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Praxisfrage

Accesspoints in Fluchtwegen

In unseren Pflegeheimen sollen sogenannte Access-Points (AP) nachinstalliert werden. In einem Stockwerk sind drei Brandschutzbereiche vorhanden, durch die die eine Datenverkabelung verlegt werden soll. Die Access-Points sollen in den Fluren in bestimmten Abständen installiert und betrieben werden.

Nach unserer Recherche haben wir Folgendes herausgefunden: Gemäß MLAR, Abschnitt 3.2.1, Absatz 2 b dürfen elektrische Leitungen offen verlegt werden, wenn sie ausschließlich der Versorgung der Räume und Flure nach Abschnitt 3.1.1 dienen. Somit können die Zuleitungen zu den Access-Points ohne eine brandschutztechnische Abtrennung in den notwendigen Fluren verlegt werden. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Verlegung nicht brennbar ausgeführt wird. Trifft das tatsächlich in unserem Fall zu?

M. B., Baden-Württemberg

Expertenantwort vom 16.05.2024
Schmolke_Herbert
Dipl.-Ing. Herbert Schmolke

Studium der Energietechnik. Jahrelange Tätigkeit in einem größeren Planungsbüro für Großindustrieplanung und Sonderbau. Er war auch einige Jahre als Berufsschullehrer bei einem privaten Bildungsträger tätig. Seit über 15 Jahren im Einsatz bei VdS Schadenverhütung, Köln. Dort zuständig für die Anerkennung von Experten auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Mitarbeit in zahlreichen Normungsgremien und DKE-Arbeitskreisen.

MLAR, MBO

Technischer Hintergrund

Ein sogenannter »Wireless Accesspoint« oder »Accesspoint (AP)« ist eine Basisstation für kabellose Kommunikationsgeräte. Ein AP dient dabei als Schnittstelle zwischen drahtlos betriebenen Endgeräten (z. B. Tablets, Notebooks oder PCs) und dem Internet. In der Regel ist ein AP selbst über ein Kabel oder eine Leitung mit einem Local Area Network (LAN) oder direkt mit einem Anschlusspunkt für ein öffentliches Datennetz (Telefonnetz, Kabelfernsehnetz) verbunden.

Installation in Fluchtwegen

Die Erlaubnis, die Anschlussleitung für die APs in Fluchtwege verlegen zu dürfen, wird laut Leserfrage auf eine Aussage in der Muster-­Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) zurückgeführt. Dort heißt es zwar im Abschnitt 3.2.1, dass elektrische Leitungen nicht ohne weiteres in Fluchtwegen verlegt werden dürfen, aber im Satz 2 unter Punkt b) wird eine offene Verlegung dennoch mit folgenden Worten erlaubt: »Sie dürfen offen verlegt werden, wenn sie (…) b) ausschließlich der Versorgung der Räume und Flure nach Abschnitt 3.1.1 dienen.«

Die kurze Beschreibung hinsichtlich der Accesspoints zeigt jedoch im Grunde, dass man bei den Zuleitungen zu den APs kaum von einer ausschließlichen Versorgung der Fluchtwegbereiche sprechen kann. Insofern kann die zuvor erwähnte Erlaubnis, die Zuleitungen zu den APs offen zu verlegen, nicht mit Aussagen aus MLAR, Abschnitt 3.2.1 Satz 2 unter Punkt b) begründet werden.

Eine weitere Frage ist, ob die APs selbst in Flucht- und Rettungswegen montiert werden dürfen, da man davon ausgehen darf, dass diese aus brennbarem Material bestehen, das im Brandfall für eine erhebliche Verrauchung des Flucht- und Rettungswegs sorgen könnte. Immerhin sollten z. B. in notwendigen Fluren nach § 36 MBO keine brennbaren Baustoffe vorkommen. Natürlich ist ein AP kein Baustoff, aber was für die Bekleidungen, Putze, Unterdecken und Dämmstoffe in diesen Fluren gilt, muss logischerweise auch für an der Wand montierte Geräte gelten.

Natürlich sollte es möglich sein, in einem Flurbereich Schalter, Steckdosen, Taster, Druckknopfmelder, Parallelanzeigen für Brandfrüherkennung, Anzeigeleuchten, Geräte der Eintrittskontrolle und möglicherweise auch Accesspoints (APs) aus brennbarem Material unterzubringen, wenn sie nicht gehäuft im Fluchtwegbereich vorkommen und durch sie eine Gefahr der Brandentstehung und Brandausweitung kaum zu erwarten ist. Bei den APs wird diese Frage jedoch kontrovers diskutiert. Einige Betreiber von Sonderbauten (wie Krankenhäuser, Schulen und Pflegeheimen) gehen auf »Nummer sicher« und montieren die APs in den Räumen, die an den Fluchtwegen angrenzen. Auch die Zuleitung zu den APs wird dann außerhalb des Fluchtwegs geführt.

Fazit

Wenn man bedenkt, dass Sonderbauten stets einer behördlichen Überwachung unterliegen, die in der Regel eine wiederkehrende Prüfung durch staatlich bzw. baurechtlich anerkannte Sachverständige (Prüfsachverständige) beinhaltet, ist es im konkreten Fall mehr als sinnvoll, dies vorab mit dem Prüfsachverständigen zu besprechen, der vor Ort die Gefährdung bewerten kann.

Diese Vorgehensweise entspricht im Übrigen auch der Anforderung nach § 67 MBO (Abweichungen), wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass begründete Ausnahmen und Abweichungen möglich sind, wenn sie »(…) unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, … vereinbar ist«.

Herbert Schmolke

PP24052


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