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Worauf man bei der Schirmung achten sollte

Frequenzumrichter und Motoren EMV-gerecht anschließen

Auf einen Blick

Schirmung Kommt es auf die EMV-Eigenschaften an, sollte man ­eigens dafür ausgelegte Steckverbinder nutzen, keine CEE-Stecker Großflächig Die bestmögliche Schirmung erreicht man nur, wenn das Schirmgeflecht rundherum mit dem Stecker verbunden ist

Muss ein Stecker besonders abgeschirmt sein, wenn das Kabel abgeschirmt ist? Diese Frage stellt sich insbesondere im ­Zusammenhang mit den Leitungen, die ­Frequenzumrichter und Motoren in der Industrieautomatisierung verbinden. Die einfache Antwort auf diese Frage: Im Prinzip ja. Allerdings hängt es immer vom Anwendungsfall ab, ob man einen EMV-dichten ­Stecker braucht. Es gibt Fälle, wo geschirmte Kabel mit »normalen« Steckergehäusen ohne Störungen anderer elektronischer Komponenten Dienst tun.  

Digitalisierung vergrößert EMV-Probleme

Doch diese Fälle werden weniger. Generell hat die Digitalisierung und Automatisierung in Fabriken zur Folge, dass immer mehr Kabel für viele verschiedene Funktionen und für Leistung, Signale und Daten auf engem Raum verlegt werden. Gerade bei der Verbindung von Frequenzumrichter und Motor ist EMV definitiv ein wichtiges Thema. Dort zeigt sich, dass die Abschirmung einer elektrischen Verbindung immer nur so gut ist wie ihr schwächstes Glied. Und das ist oft der Stecker oder der Übergang vom Kabel zum selbigen. Die Ansicht vieler Praktiker, sie hätten mit einem abgeschirmten Kabel schon genug für die elektromagnetische Verträglichkeit getan, ist deshalb leider ein Irrtum. Zu einer Verbindung gehört eben nicht nur das Kabel, sondern auch der Stecker und ggf. die Kabelverschraubung, und alle Komponenten müssen den gleichen Anforderungen genügen. Wird ein ungeschirmter Stecker eingesetzt, wirkt er wie ein offenes Tor für elektromagnetische Einflüsse, was zu Störungen an verschiedenen Stellen führen kann.

Vorsicht bei CEE-Steckern

Bild 1: Steckverbinder mit großen metallischen Flächen und durchgängigen elektrischen 
Verbindungen bieten eine sehr gute Abschirmung
Bild 1: Steckverbinder mit großen metallischen Flächen und durchgängigen elektrischen Verbindungen bieten eine sehr gute Abschirmung

Was sollte man tun, was sollte man lassen, wenn man einen elektrischen Antrieb in der Produktionszone mit einer Steuerung im Schaltschrank verbindet und vermeiden möchte, dass die Impulse in andere Leitungen streuen, oder Impulse von anderen Verbindungen eingestreut werden? Lassen sollte man auf jeden Fall den Vorsatz, den Anschluss am Schaltschrank über einen CEE-Stecker auszuführen. Diese haben keine Schirmung und sind für solche Einsatz­zwecke nicht gedacht. Ebenfalls fraglich ist die Verwendung von Ausgangsfiltern, die hinter dem Frequenzumrichter den Einsatz eines ungeschirmten Motoranschlusskabels an einem CEE-Stecker erlauben sollen. Das erhöht den technischen Aufwand, und man kann dennoch nicht sicher sein, dass alles gut zusammenspielt. Die bessere Alternative ist und bleibt eine gute Abschirmung des gesamten Systems einschließlich Stecker. Dafür gibt es robuste, eigens für EMV-kritische Anwendungen geeignete Industriestecker, die verschiedene Hersteller im Angebot haben. Solche Stecker liefern gute Abschirmwerte, wenn die Verbindung des Kabels mit dem Stecker und insbesondere der Anschluss der Schirmung sorgfältig ausgeführt werden. Das ist leider nicht so einfach wie es sich anhört. Denn ein Steckergehäuse schirmt nur hundertprozentig ab, wenn das Schirmgeflecht rundherum mit ihm verbunden ist. Das klingt zunächst übertrieben, denn diese Steckergehäuse bestehen ja aus Metall, und da sollte es doch ­genügen, wenn man das Schirmgeflecht an irgend einer Stelle mit dem Stecker verbindet.

Kontakt über die ganze Fläche

Bild 2: Bei dieser Kabelverschraubung fixieren 
tausende von ringförmig angeordneten Bürstenhärchen den Schirm
Bild 2: Bei dieser Kabelverschraubung fixieren tausende von ringförmig angeordneten Bürstenhärchen den Schirm

Dem ist allerdings nicht so. Für eine bestmögliche Abschirmwirkung des Steckergehäuses muss der Übergangswiderstand zwischen Geflecht und Erdpotential möglichst niederohmig sein. Und das muss über die gesamte Fläche des Steckergehäuses so sein. Ein Schirmgeflecht, das zu einer »Wurst« verdrillt und nur über wenige feine Drähtchen an einem Punkt im Steckergehäuse fixiert ist, reicht für die immer empfindlicher werdenden elektronischen Geräte nicht. Klassische Steckerkonstruktionen, auch wenn sie extra EMV-dicht sein sollen, sind dabei nicht ideal, denn auch dort sind Geflecht und Gehäuse nur punktuell miteinander verbunden. Besser ist es, wenn das Schirmgeflecht rundherum möglichst großflächig Kontakt hat. Diese Idee liegt z.B. dem Steckverbinder »Epic Ultra« (Bild 1) und der Kabelverschraubung »Skintop MS-M Brush« (Bild 2) von Lapp zugrunde. Während üblicherweise die Fixierung des Schirmes mit einer Feder realisiert wird, übernehmen dies bei der »Skintop MS-M Brush« tausende von ringförmig angeordneten Bürstenhärchen.

Bild 3: Die Schirmdämpfung einer EMV-Kabelverschraubung
Bild 3: Die Schirmdämpfung einer EMV-Kabelverschraubung

Der große variable Klemmbereich macht die Montage, Demontage und Zuordnung einfacher und schneller. In einem Arbeitsgang wird das Kabel zentriert, fixiert, zugentlastet und hermetisch abgedichtet. Ströme, die durch Störsignale von außen einstreuen, werden über die hoch leitfähige und 360° rundherum laufende Bürstenschirmung abgeleitet. Bei dieser Kabelverschraubung ist die Kontaktfläche sehr groß und der elektrische Widerstand zwischen Kabelschirm und Erdpotential extrem gering (Bild 3). Nur dann kann das Steckergehäuse als faradayscher Käfig wirken und Störsignale von außen sicher fernhalten. Das Metallgehäuse des Rechtecksteckers »Epic Ultra« ist ver­nickelt, die Dichtung wurde nach innen verlegt, so dass sich die beiden metallischen Gehäuseteile großflächig berühren. Ebenfalls wichtig, leider aber mitunter vergessen: Diese Art der Schirmkontaktierung muss an beiden Enden des Kabels stattfinden, beide müssen mit dem Erdpotential verbunden sein, denn das schwächste Glied bestimmt, wie gut am Ende die Abschirmung ist. Das ist besonders für die Übertragung hochfrequenter, empfindlicher Signale wichtig.

Trend zu Fertigkonfektionen

Bild 4: Diese konfektionierten Leitungen werden in einem teil­automatisierten Prozess ­gefertigt; dabei erfolgt eine vollständige 360°-Schirmanbindung
Bild 4: Diese konfektionierten Leitungen werden in einem teil­automatisierten Prozess ­gefertigt; dabei erfolgt eine vollständige 360°-Schirmanbindung

Ein relativ neuer Trend in der Verkabelung ist die steigende Nachfrage nach Fertigkonfek­tionen. Hier liefert der Hersteller nicht einzelne Komponenten, sondern fertige Systeme. Lapp hat neuartige Konfektionen für den Anschluss von Servoantrieben entwickelt, die gerade bei der EMV-Abschirmung sehr gute Ergebnisse liefern. Hier werden Stecker und Kabel in einem teilautomatisierten Prozess verbunden. Dabei erfolgt eine vollständige 360°-Schirm­anbindung (Bild 4). In der Praxis sparen diese Leitungen Zeit bei der Installation und vermeiden späteren Ärger mit Maschinenausfällen aufgrund elektromagnetischer Störungen.

Über die Autoren
Autorenbild
Erik Büchner

Produktmanager bei der U. I. Lapp GmbH

Autorenbild
Erdinc Bozoglu

Produktmanager bei der U. I. Lapp GmbH

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