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Bestandsschutz oder neu?

Nicht-Ex-Maschinen im Ex-Bereich

Quelle: Phoenix Contact
Quelle: Phoenix Contact
Auf einen Blick Stand der Technik Seit 2002 fordert die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) für überwachungsbedürftige Anlagen zu jeder Zeit einen Betrieb, der dem Stand der Technik entspricht

Die Gefährdungsbeurteilung  ist als das zentrale Element anzusehen, um in Bereichen mit Explosionsgefährdungen eine juristisch sattelfeste Sicherheit zu erzielen
Der Austausch sämtlicher Geräte ist sehr aufwändig und erscheint auch unverständlich, warum eine unter Wasser betriebene Pumpe gegen eine baugleiche mit Ex-Zulassung ausgetauscht werden soll – so meint es zumindestens P. G. aus Baden-Württemberg. Es stellt sich ihm natürlich die Frage, ob es im Ex-Bereich eine Anpassungspflicht gibt. Es bliebe zu beurteilen, ob etwa eine Gefährdungsbeurteilung zu einer maßgeschneiderten Lösung für die konkrete Situation vernünftiger ist.

So könnte man nach der Vorstellung von P. G. untersuchen, in ­welchen Anlagen im doppelten Fehlerfall (z. B. Maschinendefekt und explosive Gase in der Umgebung) eine echte Gefahr besteht und demzufolge dort die ­alten Maschinen unverzüglich getauscht werden müssten. Vielleicht wäre es ja auch möglich, dass man mit diesem Austausch so lange warten kann, bis sich das Gerät nicht mehr wirtschaftlich reparieren lässt und dies dann durch ein Ex-geschütztes austauscht werden kann. P. G. verwies zusätzlich darauf, dass in den betreffenden unterirdischen Bauwerken das Gas-Warngerät beim Einstieg bisher noch nie zur Anzeige kam, so dass eine Gefahr für Mensch und Tier in diesem Falle sehr gering sei.

Antwort des Experten

Die Frage betrifft in erheblichem Maße, die auch schon in der Vergangenheit immer strittige und rechtlich sowie auch technisch sehr komplexe Frage des Bestandsschutzes von Altanlagen, die in den neuen Verordnungen in 2015 nun eindeutig rechtlich beantwortet wurde. In meinen Ausführungen möchte ich zunächst die rechtliche Seite der Anfrage ­beleuchten, um dann auf die praktischen Aspekte des Poblems einzugehen.

Leider teilte der Anfragende P. G. nicht mit, wann die Anlage errichtet wurde. Diese Frage ist für den Bestandsschutz von weitreichender Bedeutung. So gehen alle Vorgängerverordnungen zur BetrSichV 2015, nämlich die BetrSichV von 2002 sowie die Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen (ElexV) von 1998 und 1980 davon aus, das befugt errichtete Anlagen und Betriebsmittel, wenn sie den zum Zeitpunkt der Errichtung gültigen Normen entsprachen, in ihrer Beschaffenheit nicht geändert werden müssen.

Stand der Technik beachten

Bild: Belebungsbecken einer Kläranlage; Quelle: Verbandsgemeindeverwaltung Kirchberg-Hunsrück
Bild: Belebungsbecken einer Kläranlage; Quelle: Verbandsgemeindeverwaltung Kirchberg-Hunsrück
Mit Einführung der BetrSichV 2002 hat sich jedoch etwas grundlegend geändert. Wenn vorher die Anlagen nur den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen mussten, müssen sie seither dem Stand der Technik entsprechen und es muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Dies hat eine weitgehende Auswirkung – nicht unbedingt auf den Bestandsschutz bezüglich der Beschaffenheit der Geräte (er bleibt grundsätzlich unangetastet) – aber für den Betrieb der Anlage, wie im Folgenden dargelegt wird.

Anforderungen an Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sind in zwei Arbeitsschutzverordnungen geregelt: in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Rechtlich gesehen sind explosionsgefährdete Anlagen überwachungsbedürftige Anlagen nach dem Produkt-Sicherheitsgesetz (ProdSichG). Als solche müssen sie nach dem Stand der Technik betrieben werden. Dieser wird in § 10 BetrSichV und § 15 GefStoffV so definiert: »Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme oder Vorgehensweise zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind.«

BetrSichV, TRBS und TRGS

Der Stand der Technik wird für die Anforderungen an Prüfungen in der BetrSichV und für die Errichtung und Betrieb für explosionsgeschützte Anlagen in der GefStoffV beschrieben. Konkretisierungen des Standes der Technik sind in den Technischen Regeln zur Betriebssicherheit (TRBS) und den Technischen Regeln zur Gefahrstoffverordnung (TRGS) zu finden. Im Besonderen sind dies für die Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen die TRBS 2152-0 bis 4 bzw. inhaltsgleich TRGS 720, 721, 722. Bei Anwendung dieser Regeln ist davon auszugehen, dass die Anforderungen der Verordnungen erfüllt wurden (Vermutungswirkung).

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch andere Wege zum gleichen (Schutz-)Ziel führen. Entschließt sich ein Betreiber (Arbeitgeber), gleichwertig anzusehende Maßnahmen durchzuführen, so muss er dies in einer Gefährdungsbeurteilung darlegen und begründen. Dies wird in § 4 (3) BetrSichV festgelegt: »Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen hat der Arbeitgeber die Vorschriften dieser Verordnung einschließlich der Anhänge zu beachten und die nach § 21 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt sind. Von den Regeln und Erkenntnissen kann abgewichen werden, wenn Sicherheit und Gesundheit durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise gewährleistet werden.«

Die Gefährdungsbeurteilung ist immer und nicht nur bei Abweichungen von technischen Regeln durchzuführen und bei Ex-Anlagen im Explosionsschutzdokument (§ 6 Absatz 9 Nummer 2 der Gefahrstoffverordnung) zu dokumentieren. Die GefStoffV fordert im Anhang I Nummer 1 Ziff. 1.8: »1) Arbeitsmittel einschließlich Anlagen und Geräten, Schutzsystemen und den dazugehörigen Verbindungsvorrichtungen dürfen nur in Betrieb genommen werden, wenn aus der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung hervorgeht, dass sie in explosionsgefährdeten Bereichen sicher verwendet werden können (…) (2) Sofern in der Gefährdungsbeurteilung nichts anderes vorgesehen ist, sind in explosionsgefährdeten Bereichen Geräte und Schutzsysteme entsprechend den Kategorien der Richtlinie 2014/34/EU auszuwählen. (…) (3) Insbesondere sind in explosionsgefährdeten Bereichen, die in Zonen eingeteilt sind, folgende Kategorien von Geräten zu ver­wenden:
  • in Zone 0 oder Zone 20: Geräte der Kate­gorie 1,
  • in Zone 1 oder Zone 21: Geräte der Kate­gorie 1 oder der Kategorie 2,
  • in Zone 2 oder Zone 22: Geräte der Kate­gorie 1 sowie der Kategorie 2 oder der Kategorie 3.
(4) Für explosionsgefährdete Bereiche, die nicht nach Nummer 1.7 in Zonen eingeteilt sind, sind die Maßnahmen auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und durchzuführen.

Dies gilt insbesondere für
  1. zeitlich und örtlich begrenzte Tätigkeiten, bei denen nur für die Dauer dieser Tätigkeiten mit dem Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre gerechnet werden muss,
  2. An- und Abfahrprozesse in Anlagen, die nur sehr selten oder ausnahmsweise durchgeführt werden müssen und
  3. Errichtungs- oder Instandhaltungsarbeiten.«

Nr. 1: Gefährdungsbeurteilung

Aus dem zuvor geschilderten rechtlichen Anforderungen wird klar: der Arbeitgeber muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und explosionsgefährliche Bereiche festlegen, welche nach dem Stand der Technik in Bereiche mit atmosphärischen Bedingungen (Bereich in Luft mit Temperaturen innerhalb von – 20 °C und + 60 °C und Drücken innerhalb von 0,8 ... 1.1 bar) und Zonen eingeteilt werden. In diesen Zonen sind nach dem Stand der Technik tatsächlich nur geeignete explosionsgeschützte Arbeitsmittel, Anlagen und Geräte, Schutzsysteme mit den dazugehörigen Verbindungsvorrichtungen zu verwenden, die (sofern in der Gefährdungsbeurteilung nichts anderes festgelegt ist) der Richtlinie 2014/34/EU (Atex) entsprechen müssen.

Abs. (4) lässt eine Ausnahme zu, bei der explosionsgefährdete Bereiche nicht in Zonen eingeteilt werden müssen. Diese Ausnahme sollte aber nicht – wie es manche Kommentatoren schon behaupteten – so verstanden werden, dass ein Arbeitgeber generell auf eine Zoneneinteilung verzichten kann und stattdessen andere Maßnahmen durchführt. Die Ausnahme gilt nur für Bereiche, in denen eine explosionsgefährliche Atmosphäre in den genannten Fällen 1 bis 3 und ähnlich gelagerten Fällen auftritt. In begründeten anders gelagerten Einzelfällen greift aber auch nach meiner Auffassung das Primat der Gefährdungsbeurteilung.

Die Forderung nach einem Betrieb entsprechend dem Stand der Technik lässt nicht zu, dass das Sicherheitsniveau für Alt-Anlagen unterschritten wird. Dies würde sonst bedeuten, dass Neu-Anlagen unsicherer wären als Alt-Anlagen.

Einzuhaltende Schutzziele

Für die neue BetrSichV von 2015 gilt: Die materiellen Anforderungen aus der Vorgängerverordnung werden beibehalten, jedoch als Schutzziele formuliert. Diese gelten für alte, neue und selbst hergestellte Arbeitsmittel gleichermaßen, so dass es keiner besonderen (bisher strittigen) Bestandsschutzregelung bedarf. Vielmehr muss der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich selbst entscheiden, ob die vorgesehene Verwendung noch dem Stand der Technik entspricht oder ob sie an diesen anzupassen ist. Bei einer Anpassung ist jedoch nicht zwingend, dass das Arbeitsmittel selbst dem Stand der Technik entsprechen muss.

Insgesamt muss die Verwendung des ­Arbeitsmittels nach dem Stand der Technik sicher sein. Dies kann auch durch ergänzende Schutzmaßnahmen oder Nachrüstmaßnahmen gewährleistet werden.

Insofern gibt es nur einen Bestandsschutz für die Arbeitsmittel, aber keinen Bestandsschutz für den Betrieb der Anlagen. Deshalb kann der Stand der Technik statt durch Austausch alter Geräte auch durch andere Maßnahmen (z. B. organisatorischer Art oder anderer technischer Art) erreicht werden. Die Sicherheit muss aber das gleiche Niveau erreichen. Dies fordert § 3 (7) BetrSichV (2015), der da lautet: »Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen. Dabei ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, sind die Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln entsprechend anzupassen.«

Zum Bestandsschutz

Das Gesagte gilt auch für Altanlagen die vor 2003 errichtet wurden, für die der § 27 der BetrSichV (2002) galt. Er legte grundsätzlich fest, dass es für die elektrischen Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen, die vor dem 01.1.2003 befugt betrieben wurden, einen umfassenden Bestandsschutz gab. Dies schließt auch elektrische Betriebsmittel ein, die in einer Zone 2 betrieben wurden und im Normalbetrieb nicht funkengebend und keine heißen Oberflächen haben aber auch nicht explosionsgeschützt waren – siehe DIN EN 60079-14 (VDE 0165-1):1998.

Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur ElexV mussten die Behörden von einer Übereinstimmung mit der ElexV ausgehen, wenn die Betriebsmittel den in der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Arbeit (BMA) (siehe Bundesarbeitsblatt 411998, S. 77) veröffentlichen Normen (hier VDE-Normen, insbesondere der VDE 0165-1) entsprachen. Der Länderausschuss für Sicherheitstechnik (LASI) formuliert dazu in der Leitlinie zur Betriebssicherheitsverordnung (LV 35, 2008) in Frage E 5.1: »Der Bestandsschutz der nach ElexV errichteten elektrischen Anlagen bleibt mit dem Übergang auf die BetrSichV grundsätzlich bestehen, sofern die Anlagen unverändert weiterbetrieben werden (siehe § 27 Abs. 2 BetrSichV). Für die Arbeitsmittel, die nicht den Übergangsbestimmungen nach § 27 BetrSichV unterliegen (nichtüberwachungsbedürftige Arbeitsmittel), ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Eignung festzustellen und im Explosionsschutzdokument zu vermerken.«

Überwachungsbedürftige Anlagen

Nicht unter diesen Bestandsschutz konnten die damals »neuen« überwachungsbedürftigen Anlagen fallen, nämlich die nichtelektrischen Anlagen und Betriebsmittel – z.B. Maschinen. Für diese formulierte der Länderausschuss für Sicherheitstechnik (LASI) in der 3. Ausgabe 180-2008 zur Frage E7.1: »Somit ist nur für Arbeitsmittel, die bisher nicht der ElexV unterlagen (nichtelektrische Arbeitsmittel), zu prüfen, ob die Anforderungen des Anhangs 4 Abschnitt A (Anm. d. Verf.: der BetrSichV 2002) erfüllt werden.«

Auch diese Forderung ist für befugt betriebene Anlagen ohne weitere große Bedeutung, da diese Anforderungen schon damals weitgehend durch die ExVO (BGR104) und BGR 132 abgedeckt wurden. Durch die BetrSichV 2002 wurden damit grundsätzlich keine Nachrüstforderungen erhoben, sofern die Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Vorbemerkung zu Anhang 1 BetrSichV von 2002 nichts anderes ergab.

Diese Vorbemerkung lautete: »1. Vorbemerkung – Die Anforderungen dieses Anhangs gelten nach Maßgabe dieser Verordnung in den Fällen, in denen mit der Benutzung des betreffenden Arbeitsmittels eine entsprechende Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verbunden ist.

Für bereits in Betrieb genommene Arbeitsmittel braucht der Arbeitgeber zur Erfüllung der nachstehenden Mindestvorschriften nicht die Maßnahmen gemäß den grundlegenden Anforderungen für neue Arbeitsmittel zu treffen, wenn
  1. der Arbeitgeber eine andere, ebenso wirksame Maßnahme trifft, oder
  2. die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist.«

Ableitung des Handlungs­bedarfs

Was bedeuten diese Ausführungen jetzt für den o. g. »de«-Leser P. G. aus Baden-Württemberg und seine Problemstellung? Wenn er keinen Austausch der Altgeräte vornehmen will, dann gilt:

(1) Er sollte prüfen, wann seine Anlage errichtet wurde und welche Beschaffenheitsanforderungen zu diesem Zeitpunkt galten.

(2) Er muss überprüfen, dass die Anlage seit der Errichtung unverändert und befugt weiterbetrieben wurde. Dies betrifft insbesondere auch die stets fristgerechte Vornahme aller notwendigen Wartungen und Instandsetzungen. Deshalb gilt: Jeder Austausch von Arbeitsmitteln wäre seit 2002 eine wesentliche Veränderung gewesen, demzufolge hätten diese Arbeitsmittel der dann gültigen Verordnung zu entsprechen.

(3) Der Arbeitgeber muss in seiner Gefährdungsbeurteilung klarlegen, wie er den Betrieb nach dem Stand der Technik mit den »Altgeräten« erfüllen will. Insbesondere sind die Maßnahmen und ihre Gleichwertigkeit darzulegen, mit der die Sicherheit der explosionsgeschützten Anlage gewährleistet wird.

Sind die Punkte (1) und (2) nicht zweifelsfrei zu beantworten und die Geräte insbesondere schon an der vom Hersteller anzugebenden Lebensdauergrenze, sollte ein Austausch der Geräte in Betracht gezogen werden.

1. Möglichkeit: Austausch der Geräte

Wegen der Zoneneinteilung gemäß Gefährdungsbeurteilung sind die Geräte gegen solche entsprechender Kategorie auszutauschen. Damit würde Übereinstimmung mit der Zoneneinteilung und den gültigen Anforderungen der BetrSichV 2015 und GefStoffV 2015 erzielt und die Anlage verordnungskonform betrieben. Sofern keine Ausgleichsmaßnahmen für den Betrieb schon derzeit implementiert sind, ist dieser Austausch unverzüglich vorzunehmen.

Ein Abwarten aus wirtschaftlichen Gründen würde zu einer Ordnungswidrigkeit und im schlimmsten Fall – bei Gefährdung einer Person – zu einem Straftatbestand werden. Der vom Anfragenden beschriebene »doppelte Fehlerfall« (Maschinendefekt und Auftreten von explosionsfähiger Atmosphäre), wird ja gerade durch die Zoneneinteilung und die darauf abgestimmte Auswahl der Geräte hinsichtlich ihrer Kategorie beherrscht. Im Übrigen stellen viele elektrische Geräte schon bei Normalbetrieb eine Zündquelle dar, sodass ein Fehlerfall gar nicht unterstellt werden muss (z. B. ein Schalter).

2. Möglichkeit: diverse Maßnahmen

Hier geht es um die  Implementierung zusätzlicher, organisatorischer und/oder technischer Maßnahmen – Anforderung aus dem Punkt (3). Will man diesen Austausch nicht, so wäre es zunächst die naheliegende Aufgabe, die Explosionsschutzzoneneinteilung zu überprüfen. Sind vielleicht Bereiche in Zonen eingeteilt, die nicht explosionsgefährdet sind oder ist die Zoneneinteilung zu scharf, d. h. ist eine Zone 1 oder 0 ausgewiesen, obwohl eine Zone 1 oder 2 ausreichend wäre? Hierzu lohnt sich der Blick in die Zonendefinition des Anhangs 1 Nr. 1 Ziff. 1.7 GefStoffV, die seit 2002 unverändert für die Zone 1 und 2 den Begriff des Normalbetriebes zur Voraussetzung macht. Vor 2002 wurden die Zonen noch etwas anders definiert. Eine Hilfestellung dazu liefert die berufsgenossenschaftliche Information BGI 5033.

Es ist richtig, dass stets mit allen Geräteteilen unter Wasser betriebene Arbeitsmittel (z. B. Tauchpumpen) nicht explosionsgeschützt zu sein brauchen, weil sie nicht in einer explosionsfähigen Atmosphäre betrieben werden. Die Betonung liegt hier auf stets. Sollte es Bedingungen geben, die dazu führen, dass der Wasserstand unzulässig tief absinken kann, so dass Teile des Betriebsmittels freiliegen, so müssen bei einer Zoneneinteilung des Bereiches über dem Wasser als Zone 2 diese Geräte der Kategorie 3 entsprechen. Läge eine Zone 1 über dem Wasser vor, so müssten Geräte der Kategorie 2 eingesetzt werden. In diese Betrachtung gehen keine Randbedingungen ein, wie oft und wie lange ein solcher Wasserstand unterschritten wird.

Technische Maßnahmen

Alternativ und für bestimmte Arbeitsmittel könnte ggf. aufgrund einer geänderten Gefährdungsbeurteilung der Explosionsschutz durch eine zu installierende Mess-, Steuer- und Regelvorrichtung im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU oder durch eine Ex-Vorrichtung zur Vermeidung von explosionsfähiger Atmosphäre sichergestellt werden.

Eine solche Ex-Vorrichtung könnte z. B. den Füllstand des Wassers überwachen und die Geräte unter Wasser im Fall der Unterschreitung des Wasserpegels diese abschalten (Zündquellenvermeidung) oder durch Steuerung von Ventilen den Wasserstand wieder auffüllen (Zonenvermeidung).

Eine andere Möglichkeit wäre z. B. die Überwachung der explosionsfähigen Atmosphäre selbst, sodass bei Auftreten von z. B. 20 % UEG eine Meldung abgesetzt und bei 50 % UEG eine Abschaltung der Anlage durchgeführt würde. Andere geeignete Maßnahmen zur Zonenvermeidung könnte als Ex-Vorrichtung eine technische Lüftung in geschlossenen Räumen sein. Es versteht sich von selbst, dass für solche Sicherheitseinrichtungen nicht gewöhnliche Mess-Steuer- und Regeleinrichtungen geeignet sind, weil hier eine Sicherheitsaufgabe zu erfüllen ist.

Die Anforderungen an die funktionale Sicherheit kann z. B. durch MSR-Einrichtungen mit geeigneten SIL-zertifizierten Geräten oder durch die Beurteilung der Ausfallwahrscheinlichkeit der Ex-Vorrichtung (ist der Ausfall zu erwarten oder ist er nur selten?) erfüllt werden. Daneben ist noch die Eignung der Einrichtung – also Geber, Informationsverarbeitung (z. B. SPS) und Aktor (Schütz, Ventil) – für den Einsatz zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Weiterführende Erläuterungen und Anforderungen sind in der TRBS 2152-5 festgelegt.

Sie beinhalten im Kern für den Ersatz geeigneter Kategorie-3-Geräte oder für die Zonenvermeidung (Reduzierung einer Zone 2 auf Zone Nicht-Ex) die Anforderung einer funktionalen Sicherheit von SIL 1 beim Einsatz komplexer Technik (also speicherprogrammierbarer Technik). Der Einsatz anderer Technik ist möglich, alle Randbedingungen jedoch hier darzustellen, geht über die Möglichkeiten an dieser Stelle hinaus.

Organisatorische Maßnahmen

Auch organisatorische Maßnahmen können ggf. für bestimmte Arbeitsmittel geeignet sein, den ungenügenden Explosionsschutz – z. B. allgemeiner nicht explosionsgeschützter Arbeitsmittel – auszugleichen. Dazu ist allerdings eine eingehende Betrachtung der Arbeitsmittel notwendig und ein Vergleich mit den gleichartigen aber explosionsgeschützten Arbeitsmitteln der notwendigen Kategorie. Wodurch wird bei diesen der Ex-Schutz sichergestellt? Welche dieser Maßnahmen ist für den Anwendungsfall nicht von Bedeutung (z. B. Lichtbeständigkeit oder Schlagfestigkeit eines Gehäuses), sodass auch für das nicht explosionsgeschützte Arbeitsmittel für diese Maßnahmen keine Ersatzmaßnahmen zu treffen sind? Kann zum Beispiel durch kürzere Wartungsfristen, früheren Austausch von Verschleißteilen (z. B. Lager) oder kürzeren Prüffristen mit geänderten Prüfinhalten ein anzunehmender Gerätefehler rechtzeitig vor seinem Auftreten erkannt oder vermieden werden?

PP15168
Über den Autor
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Klaus Wettingfeld

Dipl.-Ing. Elektrotechnik; seit 30 Jahren beim TÜV Rheinland; Leiter der Zertifizierstelle Explosionsgeschützte Produkte

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