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Isolationssysteme überprüfen

Teilentladungen von elektrischen Antriebssystemen

Teilentladungen von elektrischen Antriebssystemen
(Bild: Dunkermotoren)

Teilentladungen (TE) sind kein kontinuierlicher Vorgang. Wie der Name bereits ausdrückt, ist der elektrische Durchschlag nicht vollständig, sondern die Entladung findet nur teilweise aufgrund Überbrückung der Isolation statt. Erst ab einer bestimmten Spannung kommt es zu ersten Entladungen und nach einer Hysterese, bei reduzierter Spannung setzt dieser Effekt wieder aus.

Wodurch entstehen Teilentladungen?

Die Ursachen und die Entwicklung der TE hängen sehr stark von der Art des Dielektrikums bzw. des isolierenden Mediums und dem strukturellen Aufbau der Isolierung ab. Besonders Inhomogenitäten in der Isolationsstruktur durch Fremdstoffe, Verunreinigungen und Gaskavitäten im Herstellungsprozess können TE begünstigen. Auch im Betriebszustand beispielsweise durch mechanische und temperaturabhängige Einflüsse, Verformungen und Vibrationen können durch die wirkende Spannung Teilentladungen in der Isolierung entstehen.

Die zunehmenden Anforderungen an feste Isolationssysteme von elektronischen und elektrischen Komponenten bzw. Betriebsmitteln mit kompakter Bauweise und bei steigenden Schaltfrequenzen der Halbleiter erfordern den Einsatz teilentladungsfreier sowie teilentladungsfester Isoliermaterialien und Verbundwerkstoffen. Dies gilt insbesondere für elektrische Komponenten in drehzahlverstellbaren Antrieben. Die Lackdrahtisolierungen von Antrieben werden mit der doppelten Zwischenkreisspannung beansprucht.

Als eine der Ursachen für die schädigende Spannungsüberhöhung ist die Überlagerung der reflektierenden Spannungswelle mit der Versorgungsspannung aufgrund des Impedanzunterschiedes zwischen Kabel und Motor zu nennen. Die rechteckförmige Betriebsspannung mit hohen Schaltfrequenzen erzeugt hohe Spitzenpegel und steile Anstiegsflanken, die zusammen zur Erzeugung von TE und beschleunigter Alterung von Isolationssystemen führen. Auch bei der Überwachung der Produktqualität in der Fertigung durch die Typ- und Stückprüfung und zur Lebensdauerabschätzung von Isolationssystemen spielt die Teilentladungsmesstechnik und -diagnostik eine immer bedeutendere Rolle. Nach der IEC 60270 respektive der VDE 0434 ist die Teilentladung wie folgt definiert: »Örtlich beschränkte elektrische Entladung, welche die Isolierung zwischen Leitern nur teilweise überbrückt und welche angrenzend an einen Leiter auftreten kann, aber nicht muss« (Quelle: IEC; DIN EN 60270 (VDE 0434):2016-11, Hochspannungs-Prüftechnik, Teilentladungsmessung, 2016).

Bild 1: Diese Verästelungen im Isolationsmaterial erhöhen die Leitfähigkeit und führen zu einer fortschreitenden Zerstörung des Dielektrikums
Bild 1: Diese Verästelungen im Isolationsmaterial erhöhen die Leitfähigkeit und führen zu einer fortschreitenden Zerstörung des Dielektrikums
(Bild: Dunkermotoren)

Überprüfung des Isolationssystems

Für die Qualitätskontrolle des Isolationssystems von elektronischen oder elektrischen Komponenten und Systemen können kurzzeitige TE-Messungen als zerstörungsfreie Prüfverfahren herangezogen werden. Auch bei Applikationen im Niederspannungsbereich, insbesondere bei elektrischen Motoren können TE vorkommen. Hierbei handelt es sich überwiegend um innere TE (Gasentladungen umgeben von einem festen Isolierstoff), welche infolge der stetigen Zersetzung des Isolationsmaterials eine beschleunigte Alterung und damit Schwächung bzw. Ausfall des Isolationssystems verursachen.
Für die Erzeugung von TE müssen die folgenden drei Bedingungen erfüllt sein:

  • Ausreichend hohe elektrische Feldstärke, um eine Ionisierung zu verursachen
  • ein vorhandenes Startelektron
  • ein Rückkopplungsmechanismus, der den Lawineneffekt aufrechterhält.

Eine Teilentladung in einem gasförmigen Medium erfordert eine niedrigere Spannung gegenüber einer Flüssigkeit oder einem festen Fremdeinschluss. Diese Gaskavitäten sind somit die wahrscheinlichste Ursache für die Zerstörung der Isolation. In dem Isolationsmaterial wird aus einem vorhandenen Hohlraum eine baumartige Struktur gebildet, welche unter dem Einfluss des elektrischen Feldes und der Entladungen weiter anwachsen. Diese Verästelungen erhöhen die Leitfähigkeit und führen zu einer fortschreitenden Zerstörung des Dielektrikums (Bild 1).

Bild 2: Symmetrische Fingerstrukturen sind typisch für Hohlraumentladungen
Bild 2: Symmetrische Fingerstrukturen sind typisch für Hohlraumentladungen
(Bild: Dunkermotoren)

Die auftretende TE ist eine physikalische Größe, welche mit Hilfe verschiedener Messverfahren erfasst werden kann. Bei der klassischen Hochspannungsprüfung mit Wechselspannung werden nur typische Durchschläge zwischen dem beschädigten Leiter und dem Motorgehäuse betrachtet. Fehlerhafte Isolation wird daher durch die Hochspannungs- und Stoßspannungsprüfung nicht erkannt. Die Teilentladungsmessung ist in der Lage, Isolationsschwächen zu erkennen. Die TE entsteht wie bereits erwähnt an Stellen, wo sehr hohe Spannungsunterschiede vorliegen.Wird die Spannung erhöht, die kritische elek-trische Feldstärke überschritten und ein freies Elektron ist vorhanden, so kommt es nun zu Entladungen. Je größer der Hohlraum, umso wahrscheinlicher ist eine Teilentladung. Die symmetrischen Fingerstrukturen, wie in Bild 2 von einem elektrischen Antrieb dargestellt, sind sehr typisch für Hohlraumentladungen.

Die Entladung eines Hohlraumes kann aber auch zu mehreren Entladestrukturen (Fingern) führen. Dies hängt von der Geometrie, Feldverteilung, Permittivität und weiteren Faktoren ab. Die Hohlraumentladungen finden bei der größten Spannungsänderung statt. Die Folge dieser TE ist eine langsame, aber stetige Zerstörung der noch funktionsfähigen Isolierung. Diese kontinuierliche Vergrößerung der Schwachstelle führt zwangsweise zu einem Volldurchschlag der elektrischen Maschine und somit zur Zerstörung.

Fazit

TE spielen als Fehlerquelle in Mittel- und Hochspannungsanlagen eine bedeutende Rolle. Eines der wichtigsten Elemente der Konstruktion von elektrischen Maschinen ist die Isolierung der Wicklungen, um die Dauerfestigkeit gegenüber TE zu gewährleisten. Die frühe Erkennung in der Entwicklungsphase und die Vermeidung von TE ist daher unverzichtbar und Teil der Qualität eines elektrischen Antriebs, um eine lange Lebensdauer sicherzustellen.

Über Dunkermotoren

Die in Bonndorf im Schwarzwald beheimatete Firma (www.dunkermotoren.de) ist Anbieter von elektrischen Antriebskomplettlösungen. Gegründet wurde das Unternehmen 1950 von Christian Dunker und gehört seit 2012 zu dem US-amerikanischen Konzern AMETEK. Das Produktportfolio umfasst neben bürstenlosen und bürstenbehafteten Gleichstrommotoren, Wechselstrommotoren und Linearmotoren sowie Jalousie- und Stellantrieben auch Gebläse und Schrittmotoren der Konzernschwester MAE in Italien. Alle Motoren können auf Basis eines modularen Baukastensystems mit passenden Gebern, Bremsen sowie integrierten oder externen Regelelektroniken kombiniert werden. Mit über 70 Jahren Erfahrung können so vielfältige Anwendungen u. a. aus den Bereichen  Maschinen- und Anlagenbau, Intralogistik sowie Türautomation effizient angetrieben werden.

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Über den Autor
Autorenbild
Dr. Bruno Basler

Head of R&D Pre-Development, Dunkermotoren GmbH

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