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Vorbereitungsseminar des ZVEH

Prüfung von Ex-Elektromotoren

Seminar des ZVEH am etz Stuttgart
Seminar des ZVEH am etz Stuttgart
(Bild: Redaktion »ema«)

Genau genommen hieß dieser Lehrgang »Vorbereitung für den Antrag an die zuständige Länderbehörde auf die Zulassung als ‚Amtlich anerkannte Befähigte Person‘ zur Prüfung von explosionsgeschützten Elektromotoren«. So heißt es z. B. in einer Veröffentlichung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: »Eine Sonderregelung gilt für die Instandsetzung von Geräten, Schutzsystemen und Sicherheits-, Kontroll- oder Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU (sogenannte »ATEX-Geräte«). Diese dürfen nach einer Instandsetzung hinsichtlich eines Teils, von dem der Explosionsschutz abhängt, erst wieder in Betrieb genommen werden, nachdem eine zur Prüfung befähigte und behördlich anerkannte Person festgestellt hat, dass das Teil in den für den Explosionsschutz wesentlichen Merkmalen den gestellten Anforderungen entspricht.« [1]

Bild 1: Dr. Georg Thomas, Abteilungsleiter des Kompetenzcenters Technology bei Heldele, war der Hauptreferent des Seminars
Bild 1: Dr. Georg Thomas, Abteilungsleiter des Kompetenzcenters Technology bei Heldele, war der Hauptreferent des Seminars

(Bild: Redaktion »ema«)

Zusammengefasst und übersetzt heißt dies, dass derjenige, der sich beruflich mit dem Prüfen und Reparieren von explosionsgeschützten Elektromotoren auseinandersetzen muss, eine amtliche Zulassung benötigt, die er nur mit dem Nachweis der entsprechenden Kenntnisse erlangen kann.

Hauptreferent an beiden Tagen war Dr. Georg Thomas, Abteilungsleiter des Kompetenzcenters Technology bei der Heldele GmbH sowie VdS-Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen und Thermografie (Bild 1). Dieser Beitrag demonstriert einen Querschnitt des Seminars und kann – aufgrund der Fülle der vermittelten Informationen – nur Teilaspekte wiedergeben, um dem Leser ein Gefühl für die Thematik zu geben.

Grundlagen des Explosionsschutzes I

Hierzu lockerte Dr. Thomas die Stimmung zunächst auf mit Fallbeispielen aus dem Alltag eines Sachverständigen, bevor er dann zum »Eingemachten« kam. Den Beginn bildeten Stichwörter wie Explosionsvoraussetzungen, explosionsfähige Gemische oder brennbare Stoffe. Insbesondere zu den brennbaren Stoffen hatte der Referent für die Teilnehmer den Tipp der »Gestis Stoffdatenbank« (https://gestis.dguv.de/). Fachleute können sich hier wertvolle Informationen wie z.B. zu den Flammpunkten oder dem Dampfdruck eines bestimmten Stoffes zulegen.

Tabelle 1: Einteilung von Stäuben in Gruppen
Tabelle 1: Einteilung von Stäuben in Gruppen

Ein weiterer zentraler Punkt des ersten Abschnitts waren Stäube und deren Einteilung in Gruppen (Tabelle 1). Dr. Thomas wies die Zuhörer explizit darauf hin, dass Stäube in Folge der Aufwirbelung gefährlicher sind als Gase. Häufig sind hier für den Elektromaschinenbauer abgelagerte Stäube auf Motoren / Kühlrippen ein Problem, so der Referent. Gefahr besteht schon ab einem Millimeter Staubschicht auf dem gesamten Boden in einem Raum mit normaler Höhe.  

Des Weiteren gab es einen Einblick in die Zündtemperatur von Gasen und deren Einteilung in Temperaturklassen (T1 bis T6), die – im Gegensatz zu Stäuben, bei denen es keine Einteilung gibt – genau nach Mindestzündtemperatur eingeteilt sind (Tabelle 2). Ein Beispiel zu einer falschen Klassifizierung einer Pumpe (gemäß Typenschild) rundete diesen Abschnitt ab. Für die Betankung mit Ottokraftstoff hätte statt der Klasse T2 (laut Typenschild) »nur« die Klasse T3 stehen dürfen.

Tabelle 2: Temperaturklassen
Tabelle 2: Temperaturklassen

Ein Ausflug in die Praxis gab es abseits des weiten Feldes des Explosionsschutzes. Dr. Thomas wollte damit den Teilnehmern den Blick schärfen, sich in jeder Lage des Berufslebens abzusichern, indem man eine professionelle, lückenlose und mit Werten gestützte Dokumentation in seinen Berufsalltag aufnimmt. Aufhänger war ein abgebrannter Wohnwagen auf einem Campingplatz, nachdem ein Elektrotechnikermeister die Verteilung in Augenschein genommen, jedoch keine Bedenken angemeldet hatte.

In Sachen Ex-Schutz stand ein weiterer wesentlicher Aspekt im Fokus, und zwar mögliche Zündquellen wie heiße Oberflächen, Flammen und heiße Gase, mechanisch erzeugte Funken oder auch statische Elektrizität. Auch hierzu hatte der Referent wieder ein Praxisbeispiel in Form eines Videos einer Überwachungskamera an einer Tankstelle im Köcher: hier entzündete sich Benzin aufgrund einer statischen Entladung im Kunststoff-Pullover einer Kundin. In Bezug auf heiße Oberflächen, die z.B. mit einer Thermografiemessung nachgewiesen werden können, wurden folgende Hinweise gegeben.

Heiße Oberflächen können auftreten auf bei:

  • elektrischen (z.B. Leuchten) und mechanischen Betriebsmitteln (z.B. Pumpen)
  • im Normalbetrieb (z.B. Begleitheizung, Dampfleitung)
  • im Fehlerfall (z.B. Lager, Motorwicklung)
  • bei Instandsetzungsarbeiten (z.B. Schweißen, Bohren, Schleifen)
  • mangelnder Schmierung (z.B. Lager) oder Überwachung (z.B. Trockenlauf).

Daran anschließend standen noch die Zündtemperatur brennbarer Stäube, ein Beispiel zur Zündtemperatur einer Staubwolke per Motor im Ex-Bereich sowie die Mindestzündenergien von Gasen und Stäuben auf der Agenda. Geräte für Staub-Ex-Bereiche werden mit der tatsachlichen Oberflächen-Temperatur in [°C] gekennzeichnet. Deswegen sind Sicherheitsabstände zu den Zündtemperaturen zu berücksichtigen.

Bild 2: Tobias Drumm, Elektromaschinenbaumeister bei Küenle Antriebssysteme, erklärt den Teilnehmern den Ablauf des Kurzschlussversuchs – anschließend wurden die Messwerte mit den auf dem Typenschild angegebenen Werten verglichen
Bild 2: Tobias Drumm, Elektromaschinenbaumeister bei Küenle Antriebssysteme, erklärt den Teilnehmern den Ablauf des Kurzschlussversuchs – anschließend wurden die Messwerte mit den auf dem Typenschild angegebenen Werten verglichen
(Bild: Redaktion »ema«)

Grundlagen des Explosionsschutzes II

Die Stichwörter Zoneneinteilung und Kategorien sowie Zündschutzarten waren wesentliche Themen des zweiten Teils der Grundlagen. Der hier verwendete Begriff »Normalbetrieb« gilt der Zustand, »in dem Anlagen innerhalb ihrer Auslegungsparameter verwendet werden. Die Zoneneinteilung ist in der Dokumentation der Gefährdungs­beurteilung (Explosionsschutzdokument) zu dokumentieren. Somit sind auch An- und Abfahren, betriebsbedingte Störungen, Wartung, Reparatur oder Probenahme zu berücksichtigen.« [2]

Bei den Zündschutzarten standen vor allem die Arten »Ex e« und »Ex d« im Mittelpunkt und sind dem einen oder anderen sicherlich bekannt aus seinem Arbeitsalltag. Bei der erstgenannten Art werden »zusätzliche Maßnahmen getroffen, um mit einem erhöhten Grad an Sicherheit die Möglichkeit des Auftretens von unzulässig hohen Temperaturen und des Entstehens von Funken oder Lichtbogen im bestimmungsgemäßen Betrieb oder unter festgelegten außergewöhnlichen Bedingungen zu verhindern.« [2] Die Anwendung erfolgt häufig bei Klemmen- und Anschlusskästen, Käfigläufermotoren oder Transformatoren.

Bei der zweiten, sehr populären Zündschutzart (Ex d) sind »die Teile, die eine explosionsfähige Atmosphäre zünden können, in einem Gehäuse angeordnet. Dieses Gehäuse hält im Innern dem Druck eines explosionsfähigen Gemisches stand und verhindert eine Übertragung der Explosion auf die das Gehäuse umgebende explosionsfähige Atmosphäre.« [2]

Zur Anwendung kommt diese Art z.B. bei Steuerungen, Schaltgeräten oder Befehls- und Anzeigegeräten. Weitere aufgezeigte Zündschutzarten waren »Ex o«, »Ex m«, »Ex q«, »Ex t«, »Ex p«, »Ex n« sowie »Ex i«.

Angeregt und teilweise kontrovers diskutiert wurden dann – als Abschluss des Theorieteils des ersten Tages – die Aussagen der diversen Typenschilder, die als Foto in den Seminarunterlagen vorhanden waren. Hier war das Ziel, die Teilnehmer »sattelfest« in Sachen Ex-Schutz-relevanter Punkte (Kennzeichnung) zu machen; eine wesentliche Voraussetzung, um in Zukunft als Befähigte Person zu arbeiten.

Bild 3: Beispiel eines Zonenplans (Kraftfutterwerk) – die verschiedenen Zonen innerhalb der Anlagenteile sind farblich verdeutlicht (Zonen in der Umgebung der Anlagenteile sind nicht angegeben)
Bild 3: Beispiel eines Zonenplans (Kraftfutterwerk) – die verschiedenen Zonen innerhalb der Anlagenteile sind farblich verdeutlicht (Zonen in der Umgebung der Anlagenteile sind nicht angegeben)
(Bild: DGUV Information 213-106, Bild 6)

Ausflug zu Küenle Antriebssysteme

Damit auch die Praxis nicht zu kurz kam, ging es – als Abschluss der ersten Tags – zur Küenle Antriebstechnik GmbH & Co. KG. Im dortigen Prüffeld demonstrierte Tobias Drumm (Bild 2), Elektromaschinenbauermeister, den Teilnehmern einen Kurzschlussversuch an einem 4-kW-Motor. Ziel war, die gemessenen Werte (bei halber Nennspannung) rechnerisch zu überprüfen und so den Nachweis zu erbringen, dass der Motor immer noch den Nennwerten entspricht.  

Gesetzliche Grundlagen – Arbeitgeberverantwortung

Zu Beginn des zweiten Tages ging Dr. ­Thomas auf die wesentlichen Bestandteile eines Explosionsschutzdokuments ein. Dieses Dokument, das in der Regel nicht von einem der Teilnehmer erstellt werden muss, enthält z. B.:

  • Beschreibung der Anlage bzw. des Prozesses
  • Gefahrstoffdatenblätter
  • Art, Lage und Abmessungen der Zonen (Bild 3)
  • Auflistung der Betriebsmittel
  • Betriebsanleitungen und Betriebsanweisungen
  • Informationen über Arbeitsfreigabesysteme
  • Prüfpläne. [3]

Zu dieser Thematik veröffentlichte die DGUV eine umfangreiche und gut aufbereitete Information, die unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3360 heruntergeladen werden kann.

Grundlage eines Explosionsschutzkonzepts und einem entsprechenden Dokument bilden der (Tabelle 3)

  • primäre
  • sekundäre und
  • konstruktive Explosionsschutz. [2]
Tabelle 3: Explosionsschutzkonzept und -dokument
Tabelle 3: Explosionsschutzkonzept und -dokument

Mechanischer Ex-Schutz von Geräten

Jörg Liebetruth, Mitarbeiter der Dekra Testing and Certification GmbH widmete seinen Vortrag dem »nichtelektrischen« Bereich: die Einordnung, Auswahl und Beurteilung nicht elektrischer Geräte und Installationen. Einen Schwerpunkt bei den nichtelektrischen Geräten bildet die Bewertung der Zündgefahren, die der Referent nach DIN EN 1127-1 (dort insgesamt 13)
zitierte.

Bei der Auswahl und Beurteilung der Geräte muss dabei unterschieden werden in bereits verwendete Altgeräte und Installationen und sog. ATEX-Geräten und deren Auswahl  gemäß der Richtlinie 2014/34/EU:

»Als Geräte zur Verwendung in Ex-Bereichen gelten Produkte die

  • als Maschine, Betriebsmittel, stationäre oder ortsbewegliche Vorrichtung, Steuerungs- und Ausrüstungsteile oder Warn- und Vorbeugungssysteme verwendet werden und
  • einzeln oder kombiniert zur Erzeugung, Übertragung, Speicherung, Messung (z.B. Manometer), Regelung und Umwandlung von Energien und/oder zur Verarbeitung von Werkstoffen bestimmt sind und
  • eigenen potenzielle Zündquellen aufweisen und
  • dadurch eine Explosion verursachen können.« [4]

Etwas delikat in diesem Zusammenhang sind Geräte mit unterschiedlichen Kategorien, wie beispielsweise eine Pumpe, bei der der nicht-elektrische Teil eine andere Kennzeichnung im Sinne der ATEX-Richtlinie bekommt wie der elektrische Teil des Geräts. Allerdings fallen nach §44 der Leitlinien der 2014/34/EU, auch Betriebsmittel, Maschinen, etc., welche miteinander kombiniert werden unter die Richtlinie. Sind diese konform, muss man sie nicht neu bewerten.

Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging der Referent noch auf weitere Themen ein, wie beispielsweise dem Aufbau von Gerätekennzeichnungen, Baugruppen, dem Konformitätsbewertungsverfahren und harmonisierten Normen, Zündquellen und -gefahren  sowie die Bewertung von Oberflächentemperaturen.

Quellenangaben

  • [1] Aus: Betriebssicherheitsverordnung – ­Explosionsschutz; Verlautbarung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
  • [2] Zitate und Tabellen 1 bis 3 aus den Seminarunterlagen von Dr. Georg Thomas
  • [3] DGUV Information 213-106
  • [4] Aus: »Mechanischer (nicht-elektrischer) Explosionsschutz von Geräten«, Jörg Liebetruth, Dekra Testing and Certification GmbH.
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Marcel Diehl

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