Home Gebäude+Vernetzung Gebäude+Vernetzung Gebäudesteuerung aus Radevormwald in die Welt

1. Gira Presseevent: Traditionell modern

Gebäudesteuerung aus Radevormwald in die Welt

Gira-Campus Gebäudesteuerung
Der Gira-Campus in der Röntgenstraße mit derzeit 30.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche
(Bild: Gira)

Oft werde er gefragt, wie ein Unternehmen mit vier Standorten (Gira in Radevormwald, die Tochtergesellschaft Insta in Lüdenscheid, Stettler bei Bamberg und ise in Oldenburg) in Deutschland statt in den sogenannten „Best-cost countries“ wie Rumänien oder China wirtschaftlich arbeiten könne, erzählte Dirk Giersiepen. Seine Antwort: „Mit erstklassiger Motivation, guten Prozessen und einem verzahnten Sortiment.

Dabei sind im Gira-Portfolio sowohl so genannte „Schnelldreher“, also bis in den Karton voll automatisiert hergestellte Produkte, als auch Design-Objekte, die viel Handarbeit erfordern. Eine eigene Produktion vor Ort – bei Gira unter dem Motto „Vom Kunststoffgranulat bis zum smarten Gebäude“ zusammengefasst – erspare dem Unternehmen zudem Lieferprobleme. Das teure Jonglieren mit Transport-Containern werde in Zeiten der weltweiten Verknappung dazu führen, dass einige Unternehmen sich wieder auf die Produktion in Deutschland zurückbesinnen werden, prognostizierte Giersiepen.

„Hier spielt keiner mit, nur weil der Name stimmt“

Gira-Giersiepen Gebäudesteuerung
Dirk Giersiepen zieht sich Ende Juni 2022 aus dem operativen Geschäft von Gira zurück

(Bild: Redaktion "de")

Ende Juni 2022 wird sich Dirk Giersiepen nach 31 Jahren aus dem operativen Geschäft zurückziehen und in den Aufsichtsrat wechseln (wir berichteten bereits hier). Die Nachfolge ist geregelt. „Und ich habe nicht vor, dauernd im Unternehmen herumzulaufen und den Nachfolgern ins Handwerk reinzupfuschen“, merkte Giersiepen an. Schließlich wüsste er aus eigener Erfahrung, wie schwierig das sei. Die Auswahl der Nachfolger habe man sich nicht leichtgemacht, erklärte er beim Presseevent in Radevormwald. Denn gelingt ein Generationswechsel nicht, könne dies existenzgefährdend für Unternehmen sein. „Und ein Streit im Gesellschafterkreis ist die schlimmste Krankheit, die ein Familienunternehmen haben kann“, erklärte er.

Beim Generationswechsel 4.0 (also der vierte Wechsel der Geschäftsführung bzw. des Gesellschafterkreises seit Gründung) sei nicht nur wichtig, dass die Geschäftsführer Unternehmer bleiben keine Finanzinvestoren. Sondern auch, dass es fachlich und kulturell passt. „Hier spielt keiner mit, nur weil der Name stimmt“, stellte er klar. Neu in der Gira-Geschäftsführung sind Dominik Marte und Sebastian Marz, bei denen als junge Familienväter das Statement „Wir verantworten Zukunft“ passend gewählt ist. Nicht zuletzt übernehmen sie die Leitung von 1200 Mitarbeitern vor Ort und weiteren 600 Mitarbeitern in den Gira-Tochtergesellschaften.

„Wir stehen ganz klar zum dreistufigen Vertrieb“

Gira-GF Gebäudesteuerung
Geregelte Nachfolge: Dominik Marte (links im Bild) und Sebastian Marz (rechts neben Dirk Giersiepen) und werden Teil der Geschäftsführung

(Bild: Gira)

Wo die Zukunft des Unternehmens liegen wird, ist für Dominik Marte klar: „30 Prozent der Endverbrauchen interessieren sich für Smart Home. Eine unserer Aufgaben wird sein, den Endverbrauchern den Mehrwert des Smart Homes näherzubringen.“ Dabei sei man allerdings auf die Zusammenarbeit mit den Profis aus dem Handwerk und dem Elektrogroßhandel angewiesen. „Unser Limit der Unterstützung ist die Anzahl der Hände, die wir haben“, erklärte er.

Zwar könne man mit dem „Gira Home Assistant“ die Kundenerfahrung digital unterstützen und einen Online-Konfigurator zur ersten Orientierung zu Produkten liefern, die weitere Beratung und die Auswahl der richtigen Produkte solle aber weiterhin beim Handwerker erfolgen. „Wir stehen ganz klar zum dreistufigen Vertrieb“, sagte Marte.

Sebastian Marz griff das wohl für sämtliche Unternehmen aus unserer Branche gerade aktuelle Thema Fachkräftemangel und das Halten und Binden von Mitarbeitern auf, das an einem Standort mit ca. 22.000 Einwohnern vielleicht noch etwas ausschlaggebender ist als in einer Millionen-Metropole. Dabei ging es um Trainee-Programme für Digital-Fachkräfte, um Fitnessmöglichkeiten, Angebote für Physiotherapie und Mitarbeitern Perspektiven zu bieten. „Nicht von ungefähr kommen rund 50 Prozent der Führungskräfte bei uns aus dem eigenen Haus“, erklärte Marz. Damit sich die Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen, ist ein moderner, gut beleuchteter und ergonomischer Arbeitsplatz ein wichtiger Faktor. Davon konnten sich die Teilnehmer des Presseevents beim Werksrundgang im neuen Gira-Campus überzeugen.

Flexibler Campus mit Wärmerückgewinnung

Gira-Produktion Gebäudesteuerung
Gute Arbeitsbedingungen mit viel Tageslicht und ergonomischen Arbeitsplätzen für die Mitarbeiter

(Bild: Gira)

2018 wurde der Gira-Campus in der Röntgenstraße eröffnet, der sich rund 600 m von den bisherigen Hallen entfernt befindet und mit 85 Millionen Euro die bislang größte Investition der Unternehmensgeschichte ist. Neben individuell einstellbaren Tischen, natürlicher Beleuchtung, 140.000 Stellplätzen für Kleinteile, einem automatischen Hochregallager – und daneben noch eines, was in die Tiefe geht – Prüflabors und Qualitätssicherung ist auch das Gebäude an sich mitsamt seiner technischen Ausstattung einen Blick wert.

Das Architekturbüro Sauerbruch Hutton aus Berlin hat hier einen Campus realisiert, der sowohl Erweiterungsmöglichkeiten auf allen Ebenen enthält als auch eine Bauteil-Wiederverwendung und Recycling ermöglicht („Design for Disassembly“ wie der Fachmann sagt, also demontagegerechte Konstruktion). Die Stahlbau-Fassade kann bei Bedarf abgebaut und versetzt werden, so dass 30.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche auf 50.000 Quadratmeter ausgebaut werden können.

Gira-Zimmermann Gebäudesteuerung
Steffen Zimmermann gab einen Einblick in das Nachhaltigkeits-Konzept des Gebäudes in Radevormwald

(Bild: Redaktion "de")

Energiesparsamkeit und Nachhaltigkeit waren eine weitere Säule bei der Gebäudeplanung. So wird Prozesswärme wiederverwendet, die 1.000 Kubikmeter umfassenden Sprinklertanks werden als Wärmeheizung genutzt, Bodenplatten im Fundament sorgen für ein konstantes Klima von 21°C, es wird eine Wärmerückgewinnung aus Schaltschränken eingesetzt und der Energiebedarf liegt laut Gira 45 % unter den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (ENEV 20214). Einzig die geplante Photovoltaik-Anlage fand aufgrund der exponierten Lage des Gebäudes mit hoher Windlast und der damit erforderlichen zu tiefen Verankerung auf dem Dach keinen Platz, wie Steffen Zimmermann, Geschäftsführer Supply Chain Management, erklärte. Daher wird die PV-Anlage, die zu 100 % Autarkie bei der Energieversorgung beitragen soll, nun auf einer externen Fläche realisiert.

Beim Design den eigenen Weg gehen

Gira-Mueller Gebäudesteuerung
Design muss die Kundenbedürfnisse berücksichtigen, fand Hans-Jörg Müller, Head of Product and Design

(Bild: Redaktion "de")

Die moderne Gestaltung von Produkten basiert auf der Vereinbarkeit von Design, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit. Giras Design-Team – Hans-Jörg Müller, Frank Gedinger und Tiziano Ehrlichmann – geht es weniger darum, stilistische Kapriolen zu schlagen, sondern die Lösungen an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten. „Design ist ein Erfolgsfaktor für die Markenentwicklung, und man muss bei so vielen Wettbewerbern den eigenen Weg gehen und seinen eigenen Stil finden“, erläuterte Hans-Jörg Müller. „Aber man muss den Nutzer mitnehmen und darf auch das digitale Design nicht zu sehr verändern.“

So sei in der Smart-Home-Welt nicht nur die Größe des Displays für den Bedienkomfort wichtig, sondern auch die Möglichkeit, Lösungen an Unterhaltungselektronik wie Alexa, Sonos oder Philips Hue anzubinden sowie eine intuitive Bedienung über ein Interface für alle elektronischen Endgeräte zu ermöglichen.

Gira-Feltgen Gebäudesteuerung
Christian Feltgen erläuterte Giras Smart-Home-Philosophie

(Bild: Redaktion "de")

Dass bei der Produktentwicklung die Smart-Home-Philosophie umgesetzt wird, hat Christian Feltgen als Geschäftsführer Entwicklung und Technologie bei Gira im Blick. Dazu gehören nicht nur Alarmfunktionen, Anwesenheitssimulationen (anhand eines Wochenmitschnitts bisheriger Aktionen), Szenensteuerungen, die Zentral-Aus-Funktion und der Zugriff von unterwegs auf die Gebäudesteuerung.

Gira-S1 Gebäudesteuerung
Der „Gira S1“ ermöglicht den verschlüsselten Fernzugriff per App auf das Smart Home

(Bild: Gira)

Sondern auch die über 500 Hersteller übergreifende Interoperabilität durch KNX sowie regelmäßige Updates für vernetzte Lösungen und die Kommunikation über den „Gira S1“, der einen verschlüsselten Fernzugriff per App auf das Smart Home ermöglicht. Für Installateure gibt es dazu nicht nur Profi-Schulungen, sondern Partner aus dem Handwerk erproben auch in „Usability-Tests“, ob die Geräte ohne Schulungen und Bedienungsanleitung installierbar sind, während technisch unerfahrene Endanwender prüfen, ob die Menüführung der Bedienoberflächen intuitiv und einfach zu bedienen sind.

Die Firma Gira im Überblick

1905 wurde die Firma „Gebrüder Giersiepen, Fabrik von Apparaten für elektrische Beleuchtung“ von Gustav und Richard Giersiepen in Wuppertal gegründet. 1964 erfolgte die Umbenennung in Gira, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens Giersiepen und des jetzigen Standortes Radevormwald. Bekannt ist das Unternehmen als Kunststoffverarbeiter und Hersteller von Elektroinstallations- und Gebäudesystemtechnik sowie für vernetzte digitale Gebäudesteuerung. Gira stellt rund 7.000 Artikel her, von der Stückzahl 1 (wie ein Türklingelschild mit Namen) bis 15 Millionen (Steckdosen und Schalter).

Über die Autorin
Autorenbild
Britta Kalscheuer

Redaktion »de«

Über die Firma
Gira Giersiepen GmbH & Co. KG
Radevormwald
Newsletter

Das Neueste von
elektro.net direkt in Ihren Posteingang!