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Bedarf nach Regeln steigt

Standards und Normen für LED-Beleuchtung

Auf einen Blick Der Siegeszug der LED-Technik wirbelt die Beleuchtungstechnik durcheinander, wodurch sich eingeübte Marktmechanismen verändern und neue Strukturen entstehen

Um die Vergleichbarkeit von Produkten in der LED-Technik zu  optimieren, fordern manche Marktteilnehmer Normen und Standards, welche jedoch auch Nachteile mit sich bringen können
Nun zeigen die letzten Jahrzehnte in der Elektronikbranche (und die Beleuchtungstechnik zählt durch die LED jetzt auch dazu), dass Standards oder gar Normen eine Dynamik am Markt verhindern können und die Produkte dadurch für den Endnutzer nicht unbedingt besser bzw. günstiger werden.

Ein Beispiel eines nicht gelungenen Standards in der Konsumgüterbranche, der später sogar eine Norm wurde, ist heute noch in jeder Wohnung in Geräten vorhanden. Die in den 1970 Jahren entwickelte Scart-Buchse wurde aus rein nationalen Wünschen eines europäischen Mitgliedslandes als Standard durchgepeitscht und findet sich leider heute noch oft als Überbleibsel in neuen Geräten. Aus technologischer Sicht hätte die Standardisierung des Scart-Steckers verhindert werden müssen.

Trügerische Sicherheit

Bild 1: Auswechselplatine für den 
Austausch der Lichttechnik in einem Bühnenspot
Bild 1: Auswechselplatine für den Austausch der Lichttechnik in einem Bühnenspot
Der Wunsch nach einem Standard ist oft ein Versuch, sich nicht mit einer Thematik beschäftigen zu wollen. Eine Festlegung ist ­jedoch keine Sicherheit für hochwertige und  kostengünstige Produkte. Im privaten Beleuchtungssektor spielte bis jetzt nur die ­Fassungsart, die Wattage des Leuchtmittels sowie eine kleine Auswahl von Lichtfarben eine Rolle. Mit der LED-Technik kommen weitere Möglichkeiten hinzu. Sollte oder könnte diese Auswahlmöglichkeit durch Standards minimiert werden?

Die Dynamik in der Elektronikentwicklung und Fertigung, egal ob es sich um Klein- oder Großserienfertigung handelt, führte bis jetzt immer zu einem Preisgefüge, welches nach unten führt. Diese Tendenz wurde und wird in der Elektronikwelt nicht durch eine Standar­disierung beeinflusst. Dabei nimmt die Leistungsfähigkeit zu und die Qualität wird im ­allgemeinen verbessert. Diese Prämisse der Elektronikbranche hat durch die LED-Technik jetzt auch den Licht- und Beleuchtungsmarkt erreicht. Wollte man in der Vergangenheit ­eine neue Leuchte konstruieren, so musste man zuerst mit einem der wenigen großen Lampenhersteller in Kontakt treten. Ein Sonderdesign eines Lampenanschluss oder eine besondere Lampenform, welche für eine neue Leuchte gewünscht war, ging mit einem enormen finanziellen Aufwand einher. Dieses stellte selbst mittelständige Leuchtenhersteller vor nicht lösbare Aufgaben. Heute hingegen ist ein innovatives Elektronik-Entwicklungs­unternehmen mit Know-how im Leiterplattendesign, im Wärmemanagement und in der Leistungselektronik in der Lage, in wenigen Tagen einen neuen LED-Lampeneinsatz zu entwickeln, den ein Architekt oder Leuchtendesigner in seinem Anforderungskatalog definiert. Bei heutigen Lebenszyklen der LED-Technik, die jetzt schon mit 50.000 Stunden (> 80%) angegeben werden (Tendenz steigend), stellt sich die Frage warum bei einer Leuchtennutzungsdauer im privaten Bereich von maximal ca. 2000 Stunden im Jahr ein möglicher LED-Modultausch überhaupt als Kaufentscheidung gewünscht wird.

Markt schafft Quasi-Standards

Bild 2: RGB-LED-Baugruppe mit Mechanik, Elektronik und Wärmeableittechnik für einen 
bestehenden Leuchtentyp
Bild 2: RGB-LED-Baugruppe mit Mechanik, Elektronik und Wärmeableittechnik für einen bestehenden Leuchtentyp
Der heute oft übliche Konstantstrom von 350 mA oder 700 mA für eine LED-Linie zeigt auf, dass sich eine gesamte Zulieferbranche von Vorschaltgeräte-Herstellern weltweit innerhalb kürzester Zeit ohne Absprache und ohne Wunsch, einen Standard zu etablieren, auf diese Werte eingestellt hatte. Erst nach und nach wurden auch andere Konstantstromwerte in Vorschaltgeräten angeboten. Ein gewisser Marktstandard für ein Teil­segment in der Anwendung der LED für die Beleuchtungstechnik war ohne Mitwirkung einer Standardorganisation geboren. Dieser resultierte nicht als profaner Wunsch, sondern wurde abgeleitet von den Werte­an­gaben in den Datenblättern der LED-Chip-Hersteller. An diesen Stromparametern wurde und wird die Lichtintensität und andere Leistungsdaten festgemacht.

Trotz kontroverser Diskussion einer Standardisierung sollte eine solche mit genügender Akribie angegangen werden. Unterschieden werden muss jedoch hierbei folgendes. Die ehemaligen Organisationen CELMA (Dachverband der nationalen Europäischen Leuchtenverbände) und ELC (European Lamp Companies) hatten sich auf die Fahne geschrieben, dass LED-Chip-Angaben vergleichbar sind und Qualitätsangaben für die LED-Chips mit einheitlichen standardisierten Prüfangaben hinterlegt werden. Diese beiden Organisationen sind 2012 in den neuen ­europäischen Industrieverband für Licht »Lightingeurope« aufgegangen. Dieser versteht sich als Sprachrohr der nationalen Verbände und der Unternehmen der Lichttechnik in Europa. Wie die Weiterführung der gestarteten Arbeiten z. B. der Papiere (Joint Celma / ELC Guide on LED related standards 2nd Edition, April 2010 und 3rd Edition Juli 2011) erfolgt, muss beobachtet werden.

Industrie will Fakten schaffen

Das Industriekonsortium Zhaga hingegen hat sich zum Ziel gesetzt Schnittstellen zu definieren. Laut eigener Ankün­digung möchte man Standards für diverse leicht auswechselbare LED-Module spezi­fizieren. Deren Anwendung soll die LED zu einem tauschbaren Leuchtmittel machen. Mit einer strengen Zertifizierung will Zhaga zudem sicherstellen, dass Kunden Sicherheit haben. Hier wird sich jeder die Frage stellen, ob eine strenge Zertifizierung einhergeht mit zusätzlichen Kosten. Diese Schnittstellen ­werden in sogenannten Book’s festgeschrieben und definieren verschiedene Produkte. Book 2 z. B. »rundes LED-Modul mit integriertem elektronischen Treiber«, Book 3 »rundes LED-­Modul mit separatem Treiber«. Man darf ­gespannt sein, ob nach der Definition der ­angekündigten elf Book’s der Markt diesen Vorgaben folgt.

Überstürzen sollte man hier jedoch nichts, da dieser teilweise gewünschte Standard in Zukunft etwas ablösen soll, was seit über 130 Jahren mit der Glühlampe mit Edison Fassung besteht. Bei der Definition von neuen gewünschten Vorgaben muss auch der Aspekt betrachtet werden, ob die in der Zukunft eingesetzte Spannungsversorgung im Wohnbereich wirklich noch ausschließlich bei 230 V Wechselspannung liegen wird.

Die Bilder 1 und 2 zeigen ein Beispiel einer nicht standardisierten Anpassung. Auf Kundenwunsch wurde eine RGB-LED-Baugruppe (Auswechselplatine) für einen Bühnenspot mit Mechanik, Elektronik und Wärmeableittechnik zu einem bestehenden Leuchtentyp entwickelt.

Fachhandwerk aufgepasst

Beachtet man nicht ständig die Eigendynamik, die durch die LED-Technik jetzt in den Beleuchtungsmarkt gelangt ist, kann es ­einem ergehen, wie der einschraubbaren Energiesparleuchte. Von Politik und Groß­industrie als Ersatz für die Glühlampe angedacht und hoch gepriesen, hat es etliche Jahre gedauert bis die Großindustrie Fertigungsstätten in Asien hochgezogen hatte und ein marktgerechter Endkundenpreis zustande kam. In dieser Phase hat sich die LED-Technik rasant entwickelt und hat die Energiesparlampen technologisch verdrängt. Um ähnliche Fälle zu vermeiden, schielen gerade auch die industriellen Hersteller von Leuchtmitteln auf Standards. Für den Mittelstand hingegen ist die Dynamik der LED als Leuchtmittel ein interessantes auszuwei­tendes Geschäftsfeld. Dieses gilt sowohl für Designer von Leuchten und Architekten für ­gewerbliche und private Gebäude als auch und vor allen Dingen für den Elektro-Fachbetrieb, der diese Technik beherrschen und im Sinne seiner Kunden beurteilen muss.

Ein weiterer Punkt darf vom Handel und vom Fachhandwerk nicht vernachlässigt werden. Laut europäischem Recht ist es zwingender Bestandteil eines jeden Kaufvertrages, die Lebensdauer der LED-Lampen und LED-Leuchten in den technischen Beschreibungen der Produkte zu erläutern. Diese Lebens­dauerangaben stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den Garantie- und Produkthaftungsangaben und den AGBs der industriellen Herstellerfirmen.

Unabhängig von den genannten Punkten sollten die Fachbetriebe die Innovationen des LED-Beleuchtungssektors für sich heute schon nutzen, auch wenn noch vieles im Fluss ist. Hinzu kommen zukünftig z. B. noch Datenübertragungsmöglichkeiten über das LED-Licht, welches auch im Bereich der Gebäudesystemtechnik ein interessantes Betätigungsfeld für den elektrotechnischen Fachbetrieb aufzeigt.

Der Autor ist Unternehmer und seit Jahrzehnten in der Entwicklung und Fertigung von elektronischen Steuerungen und Geräten für den industriellen Einsatz und den ­Automotive-Markt tätig. Seit sieben Jahren werden LED-Leuchteneinsätze für die Straßenbeleuchtung entwickelt und produziert.
Über den Autor
Autorenbild
Uwe Isenbügel

IC Industrielle Computertechnik GmbH, Düsseldorf

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