Diese durchzieht längst alle Ebenen von der Entwicklung bis zum Betrieb. Selbst der Service von Maschinen und Anlagen nutzt die Vorteile der Digitalisierung und reiht sich damit in die digitale Automatisierungskette harmonisch ein. Siemens nutzt entlang dieser umfassenden Digitalisierungsstrategie seine jahrzehntelange Erfahrung in Steuerungstechnik, Automatisierung und Antriebstechnik, um Standard- und applikationsspezifische Systeme und Lösungen zu entwickeln.

Während zu Anfang dieser Entwicklung das Steuerungs- und SCADA-Umfeld im Fokus von Digitalisierung und Nachhaltigkeit standen, gewinnt diesbezüglich nun auch die Feldebene – und mit ihr die Antriebstechnik – weiter an Fahrt. In der Praxis bedeutet das, dass die vielfältigen und sehr detaillierten digitalen Informationen, die moderne Antriebe ohnehin bereits liefern, systematisch genutzt werden können. Hierbei spielt Edge-Computing eine zentrale Rolle.

Große Datenmengen ohne Latenz bewältigen

Im Grunde genommen bietet Edge-Computing Anwendern die Möglichkeit, je nach individuellen Anforderungen die Brücke zwischen der klassischen lokalen Datenverarbeitung und der cloudbasierten Datenverarbeitung zu schließen. Mit Edge-Computing lassen sich große Datenmengen maschinennah ohne Latenz (Verzögerung, Reaktionszeit) verarbeiten. Während das Internet of Things (IoT) vielfach schon im Mittelpunkt moderner Gesamtlösungen steht, entwickelt sich Edge-Computing gerade erst und umschließt damit diesen großen digitalen Kern der modernen Industrie auf der Feldebene. Mit anderen Worten: Edge-Computing setzt an den Rändern (engl.: »edge«) cloudbasierter Digitalisierungsstrategien neue Zeichen.

Für die Antriebstechnik bedeutet das erhöhte Transparenz, intensive Datenanalyse und neue Möglichkeiten in Entwicklung, Betrieb und Optimierung. Der eigentliche Nutzen ergibt sich aus der Tatsache, dass die meist sehr umfangreich vorhandenen Informationen, wie sie Frequenzumrichter liefern, effizient genutzt werden können. Anders formuliert: Aus den Antriebsdaten lässt sich wertvolles Wissen generieren und damit »time-to-market«, Produktivität und Verfügbarkeit steigern. Das geschieht ohne Eingriff in die vorhandene Steuerungsarchitektur.

Für die Praxis bedeutet das nichts anderes, als dass eine wissensbasierte Vorverarbeitung der riesigen Datenmengen ohne großen Aufwand für moderne Antriebslösungen genutzt werden kann. Siemens hat hierfür Lösungen entwickelt, die darauf basieren, das firmeneigene Know-how zur exakten Analyse der hochfrequenten Betriebsdaten (Mikrosekundenbereich) einzusetzen. Um Hochfrequenzdaten und große Datenmengen effizient nutzen und weiterverarbeiten zu können, sind Edge-Applikationen notwendig.

Bild 1: Mit der App »Analyze MyDrives Edge« von Siemens lassen sich auch große Mengen von Antriebsdaten dezentral und ohne Verzögerungen verarbeiten und auswerten
Bild 1: Mit der App »Analyze MyDrives Edge« von Siemens lassen sich auch große Mengen von Antriebsdaten dezentral und ohne Verzögerungen verarbeiten und auswerten

App für die lokale Datenvorverarbeitung

Mit dieser Entwicklung gelingt es Siemens, sämtliche Messwerte während des Betriebs von Elektroantrieben mit dem vorhandenen Automatisierungswissen in Beziehung zu bringen. Mit der Edge-App »Analyze MyDrives Edge« wird die einfache Anbindung von Siemens-Antrieben an die Industrial-Edge-Plattform erreicht.

Ohne großen Aufwand sind also Hersteller sowie die Betreiber von Maschinen und Anlagen in der Lage, Daten einzelner Antriebe oder Antriebsgruppen digital und effizient auszuwerten. Dazu bedarf es keines Eingriffs in vorhandene Steuerungsarchitekturen bzw. -programme. Die digitale Datenanalyse erfolgt dezentral in Form einer Vorverarbeitung in nächster Nähe zum Antrieb. So werden lediglich die Analyseergebnisse per Datenleitung zur Steuerung oder der Cloud transferiert, was Leitungs- und Rechnerressourcen spart.

»Edge« zur praxisrelevanten Betriebsoptimierung

Siemens wird seine Sinamics-Antriebe parallel zu anderen Feldgeräten künftig mit entsprechenden Edge-Devices in diese Edge-Plattform integrieren. Auf Basis der lokalen Datenvorverarbeitung lassen sich wichtige Erkenntnisse in der Praxis nutzen, um den Antriebsstrang weiter optimieren zu können und an die vorhandenen Betriebsbedingungen anzupassen. Ein Thema hierzu lautet »Condition Monitoring«. Mit dem detaillierten Wissen um den Ist-Zustand eines Antriebs lassen sich bedarfsorientierte Instandhaltungsstrategien umsetzen, um so die Verfügbarkeit von Antriebslösungen und damit der gesamten Maschine oder Anlage zu erhöhen.

Instandhaltung und Service sind jedoch nicht ausschließlich die Themen, die von den neuen Möglichkeiten des Edge-Computings profitieren. Vielmehr geht es auch darum rechtzeitige Vorhersagen treffen zu können, wenn die Daten die Schlussfolgerung zulassen, dass sich in der Anwendung oder Maschine etwas verändert hat. Kurz gesagt: Zielgruppen wollen wissen, wie es ihrer Maschine/Anlage geht. Viel mehr noch als bei den angesprochenen praxisrelevanten Betriebsoptimierungen spielen jedoch Edge-Applikationen künftig im gesamten Engineering-Prozess eine bedeutende Rolle (Bild 1).

 

Bild 2: Mithilfe der Informationen aus dem Edge-Computing lassen sich digitale Zwillinge applikationsspezifisch kreieren und für die Simulation nutzen
Bild 2: Mithilfe der Informationen aus dem Edge-Computing lassen sich digitale Zwillinge applikationsspezifisch kreieren und für die Simulation nutzen

Digitale Zwillinge untermauern die Virtualisierung

Diesbezüglich ist bei Siemens die Digitalisierung schon weit fortgeschritten, was entsprechende Engineering-Tools, die Siemens schon lange zur Verfügung stellt wie TIA-Portal mit Sinamics Startdrive, CAD Creator, etc. belegen. Mit ihnen lassen sich Antriebe heute schon von der Entwicklung bis zum Betrieb digital nutzen bzw. verarbeiten. Unter anderem geht es darum, die digitalen Zwillinge von Produktion und Performance durch die exakte (Edge-)Analyse von Antriebsdaten – ermöglicht durch Edge-Plattform und durch die Edge-App – genau aufeinander abzustimmen.

Bis zur kompletten Virtualisierung und Simulation komplexer Systemlösungen wird zwar noch etwas Zeit vergehen. Der Trend zur durchgängigen Digitalisierung seitens der Maschinen- und Anlagenbauer, aber auch der Betreiber ist dennoch vorhanden. Das bedeutet, dass sie ohne Hardware in die Hand zu nehmen Auslegungen und Inbetriebnahmen machen wollen und Antriebe auf diese Weise projektieren möchten. Die Vorteile sind offensichtlich: Time-to-market-Zyklen verkürzen, die Qualität erhöhen, die Effizienz steigern und Fehler von vornherein vermeiden (Bild 2).

Edge-Computing stellt einen weiteren wichtigen Schlüssel zum Aufbau präziser Verhaltensmodelle und damit zur Virtualisierung bzw. Simulation von Maschinen und Anlagen dar. Softwarelösungen für die Antriebstechnik wie »Analyze MyDrives Edge« von Siemens unterstützen diesen Trend. Sie reihen sich nahtlos in die Digital Enterprise und die Totally Integrated Automation (TIA)-Erfolgsstory ein und bieten Anwendern die Möglichkeit ihr Engineering noch effizienter zu gestalten (Bild 3).

Bild 3: Mit den Edge-Informationen aus dem praktischen Betrieb von Antrieben wird die Virtualisierung von Maschinen und Anlagen unterstützt
Bild 3: Mit den Edge-Informationen aus dem praktischen Betrieb von Antrieben wird die Virtualisierung von Maschinen und Anlagen unterstützt
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Über den Autor
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Michael Leipold

Projektleiter Digitalisierung Antriebstechnik, Siemens

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