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Praxisfrage

Änderung an ortsveränderlichen Betriebsmitteln

Als Trinkwasserversorger reinigen wir regelmäßig unsere Behälter und die zuführenden Rohrleitungen. Hierzu müssen Kollegen bis zu 100 m in die Rohrleitung hinein gehen (bis zum ersten Absperrorgan). Für die Reinigung bzw. für das Entleeren der Rohr­leitungen wurde bisher eine 230-V-Tauchmotorpumpe mit 0,75 kW mit einem 10-m-Anschlusskabel genutzt, an welche unsere Betriebselektriker 100 m Gummikabel H07RN-F 3G2,5 mittels Schrumpfmuffe »angemufft« haben. Die Pumpe wird über einen Trenntransformator mit 1-2 kVA von außerhalb des Behälters versorgt und im Zuge der Reinigung immer wieder in der Rohrleitung versetzt (= kein ortsfester Einsatz).

Meine Fragen:

  • Wie lang darf die Zuleitung an einem ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmittel maximal sein? Ist hier nur der Höchstwert von 1 Ω für den Schutzleiterwiderstand aus der EN50678 maßgebend?
  • Stellt die Änderung der Kabellänge eine Änderung der Bauart dar, und welche rechtlichen Konsequenzen entstehen hieraus?
  • Wie kann bzw. muss ich den Schutz bei Auftreten eines Kurzschlusses im Gerät oder am Ende der Zuleitung nachweisen? Wasserstrahl- oder luftbetriebene Pumpen als Substitution gemäß Stopp-Prinzip, wurden für diesen Anwendungsfall durch unsere Wassermeister ausgeschlossen. Interne wie externe Fachkollegen, mit denen ich gesprochen habe, haben genauso wie ich auch »Bauchschmerzen« bei der bisherigen Lösung – aber keiner konnte mir den entscheidenden Hinweis aus der Normenwelt liefern.

S. B., Nordrhein-Westfalen

Expertenantwort vom 25.04.2024
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Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

DIN EN 60335-2-41 (VDE 0700-41), DIN EN 50678 (VDE 0700), DIN VDE 0100-706, DIN VDE 0100-410 , DIN VDE 0100-600 und DGUV 113-004

Not macht erfinderisch?

Auch wenn dieses alte Sprichwort irgendwie passt, mir bleibt ein sehr ungutes Gefühl, wenn ich Ihre Ausführung mit der Muffe betrachte. Die »Veränderung« von elektrischen Betriebs- oder Verbrauchsmitteln ist ein sehr heikles Thema. Fakt ist aber, dass in jedem Fall durch die vorgesehenen Maßnahmen die Gewährleistung vom Hersteller der Tauchmotorpumpe erlischt, was sicher das geringste Problem wäre. Vielleicht ließe sich das mit dem Hersteller abklären.

Normative Vorgaben

Stichwort: Leitungslänge

Solche Tauchmotorpumpen müssen üblicherweise der DIN EN 60335-2-41 (VDE 0700-41) entsprechen. Im Abschnitt 25.8 von DIN EN 60335-2-41 (VDE 0700-41):2023-06 ist zur Leitungslänge folgendes festgelegt: »Die Netzanschlussleitung von Tauchmotorpumpen, die zur Verwendung im Freien bestimmt sind, ausgenommen Pumpen der Schutzklasse III, muss eine Länge von mindestens 10 m haben oder mindestens 3 m länger sein als die auf der Pumpe angegebene maximale Betriebstauchtiefe, je nachdem welcher Wert größer ist.«

Die Leitungslänge wird also normativ nicht direkt begrenzt. So betrachtet könnte man vom Hersteller eine entsprechend konfektionierte Tauchmotorpumpe mit entsprechender Leitungslänge ordern, sodass keine Muffe erforderlich wäre, wobei ich die Muffe als solches – wie bereits erwähnt – etwas fragwürdig betrachten möchte.

Stichwort: Trenntransformator

Soweit ich das Ihren Ausführungen entnehmen kann, dürfte es sich um einen leitfähigen Bereich mit begrenzter Bewegungsfreiheit handeln, für welchen auch die DIN VDE 0100-706 mitzubeachten ist. Durch das Verwenden eines Trenntransformators, der außerhalb der Rohrleitungen platziert wird, haben Sie die Anforderungen von Abschnitt 706.410.3.3 von DIN VDE 0100-706: 2021-06 erfüllt, wo folgendes gefordert wird: »Schutztrennung für die Versorgung von nur einem elektrischen Verbrauchsmittel in Übereinstimmung mit DIN VDE 0100-410:2018-10, Abschnitt 413.«

Im oben zitierten Abschnitt 413 von DIN VDE 0100-410:2018-10 gibt es Anforderungen für den Fehlerschutz, der durch die Schutzmaßnahme »Schutztrennung mit einem Verbraucher pro Trenntransformator« erfüllt wird. Somit ist nur die Vorgabe für den maximalen Schutzleiterwiderstand von 1 Ω aus Abschnitt 5.3 von DIN EN 50678 (VDE 0700):2021-02 zutreffend.

Da aber die Tauchmotorpumpe mit der Schutzmaßnahme Schutztrennung mit einem Verbraucher betrieben wird, dürfte diese Widerstands-Vorgabe nicht relevant sein. Der im Kabel/in der Anschlussleitung enthaltene Schutzleiter muss nämlich in Ihrem Anwendungsfall keinen Fehlerschutz erfüllen und darf auch keine Verbindung mit einem geerdeten Schutzleiter haben. Der Anschluss, des in der Anschlussleitung befindlichen Schutzleiters an der Tauchmotorpumpe selbst, dürfte dabei aber unproblematisch sein.

Probleme könnten sich nur ergeben, wenn die Tauchmotorpumpe mit der Anschluss­leitung von 100 m unsachgemäß für andere Zwecke, d.h. ohne Trenntransformator, zum Einsatz kommen würde, dann wäre der maximal zulässige Widerstand für den Schutzleiter von 1 Ω, aus Abschnitt 5.3 von DIN EN 50678 (VDE 0700):2021-02 zutreffend.

Darin würde ich aber auch kein Problem sehen, wenn Sie sich vom Hersteller eine Tauchmotorpumpe mit einer Leitungslänge von 100 m und einem Leiterquerschnitt von 2,5 mm2 konfigurieren ließen. Es würde sich damit ein Schutzleiterwiderstand von ca. 760 mΩ ergeben und somit wäre auch für diesen Fall die normative Anforderung erfüllt. Übrigens: Der Schutzleiterwiderstand wurde mit Tabelle A.1 von DIN VDE 0100-600:2017-06 ermittelt.

Bezüglich des Schutzes bei Kurzschluss sei angemerkt, dass die Leitung nach Überlast dimensioniert werden kann/darf, d.h., wenn man dem Leiterquerschnitt von 2,5 mm2 eine Überstrom-Schutzeinrichtung hinter dem Trenntransformator von vielleicht 6 A oder 10 A zuordnet, dann kann dieser Querschnitt auch bei einen Kurzschluss geschützt werden, auch wenn die Auslösung erst im Überlastbereich erfolgt. Die Leiter werden in keinem Fall höher als 60 °C oder 70 °C erwärmt, abhängig von der Isolation.

Selbst wenn die Tauchmotorpumpe zweckentfremdet ohne Trenntransformator verwendet wird, wäre die Leitung geschützt, da die Schutzeinrichtungen im fest errichteten Steckdosenstromkreis nicht höher als mit 16 A ausgewählt werden dürfen. Probleme könnte es nur beim Betrieb ohne Trenntransformator mit dem Fehlerschutz geben, da noch nicht alle Steckdosen mit dem zusätzlichen Schutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom nicht größer als 30 mA geschützt sind, so dass es mit der automatischen Abschaltung im Stromkreis Probleme geben könnte. Ein Hinweis an der Tauchmotorpumpe, dass diese nur mit Trenntransformator oder mit einer PRCD verwendet werden darf, wäre sicher eine gute Vorsichtsmaßnahme.

Alternative Möglichkeit

Nach Abschnitt 4.10.3 von DGUV Regel 113-004 »Behälter, Silos und enge Räume« von 2019-02 gibt es noch eine andere Möglichkeit, die wie folgt lautet: »Ortsveränderliche Stromquellen müssen außerhalb des Bereiches mit erhöhter elektrischer Gefährdung aufgestellt werden. Ist dies aus technischen Gründen nicht möglich, z.B. bei sehr langen Rohrleitungen, Kanälen, Kasten­trägern usw. darf im Einzelfall die Stromquelle (d. h. der Trenntransformator) innerhalb des Bereiches mit erhöhter elektrischer Gefährdung aufgestellt werden, wenn die Zuleitung

  • geschützt verlegt und vom Typ H07RN-F oder H07BQ-F und
  • über eine RCD mit IΔn ≤ 30 mA betrieben wird.«

Ob diese Möglichkeit Ihr Problem sinnvoll lösen kann, kann ich nicht beurteilen. Es dürfte aber eine einfachere Lösung sein, da an der Tauchmotorpumpe keine Änderungen (weder Muffe noch längere Anschluss­leitung) vorgenommen werden müssten.

Fazit

Die vorgesehene »Muffen-Lösung« würde ich, wegen der Erfüllung der Niederspannungsrichtlinie, nicht in Betracht ziehen. Diese Lösung wird normativ nicht abgedeckt.

Werner Hörmann

PP24046


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