Praxisfrage

VNB fordert neuen Standort von sanierter Zähleranlage

C. W. aus Baden-Württemberg | 12.06.2017

In einem Haus Baujahr 1900 haben wir die bestehende Zählerverteilung erneuert. Von der Anlage ging aktuell keine Gefahr aus, die Besitzer wollten jedoch die Anlage aus ca. 1950 erneuert haben. Die Anlage befindet sich wie damals üblich in einem Treppenraum auf der Treppe. Dies ist heute nicht mehr zulässig, jedoch dachte ich mir, dass da es sich um eine Sicherheitsverbesserung um viele Punkte handelt dies ok wäre. Nun verlangt der Energieversorger, dass der neue Zählerschrank aus dem Treppenraum raus muss, was nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand (Verlängern der Abgangskabel, ersetzten der Zuleitung) machbar ist. ebenso wird das baulich eine große Maßnahme. An der Anlage wurde nichts verändert, lediglich alt gegen neu getauscht. Kann der Energieversorger eine so unverhältnismäßige Forderung stellen? C. W.. Baden-Württemberg

Expertenantwort vom 10.11.2017

Hans-Josef Tonnellier

Elektrotechniker-Meister, Gutachter Elektrotechnik

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Kommentare aus der Community (2)

A. H.

Sachsen

18.11.2019

09:57 Uhr

Ich würde einmal Rücksprache mit dem Netzmeister nehmen.
Vor 5 Jahren betreute ich einen analogen Fall und konnte mich mit folgender Auffassung gegenüber dem EVU durchsetzen.

Am XXXXX wurde ich telefoinisch durch Monteur der Firma XXXXXX in Kenntnis gesetzt, daß dieser den beantragten Zählerwechsel von WS auf DS nicht vornehmen kann, weil die Anlage nicht seinen Vorgaben bzw. denen des EVU entspricht. Zu einer Ergebnis offenen Diskussion war Herr XXXXX nicht bereit.
Im konkreten Fall wurde bemängelt, daß sich der Zählerschrank über einer Treppenstufe befindet.
Bei der Anlage handelt es sich um Elektroanlage deren Bestandteile z.B. HAK und Zuleitungskabel nach TGL der DDR und den Anschlußbedingungen des Energiekombinates XXXXXX errichtet wurden. Das betrifft auch den durch die vorhandenen Anschlüsse festgelegten Ort des Zählerplatzes
Entsprechend VDE 0100:2001-05 Beiblatt 2 Anhang A ist hinsichtlich Erweiterungen und Änderungen festgelegt, daß bei der Erweiterung einer nach TGL ausgeführten elektrischen Anlage nur der Erweiterungsteil nach DIN und VDE Normen ausgeführt sein muß. Grundsätzlich ist eine Anpassung nur gefordert, wenn durch den Erhalt des
Bestandes eine Gefahr besteht, die anderweitig als durch Anpassung nicht abgewehrt werden kann.
Für diesebezügliche Anlagen enthält gleiche VDE im Abschnitt C Anpassungsforderungen.
Eine Verlegung von in Betrieb befindlichen und vom EVU in Betrieb gesetzten Verteilern über Treppenstufen ist darin nicht benannt und offensichtlich keine so gravierende Gefahr, daß ein solcher Umbau in bestehenden Gebäuden wie privaten Einfamilienhäusern allgemein gefordert werden kann.
Die Entsprechende grundsätzliche gesetzliche Anordnung dazu sind in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit (Bek. BMA vom 05.07.1991 - III b 5 - 30013 ) gegeben, wo Bezug nehmend auf den Einigungsvertrag eine
gleiche Rechtsauffassung hinsichtlich des Umgangs mit elektrischen Anlagen erläutert ist.
1. Die Anlage wurde bei geschätztem Baualter von 50 Jahren vom damaligen Energieversorger in Betrieb genommen, obwohl die Lage des Zählerplatzes am gleichen Ort über der Treppenstufe befindlich war.
Insofern zum Errichtungszeitpunkt diesbezüglich eine Forderung hinsichtlich Gestaltung der Zählernische bestand, gab es möglicherweise entsprechend baulicher Gefährdungsbeurteilungen Ermessensspielräume des EVU die dies zu
ließen und damit ebenfalls noch heute im Sinne Gefährdungsbeurteilung nach TRBS 1201 BetriebsichVO zu berücksichtigen sind.
Am 16.06.2004 ( entspechend Zählerschild an der Anlage ) erfolgte durch das damalige EVU XXXXX dessen Rechtsnachfolger das jetzige EVU XXXXXX hinsichtlich der Anschlüsse beim Privatkunden ist, ein Zählerwechsel, offenbar nach
Modernisierung des Zählerschrankes, laut Datenschild (Stiebel &John 2000). Zu dem Zeitpunkt galt TAB 2000 in der für Neuanlagen die Forderung bestand, TAB 2000 7.2.(2) Zählerschränke sind nicht vorzusehen über Treppenstufen.
Offensichtlich ist hier trotz neuem Zählerschrank das EVU der Auffassung gefolgt, daß es sich nicht um eine neue Anlage handelt und hat deshalb die TAB Forderung ebenfalls als nicht unumgänglich anwendbar angesehen.
2. Aus elektrotechnischer und baulicher Sicht, z.B. des Brandschutzes, weist die Front der Nische und des Zählerschrankes in Richtung abwärts laufender Treppe. Es befinden sich daher vor dem Schrank keine Gegenstände sondern ein baulich freier Raum. Am Ende der Treppe folgt der Hausflur, so daß Nutzungsbedingt aus oder in Richtung Treppe ebenfalls keine Gegenstände befindlich sind.
Im Falle eines Schadensereignisses mit Auswirkung auf die elektrischen Anlage, d.h. den Zählerschrank, im Betrieb, ist daher ausreichen freier Platz vor der Anlage vorhanden und die geforderten 1,20 m eingehalten, so daß aus dieser
Sicht keine höhere Schädigung zu erwarten ist als ohne Treppe.
Es handelt sich hier nicht um eine Neuanlage wie bereits dargestellt. Die Lage der Anlage ist durch die vorhandenen angeschlossenen Betriebsmittel, Kabel vom HAK EVU seitig und abgehenden Leitungen des Kunden im baulichen
Bestand vorgegeben. An den bestehenen Leitungen wurde nichts verändert. Ergänzte Leitungen entsprechen den technischen Regeln.
Daher war auch bereits 2000 die Abweichung des damals tätigen Installateurs von der TAB Forderung gerechtfertigt, da diese den behördlichen Forderungen und VDE entsprach, weil nur neu dazu gekommene Anlagenteile den aktuellen Vorschriften entsprechen müssen.
Der Ersatz eines alten, verschlissene in gleicher Bauart nicht mehr verfügbaren Zählerschrankes durch einen neuen Zählerschrank ist eine Reparatur und daher der Einbau an gleicher Stelle grundsätzlich zuzulassen.
Neu ist dann nur das Innenleben des Schrankes welches den aktuellen Vorschriften entsprechen muß. Dies wurde offensichtlich durch das damalige EVU XXXXX ebenso gesehen und dieser durfte auch über der Treppenstufe in Betrieb gehen.
Von meinen Mitarbeitern bzw. Kooperationspartner wurden im bestehenden Zählerschrank nur einzelne Betriebsmittel und zugehörige Leitungen ergänzt und es sollte durch die ENSO der Zähler von WS in DS gewechselt werden.
Daher ist auch hier kein Neubau einer Anlage erfolgt und sollte der Auffassung des EVU XXXXX von 2004 durch den Rechtsnachfolger XXXXXX gefolgt werden.
3. Die Forderung in TAB 2000 7.2.(2) beruht neben dem oben erwähnten Grund des freien Raumes vor der Verteilung aus energetischen Gründen ursächlich auf Gründen des Unfallschutzes beim Arbeiten in oder an elektrischen Anlagen, da hier die Gefahr bestehen kann, daß bei ungünstigen Platzverhältnissen eine Gefährdung für
an der Anlage arbeitende Personen beim Arbeiten bestehen kann, daher grundsätzlich berechtigt und für Neuanlagen nunmehr in VDE ARN 4101:2011-08 vorgeschrieben ist.
Es geht daher bei der festgestellten Abweichung, die vom Monteur als Mangel bezeichnet wurde, um eine Forderung die der Arbeitssicherheit dient.
VDE Normen sind grundsätzlich keine Gesetze sondern die Schriften eines privaten Vereins, deren Einhaltung durch das Energiewirtschaftsgestetz oder Berufsgenossenschaftliche Vorschriften, z.B. BGV A3 sanktioniert sind.
ENWG § 49 Anforderungen an Energieanlagen
(1) Energieanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist.
Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
(2) Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird vermutet, wenn bei Anlagen zur Erzeugung,
Fortleitung und Abgabe von 1. Elektrizität die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V., ...., eingehalten worden sind.
Bitte beachten Sie die Wortwahl im Gesetz "zu beachten" und "wird vermutet", die nicht zwingend erfordern, daß die VDE Regeln immer aktuell anzuwenden sind, sondern es auch ermöglichen Sicherheit durch andere technische Lösungen zu erreichen oder wie im konkreten Fall eine älteren Anlage, wo möglicherweise beim Arbeiten Gefährdungen auftreten können, dann ergänzend oder alternativ arbeitsorganisatorische Maßnahmen
anzuwenden.
Die Vermutungsklausel läßt es auch zu, bei Fehlern in VDE Schriften, deren es eine nicht unbedeutende Anzahl auch mit tödlichen Folgen (Erdung der Badewanne) gab und gibt Anzahl, oder in bestimmten z.B. baulichen Situationen auch davon abzuweichen, wenn das Ziel - Sicherheit - anderweitig erreicht wird, z.B. Installation sämtlicher mit CE
zertifizierten und gekennzeichneten Betriebsmittel auch wenn diese in Deutschland bisher nicht üblich sind, wie beispielsweise polarisierte Steckdosen oder spannungsabhängige RCD im Stecker als Zusatzschutz an ortsveränderlichen Geräten.
Grundlage für das Erreichen der Sicherheit ist weiterhin die BetriebssichVO, die grundsätzlich fordert, daß ein sicheres Arbeiten ermöglicht wird. Es ist korrekt das für Neubauten nach DIN 31000 - VDE 01000 daher in erster Linie technische oder bauliche Regeln gefordert werden, die dies ermöglichen, um den Menschen als unsicherer
Fehlerquelle möglichst auszuschalten, heute auch laut ASIGesetz, Produktsicherheitsgesetz.
Durch den Bereichsmeister Herrn XXXXXXX als auch den Monteur wurde mir fernmündlich bestätigt, daß ein einfacher Austausch eines WS Zähler in einen anderen WS Zähler im Rahmen des Zählerwechselprogramms an der Anlage
erfolgt wäre.
Ich gehe davon, daß in diesem Fall der Monteur entsprechend BetriebsichVO TRBS 1201 mit BGVA 3 und VDE 0105-100:2009-10, die Anweisung gehabt hätte, die Anlage entweder an der Netztrenneinrichtung ( SH-Schalter ) oder am HAK im Vorgarten durch Entfernen der NH - Sicherungen 35 A entsprechend den 5 Sicherheitsregeln in
Absprache mit dem Kunden freizuschalten. Damit wäre die Gefahr aus der elektrischen Anlage in einem Einfamilienhaus ohne Eigenerzeugungsanlage vollständig gebannt. Die Montage der Zähler ist dann eine Schlosserarbeit und wäre dann auch unter ungünstigeren Platzverhältnissen ohne Gefahr möglich gewesen.
Ob es sich dann bei der Montage um einen WS oder DS Zähler handelt ist hinsichtlich des Arbeitsschutzes dann wohl ohne Belang. Durch die angeführten Schalthandlung ist jederzeit die vorbeugende Gefahrenabwehr möglich
Meine Mitarbeiter bzw. Kooperationspartner als auch ich selbst bin beim Arbeiten an dieser Anlage auf diese Art und Weise vorgegangen, wobei Montagen und Messungen problemlos ohne Behinderung möglich waren.
Demgegenüber ist der Verweis auf die aktuellen Vorschriften für Neuanlagen und das Verlangen gegenüber dem Kunden diese durch einen erheblichen Umbau der Anlage umsetzen zu müssen eine unbillige Härte, die vom Kunden nicht geforderte werden kann, da die erforderliche gleichwertige Sicherheit entsprechend Gesetz durch eine einfache Schalthandlung ersetzt werden kann.
Entsprechend den immer wieder aufkommenden Diskussionen um das Thema "Bestandschutz" gehe ich davon aus, das im konkreten Fall meine Meinung auch der Meinung der zuständigen Mitarbeiter TAB der EVU im Arbeitskreis 1000 V des örtlichen VDE BV Dresden entspricht.
Ich bitte daher um schnelle Prüfung und Klärung der Angelegenheit im Sinne des Kunden, Vereinbarung eines neuen Termins und würde erwarten, daß meinem Kunden auch hinsichtlich des Termins am heutigen Tage keine Zusatzkosten von Seiten des EVU entstehen.

Ich gehe davon aus, daß sich dieser Sachverhalt mit Bezug auf ältere Anlagen problemlos auch auf Anlagen im alten Bundesgebiet transportieren und gegebenenfalls auch mit rechtlichen Mitteln mit Bezug auf den Versorgungsauftrag des EVU durchsetzen läßt.
A. B.

Nordrhein-Westfalen

18.11.2019

09:57 Uhr

Ich finde diese Beurteilung als absurd und Rechtsbeugend, weil, wie der Autor ja schon schrieb, die Sicherheit des EVU-Monteurs vorgeht.
Ich kenne diese Situationen aus meiner beruflichen Praxis. Wenn durch den Eigentümer der Anlage Maßnahmen ständig durchgeführt werden können, wodurch der Monteur sicher arbeiten kann, dann ist sicher nichts dagegen einzuwenden.
Die Praxis sieht leider anders aus, und man soll sich nicht wie ein Winkeladvokat in solch einem, für den Monteur gefährlichen Umfeld, wegen Kosten herauszuwinden versuchen...

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