Praxisfrage

Differenzstrom an neuer Maschine zu groß?

O. K. aus Hamburg | 08.07.2020

Wir haben in unserem Unternehmen einen neuen Palettenwickler erhalten. Dieser entspricht nach Herstellerzertifikat der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie EMV 2014/30/EG. Der Wickler ist mit einem Schukostecker ausgestattet und hat Einfahrtaschen zum Transport mit einem Flurförderzeug (Gabelstapler, etc.). Daher habe ich den Wickler als ortsveränderliches Gerät eingestuft. Der Differenzstrom liegt hier bei größer 10 mA, gemessen mit einer Leckstromzange mit Tiefpassfilter. Daher ist dieser bei Messung nach DGUV V3 durchgefallen.

Nach der Maschinenrichtlinie wird der Differenzstrom meiner Kenntnis nach nicht geprüft. Unternehmen sind aber zur Prüfung nach DGUV V3 verpflichtet. Welche Norm-Messungen müssen durchgeführt werden und wie ist der Differenzstrom größer 10 mA zu deuten?

O. K. Hamburg

Expertenantwort vom 16.07.2020

Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltanlagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Errichtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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Kommentare aus der Community (1)

A. H.

Sachsen

13.07.2020

09:32 Uhr

Die Anfrage behandelt einen von vielen Herstellern von elektrischen Anlagen mit FU vorsichtig ausgedrückt stiefmütterlich oder gar nicht behandelten Aspekt.
Die Angabe der zuständigen EU Richtlinien ist eindeutig unvollständig.
Durch den Anschluß, wie beschrieben mit Schukostecker, ist das Betriebsmittel zwar auch einen Maschine aber auch zum Anschluß an das
Niederspannungsnetz bestimmt und unterliegt damit auch den Bedingungen
der Niederspannungsrichtlinie der EU und damit dem vollen Anforderungspaket der IEC 60364, d.h. der Reihe VDE 0100 - XXX.
Unabhängig davon enthält auch die EN 60204-1, VDE 0113 Anforderungen an den Schutzleiter und an Ableitströme enthält bereits Ausgabe 2007 im Abschnitt 8.2.. Um nichts anderes handelt es sich bei den gemessenen Differenzströmen.
8.2.7. enthält Anforderungen an fahrbare Maschinen, 8.2.8 zusätzliche Anforderungen an elektrische Ausrüstungen mit Erdableitstrom größer 10 mA. 8.4 enthielt Maßnahmen zur Verringerung von Ableitströmen > 10 mA.
In der aktuellen Ausgabe 2019 sind ist lediglich die Nummerierung der Abschnitte geändert, 8.2.5., 8.2.6. und 8.2.3.
Bei Anschluß mit Schukostecker wäre zusätzlich ein zweiter PE Anschluß erforderlich 10 qmm,
Anschlußklemme dafür muß an Maschine vorhanden sein.
In Anschlußhinweisen und Betriebsanleitung muß Hinweis enthalten sein,
daß dieser nach 8.2.6 vorgenommen werden muß.
Als Maßnahme zur Reduzierung hoher Ableitströme sollte der Anschluß über einen eigene Transformator mit getrennten erfolgen.
Damit erfüllt der Palettenwickler nicht die Anforderungen der angegebenen
und nicht angegebenen Richtlinien.
Ich würde diesen zurückweisen oder Nachbesserung durch kostenlose Beistellung des in 8.3. empfohlen Transformators verlangen.
Die Frage nach welcher DGUV oder VDE geprüft werden muß, stellt sich somit erst einmal gar nicht.
Ansonsten ist es die Aufgabe des AG entsprechend BetriebSiVO für sichere
Betriebsmittel zu sorgen. Die dazu notwendigen Prüfungen müssen durch die zuständige VEFK, EFK nach TRBS 1201 festgelegt werden.
Ich würde empfehlen aus den genannten Vorschriften VDE 0105-100, VDE 0701-702 und VDE 0113 bei unterschiedlichen Angaben jeweils die schärferen Kriterien anzuwenden.

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