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Praxistag bei Partzsch

Von der Turbine bis zum Netzanschluss

Bereits zum zweiten Mal veranstaltete der Döbelner Elektromaschinenbauer dieses Treffen, welches sich speziell durch die ausgiebige Werkbegehung von anderen Seminaren dieser Art unterscheidet. Hier erfuhren die Gäste – der übrigens kostenlosen Veranstaltung – nicht nur etwas über den ein oder anderen Produktionsschritt, sondern konnten sich sozusagen »hautnah« vom hohen Standard der einzelnen Abläufe überzeugen, Experten dazu befragen und bekamen auch die spezielle Herstellungsweise von »Roebelstäben« näher erläutert. Die kannten Sie bislang auch noch nicht? Sie sind damit nicht allein.

Vorstellung der Partner

Diese Aufgabe übernahm gleich zu Beginn Sven Kühne, Vertriebsleiter und Prokurist bei Partzsch. Die Firma selbst existiert seit 1954, gegründet durch Werner Partzsch unter der Bezeichnung »Reparaturbetrieb für elektrische Maschinen und Apparate«. MIttlerweile ist unter der Leitung von Dipl.-Ing. Ing. Thomas Partzsch aus dem einstigen Reparaturbetrieb ein modernes mittelständisches Unternehmen gewachsen. Wir sprachen mit Herrn Kühne am Rand der Veranstaltung über die Hintergründe des Praxistags, die Partzsch Gruppe, wie sie sich heute präsentiert und fragten nach seiner Einschätzung über die Zukunft des Marktes für Elektromaschinen (s. Kasten Interview).

Doch auch Vertreter der Partner waren vor Ort. Nacheinander berichteten Willi Vogtner von »Genet«, Matthias Tippelt von »LST« sowie Susanne Koopmann von »One for Turbine« (Turbinen-Service) in kurzen Abrissen über ihre jeweiligen Aufgaben und die Zusammenarbeit in der Partzsch-Gruppe.

Interview mit Sven Kühne

»ema«: Herr Kühne, wie kam es eigentlich zu der Idee, in Döbeln am Sitz von Partzsch einen Praxistag anzubieten?
Sven Kühne, B.Eng., Vertriebsleiter und Prokurist bei Partzsch
Sven Kühne, B.Eng., Vertriebsleiter und Prokurist bei Partzsch
Sven Kühne: Ziel war und ist es, Kunden und Partnern die Möglichkeiten der Firma Partzsch darzulegen. Erfahrungsgemäß war bisher nichts so effektiv, wie eine persönliche Präsentation unserer modernen und hochkomplexen Fertigung vor Ort.

Des Weiteren erhalten wir durch unsere umfangreichen Tätigkeiten im Reparatur- und Neufertigungsbereich sowie durch den Prototypenbau stets neue Erkenntnisse. Unser Wissen und unsere Erfahrungen wollen wir gern mit unseren Kunden und Partnern teilen. Der Partzsch Praxistag unterstützt dabei mit passend ausgewählten Fachvorträgen und bietet allen Teilnehmern eine optimale Grundlage zum »Netzwerken«.

»ema«: Aus welchen Bereichen des Maschinenbaus rekrutieren sich die Teilnehmer?

Sven Kühne: Ganz speziell aus den Bereichen der konventionellen Energieerzeugung (z.B. Kohle, Gas) sowie der erneuerbaren Energieerzeugung (z. B. Windkraft, Wasserkraft). Auch die Branche der Schwerindustrie (z.B. Stahlwerke), bei welcher große Motoren und Antriebe zum Einsatz kommen, gehört zu unserer Kundenklientel. Es sind primär keine Kunden aus dem Bereich Maschinenbau. Es sind Kunden die als Betreiber für große elektrische Antriebe und/oder für die Instandhaltung der Generatoren tätig sind.

»ema«: Herr Kühne, schildern Sie doch bitte unseren Lesern, die bislang Partzsch noch nicht kennen, kurz die Zusammenarbeit mit den Unternehmen der Partzsch-Gruppe.

Sven Kühne: Die Unternehmensgruppe besteht aus 7 eigenständig agierenden Firmen, welche sich jeweils auf spezielle Produkte/Dienstleistungen spezialisiert haben. So fertigt zum ­Beispiel die Firma Partzsch Spezialdrähte ­isolierte Kupferrund- und -profildrähte. Die Firma Partzsch Elektromaschinenbau fertigt u.a. mechanische Komponenten. Beim Unternehmensteil Partzsch Elektromotoren, wo auch Bleche und Spulen für Statoren und ­Rotoren hergestellt werden, laufen alle Komponenten für die Reparatur und Neufertigung von Elektromotoren und Generatoren zusammen. Die Firmengruppe ist so aufgebaut, dass alle benötigten Komponenten im eigenen Haus ­gefertigt werden können. Daraus ergeben sich neben der Unabhängigkeit von externen Zulieferern die Vorteile der 100%igen internen Qualitätskontrolle und Lieferzeitüberwachung. Zum erweiterten Kreis der Partzsch-Unternehmensgruppe gehören unsere Kooperationspartner, wie die Firma Genet GmbH in Ingolstadt, LST GmbH in Bremen und Pamo Reparaturwerk GmbH in Bitterfeld. Dadurch konnten wir das eigene Know-how um Detail- und Fachwissen erweitern und somit weitreichende und kundenspezifische Lösungen anbieten. Ziel ist es, als Systemdienstleister im Markt auftreten zu können.

»ema«: Was denken Sie, wie wird sich der Elektromaschinenbau in den kommenden Jahren entwickeln? Gibt es aus Ihrer Sicht beispielsweise besondere Herausforderungen für die Unternehmen der Branche?

Sven Kühne: Es gibt zwei klare Entwicklungen, wo sich der Markt aktuell verändert.
  • Lieferzeiten: Dieses Thema wird für die Kunden immer interessanter. Es gibt immer weniger präventive Instandhaltung, was während unserer Veranstaltung von mehreren Kunden bestätigt wurde. Der Trend geht ganz deutlich zur zustandsorientierten Instandhaltung. Das bedeutet aber, dass bei einem Schadensfall in den meisten Fällen die Dauer der Instandsetzung/Reparatur von größter Bedeutung ist. Dieser Aufgabe haben wir uns schon vor Jahren gestellt, indem wir alle Komponenten der elektrischen Maschine im eigenen Haus herstellten und somit die Abhängigkeiten von Lieferanten auf ein Minimum reduzierten. Ganz speziell ist dabei die eigene Kupferdrahtherstellung zu erwähnen. Mit dieser sind wir in der Lage, innerhalb von ­ 2-3 Werktagen, den zur Reparatur der Maschine benötigten Spezialdraht, herzustellen. Wenn man diesen im Markt zukaufen muss, bedeutet das oft eine Lieferzeit von mehr als 4 Wochen!
  • Systemanbieter: Immer mehr Kunden verlangen die Bearbeitung verschiedener Komponenten aus einer Hand. Zum Beispiel wurde noch vor ein paar Jahren die Revision der Turbine und des Generators, sowie der dazugehörigen Elektrotechnik separat ausgeschrieben. Diese komplexen Ausschreibungsvorgänge und die Koordination verschiedener Firmen stellten die Kunden immer vor große Herausforderungen. Dadurch hat es sich in den letzten Jahren etabliert, alle Komponenten an einen Generalunternehmer zu vergeben, der die Gesamtprojektkoordination übernimmt. Somit haben wir uns für die verschiedenen Komponenten zuverlässige und sehr erfahrene Partner gesucht und treten jetzt als Systemanbieter im Markt auf, wodurch dem Kunden die gesamte Schnittstellenproblematik abgenommen wird.
»ema«: Herr Kühne, wir danken für das Gespräch.
 

Diagnose und Monitoring an elektrischen Maschinen

Dr. Bernhard Fruth, CEO der Firma Power Diagnostic Service (PDS) aus der Schweiz, ging in seinem spannenden Vortrag vor ­allem auf sogenannte Teilentladungen (TE) ein (englisch: »partial discharge«; PD), ­die nach seiner Meinung einen irreversiblen Prozess in Systemen über 3,3kV darstellen und z.B. aufgrund hoher Feuchtigkeit in Schaltanlagen oder drehenden oder ruhenden elektrischen Maschinen auf­treten.
Bild 1: Mögliche Fehlerquellen von Teilentladungen an einer Statorwicklung
Bild 1: Mögliche Fehlerquellen von Teilentladungen an einer Statorwicklung
Nach der Definition der Norm EN 60270 (VDE 0434) ist eine TE eine »Örtlich beschränkte elektrische Entladung, welche die Isolierung zwischen Leitern nur teilweise überbrückt und welche angrenzend an einen Leiter auftreten kann, aber nicht muss.« Für Dr. Fruth sind – bezogen auf Maschinen – die Ständerwicklungen Hauptursachen von Problemen mit TE (Bild 1). Demgemäß bieten er und sein Team zunächst eine Isolationsdiagnose mit nachfolgendem Online-Monitoring an. Unter Monitoring versteht er die Überwachung der sogenannten TEAM-Faktoren:
  • T = Temperatur
  • E = Elektrisch
  • A = Ambience (Atmosphäre)
  • M = Mechanisch
Hierdurch sollen Risiken erkannt, bewertet und minimiert werden, was einer zustandsbasierten Wartung gleichkommt.

Aus dem Alltag eines Versicherers

Quelle: K.H. Beil, Allianz AG
Quelle: K.H. Beil, Allianz AG
Dr. Karl-Heinz Beil, von Beruf Physiker und Technischer Sachverständiger bei der Allianz Deutschland AG, sprach in seinen lebendigen Ausführungen über eine große Bandbreite von Schadensfällen, die er selbst betreut hatte. Der Bereich der Technischen Versicherung (TV) ist überall dort tätig, wo es Maschinen und Elektronik gibt. Dr. Beil erklärte zunächst die grundlegende Zusammenarbeit mit der Versicherung, dem Betreiber und dem Instandsetzer (in diesem Fall eben die Firma Partzsch).

Mittlerweile – so die Argumentation des Referenten – gibt es einen immer höheren Anteil an regenerativen Energien, d.h. Grundlastkraftwerke werden angefahren und wieder abgefahren, was die Belastung an den Generatoren erhöht – dennoch wurde paradoxerweise die vorbeugende Instandhaltung aus Kostengründen weiter minimiert.
Bild 3: Auf der Rückseite der Wickelköpfe wurden die Kühlgasumlenkkappen in Mitleidenschaft gezogen
Bild 3: Auf der Rückseite der Wickelköpfe wurden die Kühlgasumlenkkappen in Mitleidenschaft gezogen
In einem Beispiel ging es um die Folgen eines ortsnahen Kurzschlusses im Netz. Im Wickelkopf des Generatorstators entstanden Risse und teilweise waren als Folge der immensen magnetischen Kräfte des Überstroms die Distanzstücke herausgebrochen (Bild 2). Dr. Beil ­betonte dabei, dass sich die Schäden nicht im Betrieb, sondern erst bei einer Befundaufnahme in einem Fachbetrieb zeigten.

Ein konsternierendes Bild zeigte sich dann von hinten in den Kühlgasumlenkkappen der Wickelköpfe (Bild 3). Der Schaden ging letztendlich soweit, dass komplett neu gewickelt werden musste, was jedoch bei totalem Stillstand dem Betreiber sehr viel Verluste beschert hätte. Die Lösung war, dass er in Teillast gefahren wurde und die Erträge zwar schrumpften aber nicht auf »Null« gingen.

Rundgang durch das Werk

Bild 4: 
Armin Füssel
demonstrierte beim Werksrundgang das Verflechten bei der Produktion von Roebel­stäben
Bild 4: Armin Füssel demonstrierte beim Werksrundgang das Verflechten bei der Produktion von Roebel­stäben
Alles bleibt »graue« Theorie, wenn man es nicht selbst mit seinen Sinnen erfasst hat. In diversen Abschnitten der Produktion, begonnen an einer Laser-Maschine für die Herstellung von von Stator- und Läuferblechen, konnte sich jeder über die Notwendigkeit von erstklassigem Material und der Präzision jedes einzelnen Mitarbeiters überzeugen.

Ein besonderer Punkt der Führung war der Herstellungsprozess von Roebelstäben (s. Kasten »Roebelstab«). Armin Füssel, Teamleiter Vertrieb Neufertigung bei Partzsch, demonstrierte dabei jeden einzelnen Arbeitsschritt (Bild 4). Nach ca. drei Stunden, einigen Kilometern zu Fuß und vielfältigen Eindrücken, klang die Veranstaltung bei einem Essen im firmeneigenen Landhotel Sonnenhof aus, wo jeder für sich den Tag nochmals Revue passieren lassen konnte. Reichhaltig Stoff für Gespräche gab es ja ohnehin.

Roebelstab

Für Generatoren ab ca. 30 MVA und für Spezialmotoren werden die sogenannten Roebelstabwicklungen eingesetzt. Diese, aus einer Vielzahl einzelner, in sich verflochtener Teilleiter bestehenden Stäbe, ermög­lichen eine bessere Stromverteilung innerhalb der Nut, die sich aus Stromverdrängungserscheinungen ergeben. Die Herstellung spezieller Wicklungsstäbe ­bedarf eines besonderen Maschinenparks, wie z.B.:
  • Ablängen- und Abisolierungsmaschinen, kombiniert mit ­Kröpfwerkzeugeinrichtungen für Stäbe bis 10 m Länge;
  • Warmspulenpressen zum Vorverfestigen und Resin-Rich-Pressen der Stäbe.
Die fertigen, vorgefestigten Stäbe werden mittels eines Biegero­boters in die jeweils zu fertigenden Evolventen formgebogen. (Quelle: https://de.Partzsch.de/)
 
Über die Firma
Partzsch Elektromotoren
Döbeln
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