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Hochgeschwindigkeits-Datennetze im Kommen

»Need for Speed« in Rechenzentren

Auf einen Blick Hochgeschwindigkeitsnetze Vorwiegend in Rechenzentren und Serverumgebungen reichen 1 Gbit/s oder 10 Gbit/s häufig nicht aus. Der nächste Schritt ist 25 Gbit/s und 40 Gbit/s über Kupferkabel
Die Netzwerkinfrastruktur im Rechenzentrum unterliegt einem enormen Wandel, der von den wachsenden Anforderungen an Bandbreite und Netzwerkperformance vorangetrieben wird. 10 Gigabit Ethernet ist inzwischen zum De-facto-Standard im Rechenzentrum geworden. Doch auch 40 GbE findet bereits zunehmend Verbreitung.

40 Gigabit Ethernet – Alternativen auf der physikalischen Ebene

Während Standards für 40 GbE über Singlemode-Glasfaserkabel und MPO-basierte Multimode-Glasfaserkabel bereits seit längerem existieren, haben die Normungsgremien auch für Twisted-Pair-Kupfer-Verkabelungssysteme Spezifikationen herausgegeben.

Singlemode-Glasfaser (SMF)

Aufgrund ihrer großen Reichweite und überlegenen Übertragungsleistung ist die SMF für den 40 Gbit/s Datentransport bis zu einer Entfernung von 10 km (40GBASE-LR4) spezifiziert. Die Übertragung erfolgt mit elektronischen und optischen Komponenten über vier Kanäle mit jeweils 10 Gbit/s auf verschiedenen Wellenlängen. SMF ist die bevorzugte Wahl, wenn das Budget keine Einschränkung darstellt, bzw. größere Übertragungsreichweiten gefordert sind.

Multimode-Glasfaser (MMF)

Die Multimode Glasfaser mit der parallel­optischen MPO-Schnittstelle ist heute das populärste Medium für 40 Gbit/s Ethernet (40GBASE-SR4). Die Netzwerk-Komponenten sind im Vergleich zur SMF preiswerter, und alle typischen Linklängen in einem Rechenzentrums-Netzwerk (bis zu 100 m bei OM3 Fasern und 150 m bei OM4 Fasern) werden abgedeckt.

Twinax- und Backplane-Kupfer

Bild 1: Twinaxialstecker für Twinaxial-Kabel
Bild 1: Twinaxialstecker für Twinaxial-Kabel
Für kurze Strecken bis 7 m definiert der 40GBASE-CR4-Standard die Verwendung von twinaxialen Kupferkabeln (Bild 1). Typischerweise werden damit benachbarte Netzwerkgeräte direkt miteinander verbunden.

Blade-Server innerhalb eines Cages ermöglichen einen schnellen Datenaustausch über ihre Backplane. Auch hier gibt es bereits seit 2010 einen 40 GBE-Standard, namens 40GBASE-KR4.

Twisted-Pair-Kupfer

Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich strukturierte Kupfer-Verkabelungssysteme weiter auf dem Markt behaupten und auch bei 25/40 Gbit/s-Ethernet eine wichtige Alternative zu Glasfaserverbindungen bilden werden. Aller Voraussicht nach behält das Twisted-Pair-Kupferkabel seinen Kostenvorteil gegenüber der Glasfaser, zumindest für die nächsten Jahre. Auch geht man davon aus, dass sich Kupferkabel leichter verlegen und warten lassen.

Wesentlicher Vorteil ist natürlich die Möglichkeit, Energie über ein Kupferkabel, sprich die Steuer- oder Versorgungsspannung eines aktiven Endgerätes, zu übertragen, ein wesentlicher Aspekt, der immer mehr an Wichtigkeit gewinnt. Daneben zählen auch die Abwärtskompatibilität und die Fähigkeit zur Autonegotiation der BASE-T-Netzwerkstandards über Twisted-Pair Kabel. Damit ist es Unternehmen möglich, ihre Netze schrittweise auf höhere Übertragungsgeschwindigkeiten aufzurüsten und damit ihre CapEx (Capital Expenditures = Investitionsausgaben) besser unter Kontrolle zu behalten.

2012 hatte die IEEE ein offizielles Projekt zur Ausarbeitung des 40GBASE-T Standards über Twisted-Pair Kabel ins Leben gerufen (und später mit 25 GBE erweitert). Die anderen Normungsgremien wollen dabei nicht ins Hintertreffen geraten, und so hat die ANSI/TIA an den Spezifikationen für »Category 8« Verkabelungssysteme gearbeitet, die sich für die 40GBASE-T Datenübertragung eignen. ISO/IEC hatte ein ähnliches Projekt auf den Weg gebracht, das zwei Varianten von Verkabelungssystemen spezifiziert, die 40 GBASE-T unterstützen.

Diese neuen Verkabelungssysteme werden als Class I (mit CAT 6A-artigen Komponenten höherer Leistungsfähigkeit), und Class II (mit CAT 7A-artigen Komponenten höherer Leistungsfähigkeit) bezeichnet. Darüber hinaus definiert ISO/IEC Leitfäden für den Betrieb einer 25GBASE-T (ISO/IEC TR 11801-9905) und einer 40GBASE-T (ISO/IEC TR 11801-9901) Applikation, als so genannte »Technische Regeln«. Darin enthalten sind die absoluten Mindestanforderungen an eine Verkabelung, und zusätzlich werden die Möglichkeiten aufgezeigt, die bereits vorhandenen Verkabelungssysteme der Klassen EA und FA hierzu bieten.
Autonegotiation
Autonegotiation bezeichnet ein Verfahren, das es zwei miteinander verbundenen Ethernet-Netzwerkports (z.B. den Netzwerkports eines Computers und denen des Routers, Hubs oder Switches, mit dem dieser z.B. verbunden ist) erlaubt, selbstständig die maximal mögliche Übertragungsgeschwindigkeit und das Duplex-Verfahren miteinander auszuhandeln und zu konfigurieren. Das Verfahren gilt nur für Mehrdrahtverbindungen (Twisted-Pair-Kabel) – nicht aber für WLAN-, Glasfaser- oder Koaxialkabelverbindungen.

Übertragungsbandbreite bei 40GBASE-T-Ethernet

Eine der Schlüsselaufgaben bei der Definition des Ethernet-Standards besteht darin, die geeignete HF-Bandbreite für die Kommunikation zu bestimmen. So arbeitet 10GBASE-T mit einer Bandbreite von 400 MHz, das bedeutet, dass jedes Hertz des HF-Spektrums in etwa 25 Bits binärer Daten überträgt. Das heißt die Kanalnutzung beträgt 25 Bit/Hz. ­Mit komplexeren und Modulationsverfahren höherer Ordnung lässt sich die Kanalkapazität besser ausnutzen.

Allerdings gibt es eine obere Grenze der Datenrate, die als Shannon-Kapazität bezeichnet wird. Diese Grenze wird durch elektromagnetische Störungen im Übertragungskanal bestimmt. Solche Störeinflüsse kommen von außerhalb und innerhalb des Kabels.

Beispiele für Störquellen innerhalb der Adernpaare sind Nebensprechen (Crosstalk) und Rückflussdämpfung (Return Loss). Auf der physikalischen Ebene – der Geräteebene – werden ausgeklügelte Signalverarbeitungsverfahren angewendet, um die negative Wirkung der internen Störquellen zu erfassen und auszuschalten und damit die erreichbare Übertragungskapazität weiter zu erhöhen. Der Preis dafür ist allerdings ein ­höherer Stromverbrauch, der zu vermehrter Wärmeentwicklung führt.

Die Lehre aus 10GBASE-T

Der hohe Stromverbrauch war der entscheidende Grund dafür, dass die Marktannahme von 10GBASE-T nach der Normveröffentlichung im Jahre 2006 entgegen aller Prognosen recht schleppend verlief. Mit Neuerungen im Design und den Fortschritten in der Halbleitertechnologie konnten diese Probleme weitestgehend behoben werden. Vor dem Hintergrund der negativen Erfahrungen mit 10GBASE-T haben die Experten, die sich mit der Ausarbeitung des 40GBASE-T Standards befassen, kein sonderlich großes Verlangen, die Nutzung der Kanalkapazität signifikant zu erhöhen. 40 Gbit/s überträgt viermal so viele Daten wie 10 Gbit/s.

Eine Möglichkeit, noch mehr Daten ohne wesentliche Änderung der Modulationsdichte (Kanalnutzung) herauszuholen, besteht darin, die Bandbreite zu erhöhen. In diesem Fall bedeutet das eine Erhöhung von 400 MHz auf 1600 MHz – und genau darauf waren die ersten Entwürfe der Verkabelungsstandards auch ausgelegt. Mittlerweile sind aber die 2000 MHz festgeschrieben. Leider gibt es bei einer Erhöhung der Bandbreite von Twisted- Pair Kabeln ein Problem: Mit höherer Frequenz wird das ­Signal stärker bedämpft. Das bedeutet, das empfangene Signal ist bei 2000 MHz erheblich schwächer als bei 100 MHz. Durch dieses Phänomen ergeben sich Begrenzungen hinsichtlich der Kabellänge.

Bei einem 100 m langen Kabel würde das Empfangssignal förmlich im Rauschen untergehen. Daher ist es unerlässlich, bei der maximalen Streckenlänge einen Kompromiss einzugehen.

Im Ergebnis dieser Betrachtungen steht Folgendes:
  • 40GBASE-T nutzt ein Bandbreitenspektrum von 1 MHz bis ca. 2000 MHz
  • Die maximale Kabellänge liegt bei 30 m
  • Der Verkabelungskanal ist für zwei Steckverbinder spezifiziert
Die gute Nachricht dabei ist, dass die meisten Verbindungen im Rechenzentrum diese 30 m Begrenzung nicht überschreiten. Studien haben gezeigt, dass mehr als 80 % der Link­längen im Rechenzentrum 30 m bzw. kürzer sind und daher die Vorteile von 40 GBASE-T genutzt werden können.

Feldtests von 40 Gbit/s Kupferverkabelungen

Während die Verkabelungstechnologien und die Halbleitertechnik die strukturellen Grundlagen für die Unterstützung von 40 Gigabit Ethernet über Twisted-Pair Kupferkabel absichern können, hängt eine breite Marktakzeptanz jedoch noch von weiteren Faktoren ab. Einer der Schlüsselfaktoren ist die Verfügbarkeit von Messgeräten für den Feldeinsatz, um die installierte Verkabelung hinsichtlich ihrer Eignung zur 40 GbE Übertragung zu charakterisieren und zu zertifizieren.

Das Messgerät der »WireXpert«

Bild 2: Zertifizierer »WireXpert« für Messungen an Datennetzen bis 2500MHz; Quelle: Softing
Bild 2: Zertifizierer »WireXpert« für Messungen an Datennetzen bis 2500MHz; Quelle: Softing
Dieses Messgerät (Bild 2) war der erste Verkabelungszertifizierer der es möglich gemacht hatte, Verkabelungssysteme bis hinauf in den 40BASE-T-Bereich an das Unternehmensnetzwerk oder ein Rechenzentrum zu zertifizieren. Eine schnelle Messtechnik und die intuitive Bedienung, ermöglichen dem Netzwerkinstallateur genaueste und schnelle Abnahmemessungen.

Dieses Messgerät ist heute schon bereit, alle neuen Verkabelungsstandards wie CAT8 und ISO Class I & II zu unterstützen. Führende Kabel- und Komponenten Hersteller nutzen den WireXpert 4500 bereits in ihren Entwicklungsabteilungen für die Bewertung von neuen CAT-8-Verkabelungssystemen (Class I & II).

Mess-Adapter für den Zertifizierer

Bild 3: Messadapter für den Permanentlink am Kabelzertifizierer »WireXpert«; Quelle: Schobert
Bild 3: Messadapter für den Permanentlink am Kabelzertifizierer »WireXpert«; Quelle: Schobert
Da vor kurzem die ersten RJ45-Cat8-Systeme namhafter Hersteller vorgestellt wurden, bietet Softing IT Networks als Anbieter dieser Messtechnik nun auch die passende Messlösung in Form eines Cat-8-Permanent Link Messadaptersatzes für den »WireXpert«-Verkabelungszertifizierer an (Bild 3). Die Auslieferung beginnt im dritten Quartal 2018, vermutlich zeitgleich mit der Verfügbarkeit der entsprechenden Verkabelungskomponenten. Der Adaptersatz arbeitet in Verbindung mit jedem »WireXpert« 4500 im Feld oder »WireXpert« 500 mit nachträglicher Aufrüstung auf 2500 MHz Bandbreite.

Neue Grenzwerte in der Übertragungstechnik

Da die amerikanischen Normen nur von ­einem RJ45-Steckgesicht ausgehen, gibt es keine doppelten 2000-MHz-Standards wie bei ISO/IEC, die mit RJ 45 und den klassischen 7A-Steckgesichtern (TERA, GG45, …) an den Start gehen.

Einfügedämpfung

Da die Einfügedämpfung (Bild 4) ein wesentlicher Hochfrequenzparameter ist, der sowohl frequenz-, als auch längenabhängig ist, wird die maximale Betriebslänge für Cat 8 und Class I & II Strecken auf 2000 MHz und 30 m gerechnet, um sicherzustellen, dass 40-Gbit-Ethernet noch mit lesbarer Amplitude am Ende der Strecke ankommt. Dies führt zu den ­Kurven mit flacherem Verlauf wie bei den niedrigeren Standards, die von 100  m Kanal­länge ausgehen.
Bild 4: Einfügedämpfung, Vergleich der Grenzkurven aller Klassen
Bild 4: Einfügedämpfung, Vergleich der Grenzkurven aller Klassen

Nahnebensprechen

Die RJ45 basierenden Cat-8- und Class-I-Grenzwerte (Bild 5) sind die Verlängerung der bisherigen 500 MHz Standards, die erforderlich sind, um 10-Gbit-Ethernet sicher zu übertragen. Die Class-II-Grenzwerte orientieren sich an den Leistungswerten der Nicht-RJ45-Systeme und garantieren die Übertragung von 40-Gbit-Ethernet mit größeren Reserven.
Bild 5: Das Nahnebensprechverhalten der verschiedenen Klassen (NEXT); Quelle: Softing
Bild 5: Das Nahnebensprechverhalten der verschiedenen Klassen (NEXT); Quelle: Softing

Fazit

Ungeachtet der zunehmenden Verbreitung von Drahtlos- und Glasfaser-Infrastrukturen wird die Kupferverkabelung auch in absehbarer Zukunft das beherrschende Medium für Unternehmensnetze bleiben. Bei der Planung einer Infrastruktur, die über die nächsten 15 bis 20 Jahre verwendet werden soll, ist zu beachten, dass mittlerweile 25/40GBASE-T Systeme bereits spezifiziert wurden und kommerziell verfügbar sind und somit wohl in 5 bis 10 Jahren allgegenwärtig sein werden. Die Bewältigung solch hoher Datenraten stellt besondere Anforderungen an die Technik. Eine der größten Herausforderungen liegt in der Komplexität der Geräte auf der physikalischen Ebene.

Um ein komplettes funktionierendes Ökosystem zur Umsetzung von Technologien wie 40GBASE-T zu schaffen, braucht die Industrie Verkabelungssysteme, Netzwerkgeräte, Normen und genauso Feldtester, die sich für diese Technologie eignen. In der Vergangenheit waren Feldtests über eine größere Bandbreite aufgrund verschiedener Faktoren nur eingeschränkt möglich. Doch gibt es mittlerweile kommerziell verfügbare Feldtester, die in der Lage sind, eine Verkabelung auf Bandbreiten über 2000 MHz zu zertifizieren, was die Messanforderungen im Feld für 40-GBASE-T-Systeme gewährleistet.
 
Über den Autor
Autorenbild
Thomas Hüsch

Softing IT Networks Haar

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