Home Elektroinstallation Elektrische Maschinen Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

An der Verbindung soll es nicht scheitern

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

Bild 1: Stefan Hilsenbeck ist Senior Engineer Advanced Technology bei der Lapp Holding AG und schildert die Vorteile der neuen »zeroCM«-Technologie
Bild 1: Stefan Hilsenbeck ist Senior Engineer Advanced Technology bei der Lapp Holding AG und schildert die Vorteile der neuen »zeroCM«-Technologie
(Bild: Lapp)

Ein kleiner Störer kann schlimmstenfalls zum Ausfall des gesamten Systems führen. Um teure Produktionsausfälle zu vermeiden, müssen daher in der automatisierten Fabrik am besten schon in der Planungsphase mögliche Störquellen verhindert werden. Eine Herausforderung, denn in der Smart Factory steigt die Leistungs- und Datendichte immer weiter an. Typische aktive Geräte zur Steuerung der Anlagen sind Frequenzumrichter, Transformatoren, elektrische Schalter und Kommunika­tionsgeräte. Je mehr Komponenten beteiligt sind, desto größer ist das Risiko von Störungen, die u. a. als Störströme durch die Anlage vagabundieren können. Gleichzeitig werden die Bauräume in Maschinen und Anlagen immer kleiner. Vor allem dort, wo viele starke Antriebe mit sich ändernden magnetischen Feldern und Wechselrichtern im Einsatz sind, ist die Gefahr der Störung einer Datenleitung besonders groß.

EMV entschlüsselt – darauf kommt es an

Allerdings erfordert die erhöhte Dichte an elektrischen Komponenten mit z. B. immer kürzeren Pegelübergangszeiten ein gutes Systemverständnis und die Auswahl der richtigen Komponenten, um die häufig voll automatisierten Industrieanlagen fehlerfrei zu betreiben. Es kann schnell passieren, dass sich die einzelnen Komponenten negativ beeinflussen – oftmals sind elektromagnetische Störungen (EMS) die Ursache. Diese Störungen können entweder natürlichen Ursprungs sein, z. B. verursacht durch Blitzeinschläge, oder technischen Ursprungs, wie elektromagnetische Effekte durch Schaltimpulse oder falsche oder fehlende Erdung.

In industriellen Umgebungen wird daher eine immer höhere Sicherheit gegen elektromagnetische Störungen gefordert: die sogenannte Elektromagnetische Verträglichkeit. In der EMV-Richtlinie 2014/30/EU, Artikel 3, ist die elektromagnetische Verträglichkeit definiert als »die Fähigkeit eines Betriebsmittels, in seiner elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu arbeiten, ohne elektroma­gnetische Störungen (EMS) zu verursachen, die für andere in dieser Umgebung vorhandene Betriebsmittel unannehmbar wären.«

Elektrotechnisch-passive Produkte aus dem Portfolio von Lapp wie Kabel, Leitungen, Kabelverschraubungen und Steckverbinder sind im Sinne des Gesetzes für elek­tromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln laut Definition »Bauteile ohne direkte Funktion« und fallen deshalb nicht unter die EMV-Richtlinie2014/30/EU. Dafür sind aber EMV-relevante Anforderungen für einige geschirmte Leitungstypen Teil der europä­ischen oder nationalen Kabel- und Leitungsbauartnormen.

Die elektrotechnische Theorie hinter einem EMV-Phänomen lässt sich auf drei Faktoren abstrahieren: Störquelle, Störsenke und ein Kopplungsmechanismus zwischen beiden. Eine elektromagnetische Störung geht immer von einer Störquelle aus. Hierbei kann es sich zum einen um ein technisches Betriebsmittel handeln, das einen großen Strom führt, wie zum Beispiel ein Schweißroboter oder auch eine frequenzgesteuerte Antriebsstrecke. Es könnte sich aber auch um natürliche Störungen wie Blitzeinschläge oder ESD-Entladungen handeln. Wichtig ist bei einer korrekten EMV-Auslegung, dass Störquellen einen gewissen Störemissionsgrad nicht überschreiten.

Der Störquelle steht ein gestörtes Betriebsmittel, die sogenannte Störsenke, gegenüber. Bei der Störsenke kann es sich zum Beispiel um einen Sensor oder eine Datenübertragungsstrecke handeln. Störsenken müssen eine gewisse Fremdstörfestigkeit aufweisen, um bei auftretenden EMS keine Fehlfunktionen auszulösen. Zu beachten ist, dass auch innerhalb eines Gerätes sowohl Störsenken als auch Störquellen auftreten und interagieren können. Das Gerät selbst muss daher eine gewisse Eigenstörfestigkeit aufweisen. Die sich zwischen Quelle und Senke befindliche Kopplungsstrecke überträgt die Störungen, wobei vier verschiedene Übertragungsarten unterschieden werden:

  • Galvanische Kopplung: Störquelle und Störsenke sind physisch, zum Beispiel durch einen gemeinsamen Erdungsleiter, verbunden. Ein Störstrom über den Erdungsleiter verursacht elektromagnetische Störungen.
  • Kapazitive Kopplung: Störquelle und Störsenke sind nah beieinander, allerdings nicht physisch verbunden. Bei der kapazitiven Kopplung entsteht die EMS durch das elektrische Feld, ausgelöst beispielsweise durch Schaltvorgänge.
  • Induktive Kopplung: Auch bei der induktiven Kopplung befinden sich Störquelle und Störsenke nah beieinander, sind aber nicht miteinander verbunden. Die Störung entsteht hier durch das magnetische Feld infolge von Stromfluss.
  • Strahlungskopplung: Die Strahlungskopplung entsteht in der Regel, wenn Störquelle und Störsenke weit voneinander entfernt sind und Antennenwirkung besitzen. Typische Störer können aber auch Funkbänder sein wie beispielsweise die DECT-Telefonie.

In der Praxis treten die vier Kopplungsmechanismen oft als Mischform auf. Die He­rausforderung für Lapp ist es, Kabel und Leitungen so zu konstruieren, dass sie nicht zu elektromagnetischen Störungen beitragen, also EMS weder aufnehmen, weiterleiten oder gar aussenden.
Einfaches Beispiel: Eine Datenleitung muss vor externen Störungen geschützt werden – also ist eine hohe Fremdstörfestigkeit wichtig.

Daher wird die Datenübertragung mit einem aufwendigen Schirm geschützt. Dieser besteht aus einem Kupfer-Schirmgeflecht, das magnetische Einkopplungen unterbindet, und einer Metallfolie, die elektrische Felder abschirmt. Aber auch die einzelnen Datenpaare innerhalb der Leitung, die sich gegenseitig beeinflussen können, müssen voreinander geschützt werden. Außerdem werden die Datenleiter eines Datenleiterpaars verdrillt (Twisting). Damit werden magnetische Kopplungen unterbunden, die sonst die Datenqualität beeinflussen können. Eine Servoleitung allerdings muss einen geringen Emissionsgrad aufweisen und wird ausreichend geschirmt – aber von innen nach außen.

Störströme verhindern

Wie Störungen innerhalb von Verbindungslösungen nahezu eliminiert werden können, hat Lapp gerade im Rahmen des »PEPA«-Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz unter Beweis gestellt. Neben dem Stuttgarter Hersteller sind an dem Projekt die Firmen SEW-Eurodrive, Block, Danfoss, Magnetec und die Technische Universität Darmstadt beteiligt. Hier führt Lapp das Arbeitspaket 4: »Kopplungen zwischen benachbarten Leitungen sowie mit Anlagenteilen. Messungen und Optimierungen der Kabelkonstruktion«. Dessen Ziel ist es, eine firmenübergreifende Forschung an einem komplexen Thema aus der Automatisierungs-/Antriebswelt, bei dem es insbesondere auf die korrekte Auswahl der Verbindungskomponenten sowie der fachgerechten Installation dieser ankommt, zu forcieren.

Der Hintergrund der Untersuchung besteht darin, dass es in Industrieanlagen, in denen Frequenzumrichter-gesteuerte Motoren eingesetzt werden, vermehrt zu unerwünschten Strömen auf den Potentialausgleichsleitungen (PA) oder Schutzerdleitungen (PE) kommt. Durch die getaktete Ansteuerung (Pulsweiten-Modulation) werden Störströme im Bereich von rund 3 kHz bis 500 kHz angeregt, welche über Gehäuseteile, PA-/PE-Leiter/-Netze und im schlimmsten Fall über die Schirmung von Datenleitungen in Richtung Erdpotential beziehungsweise zur Quelle abfließen.

Hochfrequente Ausgleichströme mit einer Amplitude von 10 A oder mehr sind hierbei keine Seltenheit. Die Folgen sind unzulässig hohe Ströme auf der Schutzerde und dadurch vermeintlich fehlerhaft auslösende FI-Schutzschalter (RCD) oder Beeinträchtigung der Datenkommunikation, wenn beispielsweise die Ausgleichsströme über den Kupferschirm einer Datenleitung fließen. Diese Fehler sind schwer zu finden, da sie keiner Systematik folgen. Bei Lapp setzte man sich daher zum Ziel, die physikalischen Kopplungsmechanismen innerhalb von Motor-Anschlussleitungen zu untersuchen und daraus eine neuartige Kabelkonstruktion abzuleiten. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist die »zeroCM«-Technologie (siehe auch Kasten »Messung im Dekra-Labor«).

Messung im Dekra-Labor

Beim Vergleich der leitungsgebundenen Störaussendung gemäß DIN EN IEC 61800-3 zwischen zwei klassischen und dem optimierten Kabeldesign, zeigte sich im Vorher-Nachher-Vergleich eine deutliche Verbesserung, die die Forschungsingenieure durch gemeinsame Entwicklungsarbeit im Forschungsprojekt erzielen konnten. Speziell im Bereich zwischen 150 kHz und 1 MHz reduziert sich die leitungsgeführte Störaussendung um bis zu 8 dB zur oft eingesetzten Standardleitung. Bei großen Leitungslängen oder bei Verwendung von Komponenten, welche hinsichtlich EMV weniger optimiert sind, kann das tatsächlich die benötigte Verbesserung zur Einhaltung der Grenzwerte bringen. Hinter dieser Optimierung steht ein elektrisch symmetrisches Kabeldesign, welches gleichzeitig die kapazitive Störkopplung zwischen den Phasenleitern reduziert.

Bild 2: Der Messaufbau im Dekra-Labor
Bild 2: Der Messaufbau im Dekra-Labor

Der Messaufbau (Bild 2) bestand aus der EMV-Messtechnik und dem zu messenden System inklusive Peripherie und Zubehör. Die EMV-Messtechnik besteht bei der Funkstörspannungsmessung neben Hochfrequenzkabeln (HF-Kabel) im Wesentlichen aus einem Funkstörmessempfänger (Measuring Receiver, EMI Receiver) und einer Netznachbildung (Artificial Network). Über diese wird der Prüfling an das Versorgungsnetz angeschlossen und besitzt zwei Funktionen. Sie dient zum einen dazu, dem Prüfling einen definierten Abschlusswiderstand zu liefern und somit die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu garantieren.

Zum anderen ermöglicht die Netznachbildung erst die Auskopplung des HF-Signals und somit die Erfassung der Störer auf den Versorgungsleitungen. Das zu messende System bestand in der Demonstration aus einem Frequenzumrichter als technisch nicht vermeidbare Störquelle, einem Drehstrommotor als Last für den Umrichter und den Verbindungskabeln (Servoleitung) zwischen den beiden Komponenten. Zusätzlich wurde der Umrichter über ein Versorgungskabel mit der oben erwähnten Netznachbildung mit Spannung versorgt.

Bei der »zeroCM«-Technologie handelt es sich um eine spezielle, innovative Verseiltechnik: Drei Phasenleiter sind symmetrisch angeordnet und in einer Innenlage verseilt. Ergänzend wird mindestens ein Schutzleiter in einer Außenlage mit entgegengesetzter Verseilschlagrichtung um die drei Phasenleiter in einem bestimmten Schlaglängenverhältnis verseilt. Die Isolation der Leiter ist kapazitätsoptimiert und besteht aus Polyethylen, Polypropylen oder aus einer geschäumten Variante. Zwischen der Innenlage und der Außenlage befindet sich ein trennendes Fleece. »Durch diese Konstruktion erreicht man perfekte elektrische Symmetrie, welche die magnetische Abstrahlung reduziert und die internen Kopplungen stark verringert«, erklärt Stefan Hilsenbeck (Bild 1), Senior Engineer Advanced Technology bei der Lapp Holding AG, und weiter:

»Die Vorteile der Erfindung liegen klar auf der Hand. Die EMV-optimierte Kabelkonstruktion ist leicht umsetzbar und bietet den besten Schutz vor EMV-bedingten Störströmen. Ursprung der Innovation war es, den Status-Quo in der Kabeltechnik auf den Prüfstand zu stellen: so waren bisherige Konstruktionen eher auf geringe Außendurchmesser und eine optische Symmetrie getrimmt. Das Problem EMV wurde bis dato immer durch Schirmung gelöst. Wir gehen mit der ‚zeroCM‘-Technologie einen anderen Weg: die Leitung ist vom visuellen Erscheinungsbild unsymmetrisch, jedoch erzielen wir 100 % elektrische Symmetrie und kommen dadurch sogar mit weniger Schirmung aus!«

Die Wirksamkeit der neuartigen Leitung wurde im Rahmen des PEPA-Projekts auch beim Versuchsaufbau bei dem Projektpartner SEW-Eurodrive bestätigt. Neben der Untersuchung einer EMV-optimierten Installation von Komponenten wurde unter anderem die Rolle der Ausgangsleitung bewertet. Zum Vergleich wurden ein identischer Versuchsaufbau mit einem Antriebssystem mit Potentialausgleich sowie paralleler Signalleitung (Profinet) gewählt. Verglichen wurden eine geschirmte PVC-isolierte Standardleitung, eine niederkapazitive Servoleitung, eine symmetrische Motorleitung mit drei Schutzleitern sowie die neuartige »zeroCM«-Leitung mit optimiertem Aufbau. Dabei ergaben sich eindeutige Ergebnisse (Bild 3).

Bild 3: Durch ihren kapazitiven Aufbau erreichte die Ölflex-Servo-zeroCM-Leitung (orange-rot) die besten Werte hinsichtlich Ableitstrom am Umrichter-Ausgang
Bild 3: Durch ihren kapazitiven Aufbau erreichte die Ölflex-Servo-zeroCM-Leitung (orange-rot) die besten Werte hinsichtlich Ableitstrom am Umrichter-Ausgang

Die besten Werte hinsichtlich Ableitstrom am Umrichter-Ausgang wurden durch den kapazitätsarmen Aufbau der Leitung erreicht. Die generierten Ableitströme stellen eine zusätzliche Belastung für den Frequenzumrichter und alle beteiligten Komponenten dar und sollten daher so gering wie möglich gehalten werden. Weiterhin wurde der über eine parallel liegende Signalleitung fließende Störstrom untersucht:

Auch hier begünstigt der Einsatz der »zeroCM«-Leitung die Ausprägung von möglichst geringen Störströmen. Aus den Untersuchungen bei SEW ergaben sich darüber hinaus klare Empfehlungen für die EMV-optimale Installation von Frequenzumrichtern, wie beispielsweise ein niederimpedanter, HF-tauglicher und ein durchgängiger Potentialausgleich zwischen Frequenzumrichter und Antrieb. Eine wesentliche Bedeutung kommt hierbei dem Schirmanschluss mit EMV-gerechten Steckern oder flächiger Schirmauflage zu.

Zusammengefasst beseitigt die neue Technologie zwar nicht die Ursache von EMV-Störungen, adressiert jedoch genau eine der signifikanten Stellen, an der Störungen in das Systemumfeld eingebracht werden. Einerseits ermöglicht der neuartige Kabelaufbau um bis zu 80 % reduzierte Ausgleichsströme am Frequenzumrichter-Ausgang und auf parallelen Pfaden wie beispielsweise Datenleitungen. Andererseits sorgen reduzierte Kabel-Umladeströme (cable-charging current) für verringerte Last am und im Umrichter selbst: So können beispielsweise größere Kabellängen verlegt werden, ohne dass der Frequenzumrichter außerhalb seiner (EMV-)Spezifikation betrieben wird.

Zudem unterbindet die »zeroCM«-Technologie das Entstehen von Spannungspegeln auf dem Masse-/Erdpotential (Ground-Voltage) auf der Verbraucherseite. Dies ist besonders wichtig, wenn beispielsweise empfindliche Sensorik wie Analoggeber zum Einsatz kommen.
Neben den beschriebenen Vorteilen können Kundinnen und Kunden auch Kosten sparen, weil auf aufwendige Filtertechnik verzichtet werden kann und die Anlage stabiler läuft. Die Verkabelung bleibt einfach, bzw. der Aufwand reduziert sich sogar im Vergleich zu den erdsymmetrischen Leitungen mit gedritteltem Schutzleiter.

»Unser Ziel ist es, ein Portfolio mit der ‚zeroCM‘-Technologie auszustatten; als nächstes sind Hybridleitungen in unserem Fokus«, so Hilsenbeck. Hybridleitungen, Sammelleitungen oder One-Cable-Solutions beinhalten neben den Leistungsadern auch Daten-, Resolver- oder Steueraderpaare, welche bisher aufwendig von den Leistungsadern abgeschirmt wurden. Durch die »zeroCM«-Technologie ergibt sich eine völlig neue Freiheit der Anordnung der Konstruktionselemente, was den Materialeinsatz senken und die Performance steigern wird.

Fragen an Dr. Susanne Krichel

Bild 4: Dr. Susanne Krichel ist Head of Innova­tion and Advanced Technology bei der Lapp Holding AG
Bild 4: Dr. Susanne Krichel ist Head of Innova­tion and Advanced Technology bei der Lapp Holding AG

Dr. Susanne Krichel (Bild 4) ist Head of Innovation and Advanced Technology bei der Lapp Holding AG. Die studierte Technische Kybernetikerin promovierte mit Fokus auf Energieeffizienz in der Drucklufttechnik an der Universität Stuttgart. Sie stand uns für ein Interview zur Verfügung.

»ema«: Frau Dr. Krichel, man könnte sich fragen, ob allmählich die physikalischen Grenzen in Bezug auf die EMV in Sachen Bauraum, Abstände der Bauteile oder Materialien erreicht sind. Wie sehen Sie das?

Dr. Susanne Krichel: Es ist sicherlich sinnvoll beispielsweise das Schirmgeflecht zu optimieren. Es ist zwar aus EMV-Sicht sehr relevant und für den Endkunden aus praktischen Gründen gut, aber für uns in der Produktion einer der langsamsten Prozessschritte. Deswegen ist es letztendlich nicht zufriedenstellend, weil es sehr kostenintensiv ist. Hier könnte man mit dem Gedanken spielen, Kunststoffe leitfähig zu machen. Es gab dazu auch schon mehrere Projekte von unserer Seite.

So sehe ich weniger ein »Ende« aus technologischer Sicht, sondern eher eine Grenze in Richtung der Kosten. Um das zu verhindern, müsste ein Umdenken stattfinden. Wir bräuchten mehr Akzeptanz auf Seiten der Nutzer, dass ein Kabel ein hochwertiges technisches Produkt ist. Als Ingenieurin mache ich mich vom Kostendruck zwar zunächst frei, doch an einem bestimmten Punkt kommt dann der Vertriebs-Kollege und sagt, dass das zu teuer wird.

»ema«: Was kann der Elektromaschinenbauer schon heute tun, wenn es um die Optimierung der EMV bei einem Kunden geht?

Dr. Susanne Krichel: Mittlerweile geht man weg von den sternförmigen Erdungskonzepten, hin zu vermaschten Aufbauten. Wir sehen das immer mehr z. B. in der Automobilindustrie. Hersteller wie SEW Eurodrive bieten hier mit ihren Informationsschriften Hilfen an. Leider unterscheiden sich diese Infos von den Herstellern hier und da, was es für den Nutzer natürlich nicht einfacher macht. Wichtig ist es aber, von Anfang an bei einer Installation sauber zu arbeiten, was später bei der Wartung der Anlagen sehr hilfreich ist. Denn was ich am Anfang bereits falsch mache, führt später zu einer langwierigen und aufwändigen Fehlersuche mit entsprechenden Kosten.

Außerdem gibt es für den Profi auch Unterstützung durch Seminare wie beispielsweise die Optimierung des Schaltschranks, die ich auf jeden Fall empfehle. Allein bei einem recht einfachen Vorgang wie dem Crimpen können schon Fehler passieren, dass z. B. nicht ausreichend Litzen kontaktiert sind und ich dadurch nicht die maximale Ableitung bekomme. Die Suche nach einem EMV-Fehler ist für mich so ein bisschen wie die Suche nach dem Osterei: Man kann es schnell finden oder auch gar nicht.

»ema«: Frau Dr. Krichel, vielen Dank für das Gespräch.

Artikel als PDF herunterladen

Sollte es Probleme mit dem Download geben oder sollten Links nicht funktionieren, wenden Sie sich bitte an kontakt@elektro.net

Über den Autor
Autorenbild
Marcel Diehl

Redaktion »de«

Über die Firma
U.I. LAPP GmbH & Co. KG
Stuttgart
Newsletter

Das Neueste der
ema direkt in Ihren Posteingang!