Praxisfrage

Nachverlegung eines Neutralleiters

T. K. aus Schleswig-Holstein | 26.06.2020

Wir haben in einer Kundenanlage die Hauptverteilung getauscht und sind nun dabei, die einzelnen Hauptleitungen von NSHV »alt« auf »neu« umzuschwenken. Hier haben wir nun einen Abgang, bei dem ursprünglich ein NYY-J 4 x 95 mm² (3 x Außenleiter und 1 x Schutzleiter) verlegt wurde und später wohl zusätzlich separat ein 1 x 120 mm² als »N« nachverlegt wurde.

Ist so etwas zulässig und dürfen wir das auch so an die neue Anlage anschließen? In den VDE-Normen fand ich diesbezüglich nichts. Ich kenne es nur so, dass man einen »PE« separat nachverlegen darf, wenn das eigentliche Kabel keinen PE hat, also drei Phasen plus ein Neutralleiter.

T. K., Schleswig-Holstein

Expertenantwort vom 09.07.2020

Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltanlagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Errichtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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Kommentare aus der Community (1)

A. H.

Sachsen

01.07.2020

13:37 Uhr

Ein immer wieder aktuelles Thema: Vielleicht einmal zuerst zum Verbesserung des Verständnisses, eine Richtigstellung in der Fragestellung. "Bei dem ursprünglich ein NYY-J 4x95mm² (3P+PE)" verlegten Kabel wird es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen PE Leiter sondern um einen PEN Leiter gehandelt haben, Ausnahme es wäre ein dreiphasiger Umrichterantrieb ohne N gewesen. Damit entspräche die Leitung zum Zeitpunkt der Erstinstallation nicht den anerkannten Regeln der Technik, denn dann hätte der PEN Leiter zusätzlich mit blauer Markierung versehen werden müssen. Insofern wäre es an der Zeit den Zeitpunkt "0" erst einmal herzustellen. Nun gibt es das Problem, daß die DIN und VDE Vorschriften immer den Zustand beschreiben, der bei einer Neuinstallation vorgenommen werden muß, also Neubau oder bei bestehender Anlage, Komplettabriß und neue Errichtung.
Eine Beschreibung wie man von einer alten Anlage mit TN - C Netz durch Nachrüstung zu einer moderneren Anlage mit TN - S Netz kommt beschreiben die Normen leider nicht und werden das auch nicht tun. Hier ist nun der gesunde Menschenverstand gefragt und anderer "anerkannter Stand der Technik" auch wenn nicht in Normen aufgeschrieben.
Bei der schon vor einiger Zeit vorgenommenen beschriebenen Verbesserung handelt es sich nach meine Auffassung um eine Verschlimmbesserung. Grundsätzlich sollen aus Gründen der EMV, elektrischer Felder und Induktionen die Phasenleiter und der N immer nahe beieinander, d.h. im gleichen Kabel oder in unmittelbarer Nähe geführt werden. Man hätte also damals und müßte das jetzt korrigieren, wie schon erwähnt die PE Funktion aus dem Kabel herausnehmen und separat parallel dazu führen müssen. Das ist vielfach geübte Praxis und daher anerkannter Stand der Technik. Dazu gibt es vielfache Aufsätze z.B. im E-Tipp von Hensel, in anderen Fachzeitschriften, z.B. von mir oder auch im Netz, z.B. "diesteckdose.net". Im gegebenen Fall müßte also die bisherige als PEN und derzeit falsch als PE genutzte Ader an beiden Seiten mit blauer Markierung versehen und dieses in die Schaltpläne und Unterlagen vor Ort eingetragen werden als auch der + Anschluß als N vorgenommen werden.
Die bisher als N genutzte zusätzlich verlegte Ader muß mit grün-gelber Kennzeichnung versehen werden und als PE angeschlossen und bezeichnet werden. Damit ist die erforderliche Sicherheit vorhanden. Da eine Änderung der Anlage in dieser Form in den VDE Vorschriften nicht beschrieben ist, ist es auch müßig sich um nicht übereinstimmende Farben zu streiten. Die sichere Markierung der Funktionen muß anders erfolgen. Eine so geänderte Leitung kann auch angeschlossen werden.

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