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Intelligenter Ladeinfrastrukturausbau

Nutzung von Lade- und Lastmanagement für bestehende Netzanschlüsse

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Das Kraftfahrtbundesamt zählte im Jahr 2021 355.961 Neuzulassungen von Elektro-PKWs, was einem Plus von über 80 % zum Vorjahr entspricht. Erste Zahlen für 2022 zeigen einen anhaltend positiven Trend.

Im Jahr 2025 könnten laut dem »Electromobility Report 2021« des Center of Automotive Management schon mehr als ein Viertel aller Neuzulassungen elektrisch sein. Mit den steigenden Fahrzeugzahlen muss auch die Ladeinfrastruktur mithalten. Laut Schätzungen der Bundesregierung wird es für jedes E-Fahrzeug einen Ladepunkt überwiegend beim Arbeitgeber oder zu Hause geben. Hinzu kommen pro Fahrzeug noch einmal 0,1 bis 0,2 Ladepunkte im öffentlichen Raum. Ein schneller Ausbau der Ladeinfrastruktur stellt aber vor allem aufgrund begrenzter Anschlussleistungen eine Herausforderung dar.

Wachstumsmarkt Ladeinfrastruktur

Seit dem Jahr 2020 hat nicht nur jeder Wohnungseigentümer, sondern auch jeder Mieter mit eigenem Stellplatz das Recht auf die Installation einer Wallbox. In Deutschland wurden diese zusätzlich mit 900 € von der KfW gefördert. Neben Neubauten werden auch bestehende Gebäude immer häufiger mit Lademöglichkeiten ausgestattet. Besonders bei Wohn- und Gewerbeimmobilien führt die Nachrüstung aber zu größeren Aufwänden, falls der Hausanschluss ausgebaut wird.

Für den Anschlussausbau einer Wohnimmobilie mit fünf Parteien, der einen Eins-zu-eins-Anschluss aller Ladestationen ermöglicht, muss man laut Energieversorger mit 10.000 € bis 20.000 € für Anschluss- und Baukosten und circa einem halben Jahr bis zur Fertigstellung rechnen.

Wenn alle Immobilien eines Quartiers ihren Anschluss ausbauen wollten, müsste zusätzlich der Mittelspannungs­trafo erweitert werden. In dicht bebauten Innenstädten fehlt dafür aber häufig der Platz. Mithilfe von smartem Lademanagement lassen sich diese Aufwände häufig sparen. Installateure und Betreiber können die Ladeinfrastruktur bedarfsgerecht auslegen und den vorhandenen Netzanschluss optimal ausnutzen.  

Mehr Ladepunkte am gleichen Anschluss

Hausanschlüsse sind in Deutschland nach DIN 18015-1 üblicherweise für 14,5 kW ausgelegt, um einen vierköpfigen Haushalt zu versorgen, der jährlich etwa 5000 kWh verbraucht.

Wird neue Ladeinfrastruktur installiert, muss sichergestellt sein, dass die Hausanschlüsse noch genügend Reserven für die zusätzliche Last bieten. In einem Versuch von Netze BW haben 58 Ladepunkte am Tag um die 240 kWh genutzt. Die Anschlusskapazität einer gewöhnlichen Immobilie reicht zwar nicht aus, damit alle gleichzeitig tagsüber mit 11 kW laden können. Wenn Lastspitzen vermieden werden, kann aber die durchschnittlich benötigte Ladeenergie von etwa 8 kWh pro Auto am Tag bereitgestellt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass Fahrzeuge im Bundesdurchschnitt 40 km pro Tag bewegt werden.

Lastspitzen glätten mit Lademanagement

Bei einer Lastspitze handelt es sich um einen kurzfristig auftretenden erhöhten Strombedarf, der den Anschluss belastet. Zusätzlich wird bei Großverbrauchern (über 100.000 kWh) ein Netznutzungsentgelt nach der höchsten Viertelstunden-Leistung eines Jahres bemessen. So kann schon eine einzige Lastspitze hohe, jährliche Kosten verursachen. Mit Lademanagement wird das Laden überwiegend in die verbrauchsarme Zeit verschoben, in der dafür genügend Anschlussleistung zur Verfügung steht. Die am Anschluss verfügbare Leistung muss intelligent auf die gewünschte Anzahl an Ladepunkte verteilt werden, sodass eine Überschreitung der Anschlussleistung ausgeschlossen wird und Lastspitzen vermieden werden.

Beim statischen Lastmanagement wird eine Gesamtleistung für alle Ladestationen unabhängig von der Gebäudelast festgelegt und diese auf alle Ladepunkte verteilt. Wird keine besondere Priorisierung definiert, bekommt jedes Fahrzeug die gleiche Ladeleistung zur Verfügung gestellt, egal wann es ankommt oder abfährt. Damit kann dem einzelnen Fahrzeug pro Zeiteinheit unter Umständen nur wenig Leistung angeboten werden.

Fahrzeuge, die zu Spitzenzeiten nur kurze Zeit laden, erhalten entsprechend wenig Energie. Die Reserven der Anschlussleistung werden dabei nicht ausgeschöpft. Beim dynamischen Lastmanagement wird die Gesamtladeleistung an den Stromverbrauch des Gebäudes angepasst. Wird dort weniger Strom verbraucht, steht mehr zum Laden der Elektrofahrzeuge zur Verfügung und umgekehrt. Durch die Betrachtung des gesamten Systems wird die Maximalleistung der Ladestationen je nach Stromverbrauch des Gebäudes flexibel herauf- oder heruntergesetzt (Bild 1). Dadurch wird der Anschluss zu jeder Zeit maximal zum Laden ausgenutzt.

Bild 1: Bei ungeplantem Laden besteht die Gefahr der Anschlussüberlastung. Statisches Lastmanagement ist bei genügend Anschlussreserve ausreichend. Mit dynamischem Lastmanagement kann in vielen Fällen problemlos geladen werden
Bild 1: Bei ungeplantem Laden besteht die Gefahr der Anschlussüberlastung. Statisches Lastmanagement ist bei genügend Anschlussreserve ausreichend. Mit dynamischem Lastmanagement kann in vielen Fällen problemlos geladen werden

Mit DC-Laden steigt die Flexibilität

Auch wenn ausreichend Strom zur Verfügung steht, begrenzt der im Fahrzeug verbaute Onboard-Charger beim AC-Laden die Ladeleistung. Er wandelt im Auto den Wechselstrom in Gleichstrom zum Laden der Batterie um. Aus Gewichts- und Kostengründen wird er so klein wie möglich und nur für einphasiges Laden ausgelegt. Dreiphasige Hausanschlüsse sind ohnehin nur in Mitteleuropa verbreitet.

Deshalb wird die Ladeleistung bei neu am Markt verfügbaren Elektrofahrzeugen überwiegend auf 3,7 kW (einphasig/230 V/16 A) beschränkt. Das bedeutet, eine 22 kW AC-Ladestation wird nur in seltenen Fällen ausgenutzt. Beim DC-Laden hingegen erfolgt die AC/DC-Wandlung innerhalb der Ladestation, wodurch einerseits Ladeleistungen von über 11 kW kein Problem sind und zusätzlich auch bidirektionales Laden technisch leichter umsetzbar ist.
Wenigfahrer nutzen in den meisten Fällen nur ein Viertel der zur Verfügung stehenden Batteriekapazität für ihre täglichen Fahrten. Die ungenutzten drei Viertel der Batteriekapazität eines batterieelektrischen Fahrzeuges könnten einen vierköpfigen Haushalt etwa eine Woche lang versorgen. So lässt sich beispielsweise der eigene Photovoltaik-Strom nachts nutzen, indem er im Fahrzeug zwischengespeichert wird.

In Verbindung mit zukünftig zeitvariablen Stromtarifen kann man zu günstigen Zeiten den Strom für teure Zeiten speichern beziehungsweise gegen Entgelt dem Energieversorger die zentrale Steuerung als netzdienlichen Speicher ermöglichen.

Die Fahrzeugbatterie ist in der Verbindung mit DC-Laden also ideal geeignet, um dem Stromnetz kurzfristig Flexibilität zur Verfügung zu stellen.

Bild 2: Das Lade- und Lastmanagement »vCharM« ermöglicht es, Ladestationen einfach über die Benutzeroberfläche zu konfigurieren, zu überwachen und zu steuern
Bild 2: Das Lade- und Lastmanagement »vCharM« ermöglicht es, Ladestationen einfach über die Benutzeroberfläche zu konfigurieren, zu überwachen und zu steuern

Herstellerunabhängige Lösung

Um bei begrenzter Anschlusskapazität ausreichend Energie für jede Art von Ladeanschluss bereitzustellen und dabei Lastspitzen zu vermeiden, müssen die Ladepunkte von einem übergeordneten System gesteuert werden. Mit dem intelligenten Lade- und Lastmanagement »vCharM« können dank standardisiertem OCPP-Interface Ladestationen zahlreicher Hersteller angeschlossen werden (Bild 2).

Sobald die Ladestationen mit »vCharM« verbunden sind, kann jeder Ladepunkt bequem konfiguriert, überwacht und gesteuert werden. Die Verwendung eines Lade- und Lastmanagements stellt sicher, dass nicht mehr jede Ladestation einzeln an das Energiemanagement angebunden werden muss. Stattdessen wird eine zentrale Verbindung zwischen dem Lademanagement und dem Energiemanagement hergestellt.

Mit einem zusätzlichen intelligenten Energiemessgerät, das am Hausanschluss installiert wird, ermöglicht »vCharM« ein dynamisches Lastmanagement (Bild 3). Die Software muss nicht gewechselt werden, auch wenn weitere Ladestationen unterschiedlicher Fabrikate hinzukommen.

Bild 3: Anlagenschema mit Lade- und Lastmanagement
Bild 3: Anlagenschema mit Lade- und Lastmanagement

Die Ladeinfrastruktur in Gebäuden kann so schnell und zukunftssicher erweitert werden. Der fortschreitende Ausbau der Ladeinfrastruktur ist zwar für alle Beteiligten mit Herausforderungen, aber auch mit Chancen verbunden – und diese können schon heute mit Lösungen wie dem »vCharM« genutzt werden.

Über den Autor
Autorenbild
Peter Guse

Vector Informatik GmbH, Stuttgart

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