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Begrenzung von Anlaufströmen

Softstarter mit zukunftsfähiger Funktionalität

Softstarter mit zukunftsfähiger  Funktionalität
(Bild: Carlo Gavazzi)

Elektromotoren im industriellen und gewerblichen Einsatz verbrauchen einen erheblichen Anteil der weltweiten Energieproduktion. Steigt die Effizienz all dieser Motoren, verbessert sich deren Umweltverträglichkeit aufgrund von CO2-Einsparungen. Die Europäische Kommission nutzt diese Stellschraube und begrenzt mit den EU-Ökodesign-Vorschriften den erlaubten Stromverbrauch für ein breites Spektrum an Motoren. So müssen seit Juli 2021 Drehstrom-Asynchronmotoren mit einer Nennausgangsleistung zwischen 0,75 kW bis 1000 kW das Effizienzniveau IE3 oder höher aufweisen.

Hohen Einschaltstrom begrenzen

Der hohe Wirkungsgrad der Hocheffizienzmotoren senkt den Energieverbrauch, durch ihren Einsatz entsteht jedoch ein technisches Problem an anderer Stelle: Die Anlaufströme dieser Motoren sind um ein Vielfaches höher als die der bisherigen Standardmotoren. Während konventionelle Motoren beim Einschalten einen 6- bis 8-fach höheren Einschaltstrom gegenüber dem Nennstrom des Motors erzeugen, benötigen Energieeffizienzmotoren beim Start einen Anlaufstrom bis zum 15-fachen des Motornennstroms. Das kann zu Störungen in der Netzversorgung, zum Auslösen von Überstromschutzeinrichtungen sowie zu Druckstößen in Pumpensystemen führen.

Die klassischen Verfahren für die Verringerung von Anlaufströmen sind die Stern-Dreieck-Schaltung und der Frequenzumrichter. Frequenzumrichter sind eine hochflexible, gegenüber Softstartern jedoch weniger energieeffiziente Lösung, die aus Kostengründen in der Regel nur bei Anwendungen genutzt wird, bei denen Drehzahl-änderungen erforderlich sind. Stern-Dreieck-Schaltungen hingegen sind kostengünstig zu realisieren, allerdings bleiben sie deutlich hinter der Anpassungsfähigkeit und Funktionalität moderner Sanftanlaufgeräte zurück. So kann das Anlaufmoment nicht an die Anforderungen von Motor und Last angepasst werden, auch ein Sanftauslauf ist nicht möglich. Außerdem können Strom- und Drehmoment-Transienten auftreten, die die angekoppelten Komponenten mechanisch belasten. Softstarter als Ersatz für die Stern-Dreieck-Schaltung sind daher für die meisten Anwendungen eine gute Wahl.

Bild 1: Die Sanftanlaufgeräte RSGD und RSGT können über eine RS485-Modbus-RTU-Schnittstelle individuell konfiguriert und überwacht werden
Bild 1: Die Sanftanlaufgeräte RSGD und RSGT können über eine RS485-Modbus-RTU-Schnittstelle individuell konfiguriert und überwacht werden

Kompaktes Design

Für die Steuerung der Motorbelastung bei Start- und Stoppvorgängen von Kompressoren, Pumpen, Lüftern und Förderbändern in der Industrieautomation und in der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik hat Carlo Gavazzi daher zwei neue Softstarter-Serien entwickelt (Bild 1). Die teilgesteuerte Serie RSGD und die vollgesteuerte Serie RSGT ermöglichen den Softstart von Drehstrom-Asynchronmotoren von 5,5 kW bis 75 kW bei 400 V AC (Bild 2).

Bild 2: Die vollgesteuerten Softstarter der Serie RSGT ermöglichen den Sanftanlauf von Drehstrom-Asynchronmotoren von 5,5 kW bis 75 kW bei 400 V AC
Bild 2: Die vollgesteuerten Softstarter der Serie RSGT ermöglichen den Sanftanlauf von Drehstrom-Asynchronmotoren von 5,5 kW bis 75 kW bei 400 V AC

Die Softstarter sind kompakt gebaut. Mit 45 mm bzw. 75 mm bei der RSGD-Serie und bei der RSGT-Serie je nach Typ mit 45 mm, 75 mm oder 120 mm benötigen sie wenig Platz im Schaltschrank. Auf der Vorderseite zeigt eine LED-Anzeige Betriebsspannung, Status, Phasenreihenfolge, Alarme und Alarm-Rücksetzmodus an; seitlich sind die Blinksequenzen für die verschiedenen Alarme aufgelistet. Mittels einer Prüf- und Rücksetztaste können ein Überlastalarm simuliert, Alarme zurückgesetzt, ein Alarmerholungsmodus eingestellt und der Phasenfolgenschutz, je nach Anwendung, aktiviert bzw. deaktiviert werden. Über Relaisausgänge melden die Softstarter Störungen in die Steuerung der jeweiligen Anwendung sowie das Ende des Anlaufvorgangs und die Umschaltung in den Bypass nach dem Hochlauf. Beim RSGD 75 mm und bei den RSGT-Geräten ist ein Ventilator mit externer Stromversorgung vormontiert, bei den RSGT-Geräten wird zusätzlich die Motortemperatur überwacht. Ein QR-Code auf der Vorderseite der Geräte verlinkt auf ein Hilfe-Menü zur Fehlerbehebung.

Einstellungen durch selbstlernenden Algorithmus

Bild 3: Bei den Geräten verbessert ein selbstlernender Algorithmus bei jedem Start die Anlauf- und Auslaufparameter des Motors entsprechend der eingestellten Vorgaben
Bild 3: Bei den Geräten verbessert ein selbstlernender Algorithmus bei jedem Start die Anlauf- und Auslaufparameter des Motors entsprechend der eingestellten Vorgaben

Die Anpassung der Geräte an die Anlauf- und Auslaufparameter der Anwendungen erfolgt sehr einfach mittels dreier individuell einstellbarer Potenziometer für Sanftanlaufzeit, Sanftauslaufzeit und maximalen Volllaststrom (FLC) an der Vorderseite der Geräte. Am FLC-Drehpotenziometer wird der maximale Betriebsstrom laut Pumpen- bzw. Motortypenschild eingestellt; es fungiert als Überlastschutz.

Ein selbstlernender Algorithmus verbessert bei jedem Start die Anlauf- und Auslaufparameter des Motors entsprechend der eingestellten Vorgaben (Bild 3). Beim Anlauf werden die Einstellung für die Strombegrenzung beziehungsweise die Startparameter des Anfangsdrehmoments und der Stromrampe angepasst, so dass der Motor jeweils möglichst nahe an der eingestellten Anlaufzeit gestartet wird. Den Schwerlastanlauf unterstützt eine Booster-Funktion. Beim Auslauf sorgt ein Algorithmus für die Drehmomentregelung für ein gleichmäßiges Abbremsen der Last; beim Überhitzen des Leistungshalbleiters ober mit der entsprechenden Einstellung lässt der Softstarter den Motor im Freilauf auslaufen. Nach durchschnittlich zehn Starts sind die optimalen Einstellungen erreicht. Das Ergebnis sind ruckfreie Motorenstarts und Motorstopps, die die mechanische Belastung der Komponenten reduzieren und dadurch Wasserschläge und »Kavitationseffekte« (s. Kasten »Kavitation«) bei Pumpen verhindern.

Der interne Algorithmus stellt weiterhin sicher, dass die integrierten Bypass-Relais, die bei Erreichen der Motor-Nenndrehzahl die Thyristoren überbrücken, im richtigen Moment ausgelöst werden. Ein Motor-Überlastschutz der Klasse 10 sowie weitere integrierte Überwachungsfunktionen wie die Erkennung von Phasenfolge- und Phasenasymmetrie-Fehlern und die Überwachung von Unter- und Überspannung bieten weiteren Schutz und machen zusätzliche Überwachungskomponenten in der elektrischen Schaltanlage überflüssig.

Kavitation

Kavitation (lat. »cavitare« = aushöhlen) ist die Bildung und Auflösung von dampfgefüllten Hohlräumen (Dampfblasen) in Flüssigkeiten. Die häufigsten Verursacher für Kavitation sind schnell bewegte Objekte in einem Fluid, z. B. die Laufräder von Kreiselpumpen, Wasserturbinen oder Propellern. Nach dem Gesetz von Bernoulli ist der statische Druck einer Flüssigkeit umso geringer, je höher die Geschwindigkeit ist.

 

Fällt der statische Druck unter den Verdampfungsdruck der Flüssigkeit, so bilden sich Dampfblasen. Diese werden anschließend meist mit der strömenden Flüssigkeit in Gebiete höheren Druckes mitgerissen. Mit dem erneuten Ansteigen des statischen Drucks über den Dampfdruck kondensiert der Dampf in den Hohlräumen schlagartig, und die Dampfblasen kollabieren. Dabei treten extreme Druck- und Temperaturspitzen auf (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kavitation).

Komfortable Kommunikationsfunktionen

Bild 4: Die kostenlos erhältliche Konfigurations-Software SCS ermöglicht das komfortable Einstellen, Steuern, Überwachen und Auslesen der vom Gerät geloggten Daten der letzten 32 Motorstarts vom Laptop aus
Bild 4: Die kostenlos erhältliche Konfigurations-Software SCS ermöglicht das komfortable Einstellen, Steuern, Überwachen und Auslesen der vom Gerät geloggten Daten der letzten 32 Motorstarts vom Laptop aus

Ein besonderes Merkmal der beiden Softstarter-Serien ist die Kommunikationsfunktion für die Einstellung der Parameter und die Echtzeitüberwachung per Software. Unter der Klappe hinter dem QR-Code befindet sich eine RS485-Modbus-RTU-Schnittstelle in Form eines Mini-USB-Steckers, über den der Softstarter mit einem Laptop verbunden werden kann. Optional ist die Kommunikationsverbindung als feste RS485-Modbus-RTU-Schnittstelle verfügbar. Die kostenlos erhältliche Konfigurations-Software SCS (Softstarter Configuration Software) ermöglicht die Einstellung, Steuerung und Überwachung von bis zu 247 Motor-Softstartern (Bild 4). Das Bedienpersonal kann die Softstarter individuell konfigurieren und Konfigurationsdateien bidirektional übertragen, die Momentanwerte überwachen und Fehler und Alarme sowie die Daten der letzten 32 Starts ablesen. Über die historischen Daten lassen sich sowohl anwendungsbezogene Probleme als auch Probleme im Zusammenhang mit der Dimensionierung der Softstarter aufdecken.

Fazit

Bei der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung und beim Aufbau von Infrastrukturen zur umweltschonenden Energieerzeugung spielen Pumpen und Kompressoren eine wichtige Rolle. Hocheffizienzmotoren reduzieren ihren Stromverbrauch, machen aber die Begrenzung der hohen Anlaufströme notwendig. Die Softstarter-Serien RSGD und RSGT von Carlo Gavazzi bringen mit selbstlernenden Algorithmen für An- und Auslauf und der integrierten Kommunikationsschnittstelle ein Paket an zukunftsfähiger Funktionalität mit, mit dem eine einfache Inbetriebnahme und Überwachung, optimale Starts unter unterschiedlichen Bedingungen und dadurch eine geringe mechanische Belastung der Komponenten sichergestellt sind.

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Über den Autor
Autorenbild
Michael Schultze

Marketing Manager, Carlo Gavazzi GmbH

Über die Firma
CARLO GAVAZZI GmbH
Darmstadt
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