Home Gebäude+Vernetzung Gebäude+Vernetzung Die Kommunikation in Smart-Home-Netzen

Vernetzung: Das Rückgrat von Smart Home (2)

Die Kommunikation in Smart-Home-Netzen

Auf einen Blick

Kupfer oder LWL Die leitungsgebundene Übertragung (Vernetzung) kann über klassische Kupfer- oder über Lichtwellenleiter erfolgen. Besondere Stellung nehmen dabei PLC und POF ein. Funknetze im Gebäude Wesentlich flexibler als leitergebundene Netze sind Funknetze. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Funklösungen, deren Einsatz zweckgebunden geplant werden muss Cloud-Lösung Bei Nutzung des Internets und einer Cloud müssen Verschlüsselungen berücksichtigt werden

Nach einer Übersicht über die verwendeten Medien, sprachen wir im ersten Teil die verdrillte Doppeladerleitung und die weitverbreitete, strukturierte Datennetzverkabelung sowie die Koax-Technik an. Koaxiale Leitungen sind in der Praxis bis über 2 GHz ­einsetzbar. Als Beispiel für Netze nennen wir die Verteilnetze für die Satelliten-Zwischenfrequenz (Sat-ZF) von 950 MHz bis 2150 MHz. Hier muss man allerdings auch die frequenzabhängige Leitungsdämpfung berücksichtigen. Da es bei den bisher aufgezeigten Leitungen eine Vielfalt von Bauformen gibt, ist es unbedingt empfehlenswert, sich über die technischen Spezifikationen mit Hilfe von Datenblättern und Katalogen oder online zu informieren, um für die jeweils vorgesehene Verwendung die bestmögliche Lösung zu finden.

Nutzung des Niederspannungsnetzes

Bei den Niederspannungsleitungen handelt es sich schlicht um das 230-V-Stromnetz in der Wohnung. Diese Infrastruktur ist für die Energieversorgung konzipiert und nach den dafür geltenden Kriterien und Vorschriften aufgebaut. Das besondere Kennzeichen solcher Netze ist die große Zahl von Steckdosen überall in der Wohnung, die systembedingt alle miteinander verbunden sind. Das Stromnetz lässt sich mit Hilfe geeigneter Verfahren auch für die Informations- und Kommunikationstechnik nutzen, wobei die Steckdosen als verfügbare Schnittstellen dienen.

Bild 4: Gebäudeautomation: Datenübertragung über ­Powerline mit Erweiterung über WLAN
Bild 4: Gebäudeautomation: Datenübertragung über ­Powerline mit Erweiterung über WLAN

Dieses Konzept wird als PLC (powerline communication) bezeichnet. Bei dieser Übertragungstechnik legt man über die Netzfrequenz von 50 Hz hochfrequente Signale (3 ... 65 MHz) in Quadratur-Amplitudenmodulation für die Übertragung der digitalen Informationen (Bild 4). Auf diese Weise besteht zwischen mehreren Steckdosen entweder eine Peer-to-Peer oder Multipoint-Verbindung. Die Übertragungsbandbreite reicht bis zu einigen Hundert Mbit/s – genug für Smart Home-Anwendungen. Das Stromnetz hat aus Sicht der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) allerdings einen gravierenden Nachteil, weil es keine Schirmung aufweist und deshalb die Störstrahlung und die Störfestigkeit keine günstigen Werte aufweisen. Für die Nutzung als Kommunikationsnetz mit PLC spricht allerdings, dass bereits in allen Räumen die erforderliche Infrastruktur (incl. der Steckdosen als Schnittstellen) vorhanden ist. Außerdem lässt sich das Stromnetz aus technischer Sicht relativ problemlos auf zusätzliche Steckdosen erweitern.

Optische Übertragungstechnik

Bild 5: Konverteranaschlussdose für POF mit Umsetzung auf Ethernet (RJ45), Steckbuchse für POF links unten im Bild
Bild 5: Konverteranaschlussdose für POF mit Umsetzung auf Ethernet (RJ45), Steckbuchse für POF links unten im Bild

Während bei elektrischen Leitungen die elektrische Spannung und der elektrische Strom die bestimmenden physikalischen Größen sind, handelt es sich bei den optischen Leitungen um die Stärke des genutzten Lichtstrahls, also den Lichtstrom. Aus diesem Grund ergeben sich bei dieser Konstellation keine EMV-Probleme. Die Übertragung erfolgt durch die fortschreitende Reflexion des Lichtstrahls zwischen dem Kern und dem Mantel des optischen Leiters, wobei diese unterschiedliche Brechzahlen aufweisen, also aus einem dünneren und einem dichteren optischen Material bestehen. Wegen dieser Funktionsweise gilt auch die Bezeichnung Lichtwellenleiter (LWL). In der Praxis wird mit Wellenlängen zwischen 450 nm und 1700 nm gearbeitet, was Frequenzen im THz-Bereich bedeutet.

Bild 6: Schnittstelle HDMI, die Multimediaverbindung an TV-Geräten
Bild 6: Schnittstelle HDMI, die Multimediaverbindung an TV-Geräten

Wird für einen Lichtwellenleiter (LWL) als Material Glas gewählt, dann liegt eine Glasfaserleitung (fibre) vor, mit einer besonderes geringen Leitungsdämpfung von ca. 0,3 dB/km. Kommt dagegen Kunststoff zum Einsatz (Bild 5), dann handelt es sich um eine Polymerfaserleitung (polymer optical fibre, POF). Sie weist dieselbe Funktionsweise wie die Glasfaserleitung auf, allerdings bei einer wesentlich größeren Leitungsdämpfung und kleineren Datenraten. Für die in Wohnungen typischen Leitungslängen ist die Dämpfung in der Regel unkritisch. Es besteht bei Polymerfaserleitungen (POF) gegenüber Glasfaserleitungen außerdem der Vorteil, dass sie auch für Selbstmontage durch den Nutzer geeignet sind. Außerdem benötigen POF nicht die montageaufwendigen Steckverbinder. Die kostspielige Spleißtechnik entfällt hier.

Standardschnittstellen bei Multimediageräten

Bild 7: Schnitt­stelle USB Gegenüber­-
stellung verschiedener USB-Normen
Bild 7: Schnitt­stelle USB Gegenüber­- stellung verschiedener USB-Normen

Bei jeder Vernetzung spielen die Schnittstellen zwischen den Leitungen und den beteiligten Geräten, Baugruppen und Komponenten eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich üblicherweise um standardisierte steckbare Verbindungen, während Löt- und Klemmverbindungen die Ausnahme darstellen. Die Geräte und Baugruppen weisen deshalb in der Regel Buchsen auf, während bei den Leitungen Stecker erforderlich sind. Da die fachgerechte Montage von Steckern durchaus aufwändig sein kann, bietet sich der Einsatz vorkonfektionierter Kabel an. Dabei handelt es sich um Leitungen definierter Länge, die bereits herstellerseitig an beiden Enden mit entsprechenden Steckern bestückt sind und auch als »Verlängerungskabel« fungieren können.

Bild 8: Schnittstelle RJ-45, die klassische 
Datenschnittstellex
Bild 8: Schnittstelle RJ-45, die klassische Datenschnittstellex

Dieser Lösungsansatz ist allerdings nur dann hilfreich, wenn der für die Steckverbindung verwendete Standard unterstützt wird, also Buchse und Stecker für denselben Standard ausgelegt sind. Auf dem Markt gibt es dafür eine große Auswahl, wobei bestimmte Standards besonders stark verbreitet sind. Dazu gehören unter anderem HDMI (high definition multimedia interface) (Bild 6), USB (universal serial bus) (Bild 7), RJ-45 (Bild 8) und Cinch (Bild 9). Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei den Standards auch unterschiedliche Versionen bestehen, die unterschiedliche Spezifikationen aufweisen (z. B. USB 2.0 und USB 3.0). Weisen Buchse und Stecker unterschiedliche Standards oder Versionen auf, dann ist zu prüfen, ob die Anpassung durch einen Adapter realisierbar ist.

Genügend Leerrohre einplanen

Bild 9:Schnittstelle Cinch, 
für Audio- Video-Signale
Bild 9:Schnittstelle Cinch, für Audio- Video-Signale

Eine leitungsgeführte Vernetzung bietet eine hohe Betriebssicherheit, also Zuverlässigkeit für die Anwendungen. Sie ist jedoch systembedingt mit der Verlegung von Leitungen verbunden. Als sinnvoll erweist sich deshalb bei Neubauten und Sanierungen die Einplanung von möglichst ausreichenden Leerrohren, um den erforderlichen Aufwand bei der Verlegung von Leitungen möglichst klein zu halten. Für Nachrüstungen gibt es inzwischen verschiedene Formen von Montagekanälen (z. B. in der Fußleiste), die geschützte Wege für die Leitungsführung bieten. Die bisher betrachtete leitungsgebundene Vernetzung basiert auf festen Anschlusspunkten, was eine örtliche Fixierung für den Zugriff auf Anwendungen bedeutet. Eine flexiblere Nutzung lässt sich durch funkgestützte Vernetzung erreichen, weil dabei der Zugriff auf Anwendungen ortsunabhängig erfolgen kann, was zum Beispiel mit Smartphone oder Tablet möglich ist.

Vernetzung per Funk

Die für diese Form der Nutzung erforderlichen Frequenzen können allerdings nicht frei gewählt werden, sondern unterliegen den Vorgaben der für das nationale Frequenzmanagement zuständigen Bundesnetzagentur für Elektro, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA). Zu den Funkstandards gehören WLAN, DECT, Bluetooth, ZigBee, EnOcean und andere. Eine häufig verwendete und lizenzfrei nutzbare Frequenz ist 868 MHz.Auch verwendet Smart Home offene und proprietäre Standards, die entsprechend eine weite herstellerunabhängige oder eine enge herstellerspezifische Systemnutzung ermöglicht. Die Tabelle 3 zeigt die derzeit auf dem Markt verfügbaren Systeme mehrerer Anbieter.

Tabelle 3: Überblick über Funklösungen zu Smart Home
Tabelle 3: Überblick über Funklösungen zu Smart Home

Frequenzen stehen nur nach Zuteilung durch die BNetzA zur Verfügung, wobei zwischen Einzelzuteilungen und Allgemeinzuteilungen zu unterscheiden ist. Für die Vernetzung bieten sich Frequenzen mit Allgemeinzuteilung an, weil diese von jedermann ohne Antrag kostenfrei genutzt werden können. Es handelt sich dabei um die sogenannten ISM-Frequenzbänder, wobei die Abkürzung für »industrial, scientifical, medical« steht, weil mit diesen Frequenzen die Anwendung von Hochfrequenzenergie in industriellen, wissenschaftlichen und medizinischen sowie in häuslichen und anderen Bereichen zulässig ist. Es handelt sich um je sechs Frequenzbereiche zwischen 6,765 MHz bis 870 MHz und 2,4 GHz  bis 2 46 GHz, bei denen jeweils Maximalwerte für die Strahlungsleistung festgelegt sind. Die Frequenzen der ISM-Bänder sind auch anderen Funkdiensten zugewiesen. Für diese besteht Vorrang, so dass Beeinträchtigungen von ISM-Anwendungen auftreten können. Das gilt auch, wenn gleichzeitig mehrere ISM-Anwendungen einen Frequenzbereich nutzen wollen. Diese Problematik ist ebenfalls bei drahtlosen lokalen Datennetzen (wireless local area network, WLAN) gegeben, weil diese im 2,4-GHz-Bereich und 5-GHz-Bereich arbeiten und ein typisches Einsatzfeld für die funkgestützte Vernetzung sind. Damit ist eine sichere Funktionalität nicht grundsätzlich gewährleistet. Außerdem müssen auch die physikalischen Gegebenheiten der Wellenausbreitung, wie Dämpfung, Reflexion und andere, berücksichtigt werden. Nur durch geeignete Maßnahmen (z. B. Repeater, Mehr-Antennen-Systeme, adaptive Frequenzwahl,) lässt sich die vollständige funkmäßige Versorgung der Wohnung sicherstellen. Während es sich bei leitungsgeführter Vernetzung um die geführte Übertragung von Daten handelt, liegt bei der funkgestützten Vernetzung eine ungeführte Übertragung vor, wobei Wände und Decken zwar Dämpfung bewirken, aber auch außerhalb der Wohnung bzw. des Hauses noch Empfang möglich ist. Die übertragenen Daten können deshalb von Dritten empfangen, verwertet, gestört oder verfälscht werden. Bei funkgestützter Vernetzung sind für jede Verbindung (z. B. zwischen einem Sensor und einem Aktor) eine Sendeeinrichtung und eine Empfangseinrichtung erforderlich. Für ihre Funktion benötigen beide Baugruppen eine geeignete Stromversorgung. Dabei kann es sich um Batterien oder Akkus handeln, es ist aber auch die Versorgung über entsprechende Stromversorgungseinheiten (Netz­teile) möglich.

Cloudlösung schafft Flexibilität

Quelle: U. Freyer
Quelle: U. Freyer

Eine besondere Form der Vernetzung ist dann gegeben, wenn auf die Anwendungen von überall zugegriffen werden soll. Eine solche weltweite Verfügbarkeit lässt sich nur über das Internet realisieren. Für eine flexible Nutzung bietet sich dabei der Einsatz von Smartphones oder Tablets an. Das aufgezeigte Konzept macht allerdings in der Wohnung ein entsprechendes Gateway erforderlich, das der vorhandenen leitungsgeführten oder funkgestützten Vernetzung den Übergang zum Internet ermöglicht. Bei der an sich recht bequemen Internetlösung handelt es sich um eine Cloud-Anwendung, weil dabei die Daten auf einem Server im Internet (d. h. an einem beliebigen Ort) gespeichert und verarbeitet werden (Bild 10). Auf diesen Server kann der Nutzer jederzeit und von überall zugreifen, wenn mobiler oder stationärer Internet-Zugang vorhanden ist, was allerdings nicht immer gegeben sein muss. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass aus technischen und/oder betrieblichen Gründen Internetverbindungen nicht wirklich »rund um die Uhr« nutzbar sind. Bei einem typischen Wert der Verfügbarkeit von 99,9 % bedeutet das nämlich Ausfallzeiten von gesamt 8,75 h pro Jahr, was für zeitkritische Anwendungen unbedingt zu berücksichtigen ist.

Eine zentrale Station vorsehen

Um die aufgezeigte Betriebssituation zu vermeiden, sollte unbedingt in der Wohnung stets eine Zentraleinheit zur Verfügung ­stehen, von der alle Anwendungen manuell gesteuert werden können. Diese Reserve ­sichert dann als Rückfallposition (back-up) wenigstens die Steuerung und Überwachung aller Anwendungen am Standort.

Sicherheit vor »Hackern«

Bei jeder Nutzung des Internet spielen auch die Datensicherheit und der Datenschutz eine wichtige Rolle, weil es grundsätzlich möglich ist, dass durch Piraterie Daten von ­Dritten (also Hackern) erfasst, verändert, gelöscht und/oder für sonstige Zwecke illegal verwendet werden. Als vorbeugende Maßnahme sollte deshalb stets eine ausreichende Verschlüsselung zum Einsatz kommen. Die Hersteller von Smart Home-Komponten haben zumeist schon entsprechende Verschlüsslungen vorgesehen.

Dokumentation wird häufig vergessen

Abschließend sei noch die dringende Empfehlung gegeben, die gesamte Vernetzung in einer Wohnung sorgfältig zu dokumentieren und bei Änderungen / Ergänzungen aktuell zu halten. Nur auf diese Weise besteht jederzeit ein systematischer Überblick, außerdem wird dadurch im Störungsfall die Fehlersuche wesentlich unterstützt.

Fazit

Nur mit funktionsbezogener Vernetzung lassen sich die vielfältigen Smart Home-Anwendungen realisieren. Es sind dafür leitungsgeführte  und funkgestützte Verfahren sowie unterschiedliche Technologien einsetzbar. Die Vernetzung einzelner Anwendungen lässt sich schrittweise in einem Gesamtnetz zusammenfassen. Die Steuerung der Anwendungen ist dabei über eine Zentraleinheit in der Wohnung oder über das Internet via Smartphone oder Tablet möglich. Für jede Vernetzung ist aus technischer und betrieb­licher Sicht eine ausreichend detaillierte ­Dokumentation erforderlich.

Über den Autor
Autorenbild
Ulrich Freyer

Fachjournalist, Köln

Newsletter

Das Neueste von
elektro.net direkt in Ihren Posteingang!