Netzersatzanlagen Bei Netzersatzschaltung mittels Generator ist die Netzimpedanz meist höher als bei einem Betrieb am öffentlichen Netz, was zu ansteigenden Oberschwingungsgehalten führt
Ein durchdachtes Projektieren im Vorfeld hilft, unerwünschte Nebeneffekte im späteren Betrieb des Antriebssystems zu vermeiden.
Die Netzform des Versorgungsnetzes
Für die Energieversorgung elektrischer Antriebe stehen unterschiedliche Netzformen zur Verfügung (Bild 1). Alle haben auf das EMV-Verhalten einer Anlage einen mehr oder weniger großen Einfluss. Bei dem 5-Leiter-Netz TN-S ergibt sich dabei die beste, beim isoliert aufgebauten IT-Netz hingegen die schlechteste Ausgangslage. Im Einzelnen sehen die Netzformen wie folgt aus:- TN-Netze: Innerhalb dieses Netztyps gibt es zwei Ausführungen: TN-S und TN-C.
- TN-S: Dieses System ist ein 5-Leiter-Netz, bei dem Neutralleiter (N) und Schutzleiter (PE) getrennt ausgeführt sind. Es bietet somit die besten EMV-Eigenschaften und vermeidet Störübertragungen.
- TN-C: Dieses System ist ein 4-Leiter-Netz, bei dem in der gesamten Anlage der Neutralleiter und der Schutzleiter zu einem Leiter zusammengefasst sind. Das TN-C-Netz bietet, durch den gemeinsamen Neutral- und Schutzleiter, keine guten EMV-Eigenschaften.
- TT-Netze: Dieses System ist ein 4-Leiter-Netz mit geerdetem Neutralleiter und Einzelerdung der Antriebe. Dieses System bietet gute EMV-Eigenschaften, wenn die Erdungen sauber ausgeführt sind.
- IT-Netze: Dieses System ist ein isoliertes 4-Leiter-Netz, bei dem der Neutralleiter entweder ungeerdet oder über eine Impedanz geerdet ist.
EMV – Grenzwerte und Ausbreitungswege

Dabei beeinflussen sich die Komponenten wechselseitig: Jedes Gerät stört nicht nur, sondern wird auch gestört. Kennzeichnend für die jeweilige Baugruppe ist daher neben Art und Umfang ihrer Störaussendung auch ihre Störfestigkeit gegen Einflüsse benachbarter Baugruppen. Zur Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit können Betreiber oder Anlagenbauer unterschiedliche Wege beschreiten:
- Zum einen können sie die Quelle entstören, indem sie Störaussendungen minimieren oder beseitigen.
- Zum anderen besteht die Möglichkeit, die Störfestigkeit des gestörten Geräts oder Systems zu erhöhen, indem der Empfang von Störgrößen verhindert oder deutlich reduziert wird.
Störgrößen unterscheiden

Am häufigsten lassen sich in Maschinen und Anlagen Netzoberschwingungen beobachten, auch als Netzrückwirkungen bzw. harmonische Oberschwingungen oder auch nur als Harmonische bekannt. Diese Verzerrung der Sinuskurvenform des Versorgungsnetzes als Folge pulsierender Stromaufnahme angeschlossener Verbraucher entsteht – außer durch Schaltnetzteile, Energiesparlampen oder andere leistungselektronische Bauteile – beispielsweise durch die Eingangsgleichrichter von Frequenzumrichtern. Bei Frequenzumrichtern in 50-Hz-Netzen betrachtet man die 3. (150 Hz), 5. (250 Hz) oder 7. (350 Hz) Oberschwingung. Die Auswirkungen sind hier am stärksten. Den Gesamtoberschwingungsgehalt gibt die THD (Total Harmonic Distortion) wieder.
Auswirkungen und Gegenmaßnahmen

- Erhöhte Belastung bis hin zur Zerstörung von Blindleistungskompensationsanlagen
- Überdimensionierung von Netzkomponenten wie Transformator oder Leitungen erforderlich
- Eingeschränkte Funktionssicherheit und Lebensdauer von Netzkomponenten und angeschlossenen Verbrauchern
- Drosselspulen am Eingang oder im Zwischenkreis von Frequenzumrichtern (Bild 5)
- Schlanker Zwischenkreis
- 12-, 18- oder 24-pulsige Gleichrichter
- Passive Filter
- Aktive Filter
- Active Front End und Low Harmonic Drives
Anlagen zur Blindstromkompensation

Frequenzumrichter nehmen je nach Ausführung des Zwischenkreises keinen Blindstrom aus dem Versorgungsnetz auf und erzeugen keine Phasenverschiebung. Der cos φ ist etwa 1. Aus diesem Grunde brauchen Anwender drehzahlgeregelte Motoren bei der Dimensionierung einer eventuellen Blindstromkompensationsanlage nicht zu berücksichtigen.
Da Frequenzumrichter aber Oberschwingungen erzeugen, steigt der Aufnahmestrom der Blindstromkompensationsanlage an. Die Belastung der Kondensatoren wächst mit der Anzahl der Oberschwingungserzeuger, und sie erwärmen sich stärker. Aus diesem Grunde muss der Betreiber seine Blindstromkompensationsanlagen verdrosselt ausführen. Zudem verhindert die Verdrosselung, dass Resonanzen zwischen den Induktivitäten der Verbraucher und der Kapazität der Kompensationsanlage entstehen. Ebenso erfordern Umrichter mit cos φ < 1 eine Verdrosselung der Kompensationsanlage. Zusätzlich muss der Anwender den höheren Blindstrom bei der Kabelauslegung beachten.
Netztransienten
Transienten sind kurzzeitige Überspannungsspitzen im Bereich von einigen 1000 V. Auftreten können sie in allen Versorgungsnetzen. Eine häufige Ursache von Transienten sind Blitzeinschläge. Sie entstehen aber auch dadurch, dass große Verbraucher im Versorgungsnetz ein- und ausgeschaltet werden oder z. B. Blindstromkompensationsanlagen schalten. Kurzschlüsse, das Auslösen von Sicherungen in Versorgungsnetzen und magnetisch induktive Kopplung in parallel verlaufenden Kabeln können ebenfalls Transienten verursachen.Ihre schädigenden Auswirkungen lassen sich mit verschiedenen Methoden begrenzen. Für energiereiche Transienten kommen als Grobschutz Gasableiter oder Funkenstrecken zum Einsatz. Elektronische Geräte nutzen zur Bedämpfung als Feinschutz meist spannungsabhängige Widerstände (Varistoren). Frequenzumrichter greifen ebenso auf diese Lösung zurück.
Trafoauslastung – Wieviel Frequenzumrichter verträgt ein Trafo?
Betreiber können in Niederspannungsnetzen (400 V, 500 V, 690 V) drehzahlgeregelte Antriebe bis ca. 1 MW einsetzen. Die notwendige Spannung setzt ein Transformator aus dem Mittelspannungsnetz um. Bei Trafos, die Frequenzumrichter mit Spannung versorgen, ist zu beachten, dass durch den Einsatz von Frequenzumrichtern und anderen Gleichrichterlasten Oberschwingungen entstehen, die den Transformator zusätzlich mit Blindleistung belasten. Daraus resultieren höhere Verluste und eine zusätzliche Erwärmung. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Zerstörung des Transformators kommen. Intelligente Schaltgruppen (Zusammenschalten mehrerer Transformatoren) löschen Oberschwingungen gegebenenfalls aus.Sonderfall Generatorbetrieb: Netzrückwirkungen wirken stärker

Bei Netzersatzschaltung mittels Generator ist die Netzimpedanz meist höher als bei einem Betrieb am öffentlichen Netz. Dies führt zu ansteigenden Oberschwingungsgehalten. Bei richtiger Auslegung können Generatoren in einem Netz mit Oberschwingungserzeugern arbeiten (Bild 6). Das bedeutet für die Praxis:
- Beim Umschalten von Netzbetrieb auf Generatorspeisung ist üblicherweise mit einem Anstieg der Oberschwingungsbelastung zu rechnen.
- Planer und Betreiber sollten den Anstieg der Oberschwingungsbelastung berechnen oder messen, um eine vorschriftsmäßige Spannung zu garantieren und damit Störungen und Ausfällen vorzubeugen.
- Eine unsymmetrische Belastung des Generators ist zu vermeiden, da erhöhte Verluste auftreten und der Oberschwingungsgehalt ansteigen kann.
- Eine 5/6-Sehnung der Generatorwicklung bedämpft die 5. und 7. Oberschwingung, lässt dabei aber die 3. ansteigen. Ein 2/3-Sehnung reduziert die 3. Oberschwingung.
- Anlagen zur Blindstromkompensation sollte der Betreiber nach Möglichkeit abschalten, da Resonanzen im Netz auftreten können.
- Drosselspulen oder aktive Saugfilter können Oberschwingungen bedämpfen. Parallel betriebene ohmsche Verbraucher wirken ebenfalls dämpfend, während parallel betriebene Kondensatoren hingegen für eine zusätzliche Belastung durch unkalkulierbare Resonanzeffekte sorgen.
Ausblick auf den nächsten Teil
Nachdem sich Planer und/oder Betreiber über die Art des Netzes, Vorbelastungen durch Netzrückwirkungen oder zusätzliche Maßnahmen wie Blindstromkompensation klar geworden sind, können sie sich dem nächsten Punkt widmen. Dort werden die Umgebungsbedingen wie Einbauort, Kühlung, Luft und Gase, sowie Besonderheiten wie Ex-Bereiche im Fokus stehen.Teil 2: Umweltbedingungen bestimmen Installationsort und Gehäuseart