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Fehlgriffe in der Elektroinstallation

Überbrückung einer defekten NH-Sicherung

Unser Leser Roman Walbaum fand diesen Umstand bei seiner täglichen Arbeit vor und schrieb dazu, dies sei »eine interessante Variante eine defekte NH-Sicherung zu überbrücken.« Dabei gibt ­es ja durchaus Metalle, die höhere Temperaturen aushalten, wie ­beispielsweise bei einem Toaster. In einer elektrischen Anlage wollen wir ja aber fast immer genau das Gegenteil: es gilt hier, übermäßige Erwärmung zu vermeiden. Scheint aber noch nicht bei jedem angekommen zu sein.

Meinung des Experten

Hoffentlich haben diesem Menschen die Ohren genauso geglüht, wie die Drähte, die er zur Überbrückung der NH-Sicherung genommen hat (Bilder 1 und 2). Es wundert mich, dass die Drahtwickel um die Kontaktmesser nicht zu einem weiteren Kurzschluss mit den benachbarten Sicherungen geführt haben. Ein wenig Physik-Kenntnisse müssen bei dem »Überbrücker« dennoch vorhanden gewesen sein, sonst hätte er vielleicht nur einen oder zwei Leiter mit 1,5 mm2 für die Überbrückung verwendet.
Bilder 1 und 2: Diese NH-Sicherung fand unser Leser vor als er eine Anlage sanierte
Bilder 1 und 2: Diese NH-Sicherung fand unser Leser vor als er eine Anlage sanierte
Es grenzt an ein Wunder, dass es hierbei nicht zu einem Brand gekommen ist. Schlimmer noch: wäre an einem Betriebsmittel ein Körperschluss aufgetreten und ein Mensch hätte diesen fehlerbehafteten Körper ­berührt, wäre dann ein solcher Körperschluss sicher nicht in den in Abschnitt 411.3.2 von DIN VDE 0100-410:2018-10 geforderten Zeiten abgeschaltet worden. Diese Berührung hätte also tödlich verlaufen können.

Sicherungen – unabhängig von der Art – durften schon seit den 1970er-Jahren nicht überbrückt werden. In der inzwischen ungültigen DIN VDE 0100:1973-05 war Im §31b) unter 9. festgelegt: »Überstromschutzorgane dürfen nicht überbrückt werden. Anmerkung: Überbrücken heißt, einen Nebenweg schaffen, durch den der Strom im Schutzorgan so herabgesetzt wird, dass dessen Schutzcharakteristik unwirksam wird. Überbrücken bedeutet also Aufheben des durch das Schutzorgan gewährleisteten Schutzes.«

Das galt natürlich auch für die Überbrückung einer defekten Sicherung. Solche Festlegungen gibt es allerding in neueren Normen nicht mehr. Vermutlich wäre es auch sinnlos, da derjenige der einen solchen Murks macht, sich sehr wahrscheinlich auch kaum um die ­VDE-Bestimmungen kümmert.
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Über den Autor
hoermann
Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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