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Zukünftige Lösungen

Kommunikationsnetzwerke für die Digitalisierung

Die Digitalisierung bietet der Industrie völlig neue Chancen und Perspektiven: Intelligente Datenanalyse ermöglicht es beispielsweise, Fertigungsprozesse vorausschauend zu planen und zu optimieren, die Ressourcen- und Kosteneffizienz in der Prozessindustrie zu steigern, wegweisende Konzepte für die Energieversorgung umzusetzen sowie den Straßen- und Schienenverkehr effektiv zu steuern.

Mit der zunehmenden Vernetzung von Prozessen und Systemen ist allerdings auch ein massiver Zuwachs von Datenmengen verbunden, die erfasst, gespeichert, verarbeitet und übermittelt werden müssen. Die Basis dafür sind leistungsstarke industrielle Kommunikationsnetzwerke. Erst sie ermöglichen den zuverlässigen und kontinuierlichen Informationsaustausch in Echtzeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und vertikal in verschiedene Unternehmensebenen. Dies können industrielle Netzwerke aber nur leisten, wenn sie besondere Anforderungen erfüllen: von der hohen Verfügbarkeit über die Robustheit und Flexibilität der Komponenten, die Einhaltung der Datensicherheit und funktionalen Sicherheit der Anlage bis hin zur Notwendigkeit einer deterministisch ausgelegten Kommunikation.

Die speziellen Anforderungen, die industrielle Netzwerke erfüllen müssen, kommen insbesondere dann zu tragen, wenn eine sichere Anbindung des industriellen Netzwerkes an die Unternehmens-IT hergestellt werden soll. Werden hier nicht spezielle Konzepte angewandt, die die Anforderungen beider Welten berücksichtigen, können sowohl die Datensicherheit als auch die Stabilität des Netzwerkes gefährdet sein. Die Konzeption, Planung und Implementierung von Kommunikationsnetzwerken im industriellen Umfeld sowie die Anbindung an die Unternehmens-IT erfordern daher ein hohes Maß an Expertenwissen in den entsprechenden Bereichen. Ebenso wie umfassendes Anwendungs- Know-how. Erst wenn industrielle Netzwerke professionell und auf die spezifischen Anforderungen der Industrie hin geplant sind, können sie die Anforderungen der digitalen Industrie erfüllen.

Standard-IT vs. industrielle Kommunikationsnetzwerke

Klassische Informationstechnologie (IT) und Automatisierungsnetzwerke unterscheiden sich grundlegend in der Auslegung ihrer Kommunikation: Während die klassische IT den Fokus auf die Übertragung von Telegrammen legt, hat die Produktion ihre Applikationen im Blick. Das zieht unterschiedliche Anforderungen an Netzwerkkomponenten und -topologien nach sich. Bei der Planung und Implementierung industrieller Netzwerke müssen daher die sensiblen Unterschiede zur klassischen Informationstechnologie berücksichtigt werden, damit das Netzwerk später den Anforderungen an die Anlagenverfügbarkeit gerecht werden kann.

Datenfluss

Bis auf wenige Ausnahmen kommunizieren im Office-Bereich die Endgeräte mit einem oder mehreren Servern. Daher ist die Netzwerktopologie in vertikaler Richtung und auf hohe Bandbreite ausgelegt. Ausfälle einzelner Clients beeinträchtigen in der Regel nicht das Geschäftsergebnis und werden somit nicht als kritisch betrachtet. In der Automatisierung stehen die Maschine-zu-Maschine (M2M) -Kommunikation und die jeweilige spezielle Applikation im Fokus. Alle beteiligten Endgeräte benötigen einen stetigen Datenaustausch. Denn bei Verlust oder zeitlich verzögerter Zustellung der Daten kann es zum Stillstand der Anlage kommen, was einen direkten Einfluss auf das Geschäftsergebnis hat.

In industriellen Kommunikationsnetzwerken muss die Signalübertragung deshalb innerhalb einer definierten Antwortzeit durchgeführt und abgeschlossen sein. Diese deterministische Auslegung der Kommunikation ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Automatisierungsnetzwerken und Standard IT. Sie ist die Voraussetzung für die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und die zyklisch ablaufenden Steuerungsprozesse in der Industrie. Können Netzwerkkomponenten diese Anforderungen nicht erfüllen, können beispielsweise Safety-Anwendungen nicht zuverlässig ausgeführt werden. Die Anlage wird somit nicht ordnungsgemäß funktionieren und immer wieder in einen sicheren, unproduktiven Zustand gehen.

Infrastruktur

Die geschilderten Unterschiede in der Auslegung des Datenflusses haben auch Einfluss auf die Infrastruktur von industriellen Kommunikationsnetzwerken. Ein rein auf vertikale Kommunikation ausgelegtes Netzwerkdesign mit Core Layer, Distribution Layer und Access Layer, wie in der klassischen IT üblich, kann die Voraussetzung, einen stetigen Datenfluss der Endgeräte miteinander zu gewährleisten, nur schwer erfüllen. Das Resultat können Verzögerungen sein, die den zuverlässigen Betrieb der Anlage gefährden können. Denn die Praxis zeigt, dass Störungen unter Umständen erst nach einiger Betriebszeit auftreten und häufig nur schwer zu diagnostizieren sind.

Seit sich die Ethernet-basierte Kommunikation in industriellen Kommunikationsnetzwerken mehr und mehr durchsetzt, haben sich deshalb spezielle Netzwerkdesigns eta-bliert, die exakt auf die Applikationen in den unterschiedlichen industriellen Anwendungen und Branchen zugeschnitten sind – und dabei die notwendige Anbindung industrieller Kommunikationsnetzwerke an die Unternehmens-IT berücksichtigen.

Service

Die Umgebungsbedingungen im industriellen Umfeld unterscheiden sich signifikant von den Klimabedingungen im Rechenzentrum oder im Büro. Industrielle Netzwerkkomponenten müssen daher auch unter rauen Umgebungsbedingungen wie in extremer Kälte oder Hitze, in explosionsgefährdeten Umgebungen oder in Umgebungen mit einem hohen Stoß- und Vibrationsaufkommen wie etwa im Transportwesen absolut zuverlässig funktionieren. Office-Komponenten sind bezüglich ihres Designs und ihrer Wartungs- und Servicefreundlichkeit in der Regel nicht auf die Anforderungen im industriellen Umfeld zugeschnitten.

Industrielle Kommunikationsnetzwerke müssen daher im Hinblick auf die Servicefreundlichkeit der Komponenten zwei zentrale Merkmale erfüllen: Zum einen müssen die Netzwerkkomponenten auf den applikationsnahen Einsatz ausgelegt sein, wo sie für eventuelle Wartungseinsätze auch dem Automatisierungspersonal zugänglich sind. Zum anderen müssen für eine schnelle, einfache Fehlerlokalisierung gerade in komplexeren Netzwerkinfrastrukturen geeignete und integrierte Diagnose- und Monitoring-Tools zur Anwendung kommen.

Personal

Im industriellen Umfeld hat im Fehler- oder Servicefall die schnelle Wiederinbetriebnahme der Komponenten höchste Priorität. In der Regel fehlt die Zeit, um darauf zu warten, bis der IT-Dienstleister das Problem lokalisiert und behoben hat. Während in Standard-IT-Anwendungen Outsourcing weit verbreitet ist, tragen deshalb in industriellen Kommunikationsnetzwerken die eigenen Mitarbeiter die Verantwortung und müssen für Wartung und Störfalle sowie die schnelle Wiederinbetriebnahme der Komponenten gerüstet sein.

Nicht jede Firma ist allerdings in der Lage, IT-Fachleute stets verfügbar zu haben. Deshalb muss die verwendete Netzwerktechnologie auch für weitergebildete Automatisierungstechniker beherrschbar sein. In jedem Fall muss diese Rolle durch Fachkräfte besetzt sein, die eine Schnittstelle zwischen der Automatisierungstechnik und der IT bilden können und für beide Seiten als kompetenter Ansprechpartner dienen. Trainings- und Zertifizierungsangebote wie etwa Siemens Industrial Networks Education bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihr Personal umfangreich zum Thema industrielle Kommunikationsnetzwerke schulen zu lassen.

Angesichts der geschilderten sensiblen Unterschiede zwischen Automatisierungsnetzwerken und Standard-IT stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen diese zwei unterschiedlichen Welten vereinen, wenn eine durchgängige Datenübertragung doch eine Grundvoraussetzung für digitalisierte, effizientere Prozesse ist? Die Antwort ist denkbar einfach: Denn sie liegt nicht in der Einheit, sondern der Trennung beider Welten. Der Schlüssel ist die Separierung und Entkopplung industrieller Kommunikationsnetzwerke vom Unternehmensnetzwerk. Mittels Layer-3-Separierung sollte eine sichere und sauber konzeptionierte Anbindung des industriellen Backbones an den Core erfolgen. Hierdurch wird vermieden, dass sich Unternehmensnetzwerk und industrielles Kommunikationsnetzwerk gegenseitig beeinflussen.

Siemens bietet Produkte und Lösungen mit Industrial Security-Funktionen an, die den sicheren Betrieb von Anlagen, Systemen, Maschinen und Netzwerken unterstützen. Um Anlagen, Systeme, Maschinen und Netzwerke gegen Cyber-Bedrohungen zu sichern, ist es erforderlich, ein ganzheitliches Industrial Security-Konzept zu implementieren (und kontinuierlich aufrechtzuerhalten), das dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Die Produkte und Lösungen von Siemens formen nur einen Bestandteil eines solchen Konzepts. Der Kunde ist dafür verantwortlich, unbefugten Zugriff auf seine Anlagen, Systeme, Maschinen und Netzwerke zu verhindern. Systeme, Maschinen und Komponenten sollten nur mit dem Unternehmensnetzwerk oder dem Internet verbunden werden, wenn und soweit dies notwendig ist und entsprechende Schutzmaßnahmen (z. B. Nutzung von Firewalls und Netzwerksegmentierung) ergriffen wurden. Weiterführende Informationen über Industrial Security finden Sie unter

http://www.siemens.com/industrialsecurity.

Über den Autor
Autorenbild
Dipl.-Ing. Peter Behrends

BFE Oldenburg

Über die Firma
Siemens AG
München
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