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USV im Rechenzentrum

Speichertechnologie aus Li-Ionen-Akkus

Wisus-LI – Lithium-Ionen-Batterielösung im Rechenzentrum
Wisus-LI – Lithium-Ionen-Batterielösung im Rechenzentrum

Li-Ionen-Akkus, die vor allem durch den Einsatz in der Elektromobilität bekannt sind, verbessern praktisch alle Eckdaten einer unterbrechungsfreien Stromversorgung. Li-Ionen Speicher haben bei gleicher Energiedichte nur etwa 30 % des Platzbedarfs einer Bleibatterie und müssen nicht entlüftet werden. Das bedeutet, dass die Bauplanung deutlich entspannter wird und mehr Fläche für das Kerngeschäft zur Verfügung steht. Zudem ist das Temperaturspektrum., in dem ein Lithium-Ionen-Akku seiner Spezifikation betrieben werden kann, mit 0 bis 40 °C deutlich größer. Dazu kommen eine um ein Viertel kürzere Ladezeit und erheblich mehr mögliche Ladezyklen. Anstelle von 300 bis 500 Zyklen, nach denen ein Bleiakku getauscht werden muss, weil seine Restkapazität keinen wirtschaftlichen Betrieb mehr erlaub, sind es bei Li-Ion-Akkus zehn Mal so viele – bis zu 5000.

Der Kapazitätsverlust verläuft nahezu linear, damit sind bösen Überraschungen ausgeschlossen, wenn eine Zelle über Nacht deutlich an Kapazität verliert. Solche unkalkulierbaren Veränderungen werden bei Lithium-Ionen-Akkus durch das eingebaute Batteriemanagementsystem (BMS) verhindert. Diese Kontrolllogik, mit der jede Zelle ausgestattet ist, zeigt jederzeit den genauen Batteriezustand über die Werte Spannung, Stromstärke, Zyklenzahl, Temperatur und Innenwiderstand an und regelt aktiv die optimale Ladung der Zellen. So werden Li-Ion-Akkus nahezu wartungsfrei. Bei einer Bleibatterie ist ein BMS optional und nur mit hohen Kosten umsetzbar.

Markus Steiner, Technischer Leiter bei Wöhrle, fasst die Vorteile der Li-Ion-Technik zusammen: »Lithium Batterien haben gegenüber der üblichen Bleitechnologie im Rechenzentrum eine längere Lebensdauer, sind zyklenfester und somit auch als Regelenergie zur Spitzenlastkappung geeignet.«

Amortisierung über die Lebensdauer

Die Wirtschaftlichkeit, also Kosten versus Ertrag, spielen bei einem kommerziellen Anbieter von ITK-Dienstleistungen wie der noris network AG eine große Rolle. Auch die Stromversorgung muss aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn ergeben. Hier kann die Lösung, die Wöhrle Stromversorgungssysteme für das Nürnberger Unternehmen entwickelt hat, langfristig punkten.

Zwar lagen die Anschaffungskosten Mitte 2020 etwa 20% höher als bei einer vergleichbaren Anlage mit Bleibatterien, allerdings relativiert sich dieser Mehraufwand nicht nur über die Laufzeit, am Ende schlägt sogar ein deutlicher positiver TCO (Total-Cost-of-Ownership) zu Buche.

Bis zu 35% geringere Gesamtnoten kann die Lithium-Ionen basierte Anlage über die komplette Lebensdauer erzielen, zu großen Teilen durch die deutlich höhere Standzeit der Energiespeicher sowie durch Einsparungen bei Kühlung und den Verzicht auf die Lüftungsanlage.

Markus Steiner hat gute Erfahrungen mit der Rentabilität der neuen Generation von Energiespeichern gemacht: »Die TCO Betrachtung ist aufgrund der attraktiveren Preise positiv, insbesondere da bei Li-Ion eine Einzelzellenüberwachung bereits integriert ist. Bei der Blei-Variante müsste sie zusätzlich installiert und gewartet werden, was höhere Betriebskosten bewirkt.«

Redundant an die Verbraucher

Die Wisus-Li bietet eine hohe Zuverlässigkeit und besitzt ein integriertes Feuerlöschsystem auf Modulebene
Die Wisus-Li bietet eine hohe Zuverlässigkeit und besitzt ein integriertes Feuerlöschsystem auf Modulebene

Das neue Rechenzentrum der noris network AG wurde nach einem Energiezellenkonzept entworfen. Je Zelle sind Verbraucher mit zusammen einem MW an Leistungsbedarf installiert. Die Absicherung erfolgt über ein dediziertes USV-System Wöhrle WISUS-MS, dass auf einem Huawei-USV-Produkt basiert. Es stellt pro Zelle mit 1,25 MW Kapazität bereit, so dass Überlastsituationen ausgeschlossen sind. Als Backup für die USVs ist je Zelle ein Dieselaggregat vorgesehen, dass normalerweis in unter einer Minute anläuft.

Sollte der Diesel wider Erwarten nicht starten, verfügen die anderen Energiezellen über genug Kapazität, um die ausgefallene Zelle zusätzlich zu versorgen. Jede Energiezelle hat eine separate 400V Mittelspannungseinspeisung und liefert einen autarken Stromstrang sowie einen Kühlluftkanal in die Hosting-Fläche. Alle Verbraucher im Rechenzentrum erhalten zwei getrennte Netze aus jeweils voneinander unabhängigen Energiezellen.

Redundanz zieht sich als Designkonzept durch die gesamte Anlage. Die USVs sind einschubmodular aufgebaut, die Gesamtleistung wird von zwei Systemschränken geliefert. Insgesamt könnte die WISUS-MS acht parallele Einheiten zu einem System mit insgesamt 6,4 MW Gesamtleistung verbinden. Jeder der beiden Systemschränke enthält zwölf Leistungsmodule mit 50 kVA in einer n+1 Konfiguration.

Insgesamt zwei Leistungsmodule könnten komplett ausfallen, ohne dass die zugsicherte Gesamtleistung für die Energiezelle gefährdet wäre. Die Energiespeicher sind auf sechs Schränke mit jeweils 16 Batterien pro Schrank verteilt. So kommen gut 41 kWh pro Schrank zusammen, was der USV-Anlage pro Energiezelle zu einer Überbrückungszeit von 10 Minuten bei Volllast verhilft.  Durch die erheblich höhere Leistungsdichte der Lithium-Ionen-Akkus konnte im Vergleich zu Bleiakkus die Hälfte der Aufstellfläche eingespart werden.

Weil Li-Ion nicht gleich Li-Ion ist, kommt auch dem spezifischen Batterieaufbau große Bedeutung zu. Wöhrle Stromversorgungssysteme nutzt bei der Wisus-MS Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LiFePO4). Sie sind chemisch sehr stabil und unempfindlich gegen Beschädigung. Die Feuergefahr ist sehr gering, eine Selbstentzündung, oft das wichtigste Argument gegen den Einsatz von Li-Ion-Technik, droht erst ab 600 Grad Celsius. Der Nageltest, bei dem die Zelle in einer kontrollierten Umgebung mit einem spitzen Metallgegenstand durchschlagen wird, führt bei LiFePO-Zellen lediglich zum Funktionsverlust und hat keine Entzündung oder Explosion zur Folge.

Fazit und Erfahrungen

Mittlerweile ist das Rechenzentrum NBG6-BA2 in Nürnberg, nach leichten Corona-bedingten Verzögerungen, in Betrieb gegangen. Installation, Aufbau und Test der Li-Ion-USV-Anlagen liefen problemlos, die noris network AG konnte erste Erfahrungen mit den Systemen sammeln. Florian Sippel von noris network fasst die wichtigsten Eindrücke zusammen: »Die Vorzüge der höheren Leistungsdichte, sowie des geringeren Gewichts und Platzbedarfs sprechen eindeutig für die Lithium Technologie. Und für uns ist die Wirtschaftlichkeit über die Lebensdauer entscheidend. Da hat Li-Ion eindeutig gewonnen.«

Dazu tragen der hohe Wirkungsgrad der Wisus-MS von bis zu 97 % im Normalmodus bei, sowie die einfache Wartung und Erweiterung des Systems im laufenden Betrieb (Hot-Swap-Fähigkeit). Ebenfalls positiv fällt die unkomplizierte Fernwartung durch die Netzwerkanbindung der USV-Anlage über SNMP und Modbus-TCP auf. Sie liefert den Technikern von Wöhrle Stromversorgungssysteme jederzeit einen eindeutigen Status des Systems und schnellen Zugriff bei Serviceanfragen. Formal gab es ebenfalls keine Schwierigkeiten mit der neuen Technologie, so Florian Sippel: »Die Sachversicherer stellen in Bezug auf Aufstellung, Betrieb, Brandschutz oder Klimatisierung keine höheren Anforderungen als an Bleibatterien. Auch unsere Kunden sehen Li-Ion-Technik positiv und als innovative, zukunftsträchtige Lösung im Rechenzentrum.«

www.woehrle-svs.de

Über den Autor
Autorenbild
Marco Alber

Wöhrle Stromversorgungssysteme GmbH

Über die Firma
Wöhrle Stromversorgungssysteme GmbH
Steinenbronn
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