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Akku-Schrauber für den Schaltanlagenbau

Auf den (Klemm-)Punkt gebracht

Auf einen Blick Im Schaltschrankbau kommen unterschiedliche Materialien und Werkzeuge zum Einsatz, weshalb einem effizienten Werkzeugmanagement eine große Bedeutung zukommt

Elektrische Verbindungen werden optimal mit Drehmoment-Werkzeugen erstellt, wobei sich Akku-Schrauber als zuverlässiges und flexibles Arbeitsmittel empfehlen
Den Bauteilen, die bei Hermos Schaltan­lagenbau GmbH in Mistelgau montiert werden, sieht man nicht an, wie empfindlich sie sind. Das erklärt Armin Birner, als er durch die Produktion führt. Hier stellt das Unternehmen Installationsverteiler, Leistungs­ver­teiler bis 6300 A, UL-zertifizierte Schaltan­lagen bis hin zu komplexen Steuerschränken her. Einen Teil der Schaltanlagen fertigt ­die Produktion für hauseigene Projekte der Hermos AG, die unter anderem Lösungen für die Gebäudeautomation und Gebäudeleittechnik sowie IT-Lösungen für die Fertigungs- und Prozessindustrie entwickelt (Bild 1).

Externe Auftraggeber bestellen die Schaltanlagen für den Maschinen- und Anlagenbau, Montagelinien der Automobilindustrie oder Roboteranwendungen. »Von Losgröße eins über Kleinserien bis zu mehreren Tausend Exemplaren reichen die Bestellungen«, sagt Birner. Die Planung führe dabei alle für den Schaltschrankbau notwendigen Bereiche zusammen: die mechanische Verar­beitung inklusive Montage, die Ader- und Kabelkonfektion und die Beschriftung. Viele Arbeitsschritte sind automatisiert; die Montage der Bauteile dagegen ist Handarbeit, ohne die die hohe Flexibilität nicht möglich wäre. »Bei den Werkzeugen setzen wir allerdings auf hochwertige Schraubtechnik der Firma Desoutter«, sagt Birner.

Elektrische Verbindungen haben andere Charakteristik

Bild 1: Blick in die Fertigung. Die Hermos Schaltanlagen GmbH stellt in Mistelgau Installationsverteiler, Leistungsverteiler bis 6 300 A, UL-zertifizierte Schaltanlagen bis hin zu komplexen Steuerschränken her
Bild 1: Blick in die Fertigung. Die Hermos Schaltanlagen GmbH stellt in Mistelgau Installationsverteiler, Leistungsverteiler bis 6 300 A, UL-zertifizierte Schaltanlagen bis hin zu komplexen Steuerschränken her
Armin Birner ist bei Hermos für die Prozessoptimierung im Schaltanlagenbau verantwortlich. Er betreut mit seinen Kollegen Volker Breit und Ronny Messinger die Montage, in der etwa 180 Mitarbeiter tätig sind. »Der große Unterschied zu anderen Branchen besteht darin, dass wir keine rein mechanische Verbindung zwischen Bauteilen herstellen, sondern eine elektrische zwischen Bauteil und Leiter«, erklärt er. Diese Verbindung ­habe eine ganz andere Charakteristik. »Es geht nicht nur darum, ob die Schraube hält oder nicht hält. Vorherrschend sind weiche Klemmpunkte und weiche Oberflächen. Der Kontaktdruck muss auf Dauer ausreichend sein, der Übergangswiderstand nicht zu hoch.« Es gebe Bauteile, die sehr groß seien, aber fast kein Drehmoment benötigten. »Wenn etwa Klemmen zu fest angezogen werden, wird die Klemmstelle auf Dauer geschwächt. Klemme oder Leiter werden beschädigt.« Ist die elektrische Verbindung zu lose, weil sie nicht fest genug angezogen wurde, funktioniert sie entweder nicht oder stellt schlimmstenfalls eine Brandgefahr dar, wenn der Übergangswiderstand zu hoch wird.

Drehmoment hat man nicht im Handgelenk

Für jede Anlage, die bei Hermos zusammengebaut wird, ist daher exakt vorgegeben, welche Verbindung mit welchem Drehmoment angezogen werden muss. »Wir liefern unseren Kunden klemmpunkttechnisch genau das, was der Bauteilhersteller fordert.« Ein Drehmoment von 0,5 Nm habe man »nicht im Handgelenk«, wie Birner betont. Bei der ­manuellen Montage mit einem einfachen Schraubendreher würden die Hersteller­angaben tendenziell eher überschritten ­werden. »Daher verlassen wir uns lieber auf moderne Schraubtechnik.«

Bei der Auswahl derselben war man sich im Team schnell einig. »Wir haben verschiedene Modelle unterschiedlicher Hersteller getestet und uns dann auf die Schraubwerkzeuge der Desoutter GmbH aus Maintal festgelegt.« Die ersten Werkzeuge, die man 1995 anschaffte, waren Druckluft-Stabschrauber, mit denen Hermos heute noch auf der ­Fläche arbeitet. »Wenn die Werkstücke horizontal aufliegen, lässt sich mit den Stabschraubern komfortabel montieren«, sagt Volker Breit. »Schwieriger ist die Fertigstellung im Schrank. Denn wenn der Schaltschrank die Endverdrahtungsphase durchläuft, steht er senkrecht.« Die Schraubkontakte hier sauber zu bedienen, sei mit den Stabschraubern kein einfaches Unterfangen. Hermos versuchte es testweise mit Druckluft-Winkelschraubern von Desoutter, die aber ebenso das Handicap der Luft mitbringen. »Die Bedienung ist relativ anstrengend, und ich habe höhere Kräfte aufzuwenden, um den Bit aufzusetzen und in der richtigen Position zu halten«, nennt Birner als Nachteile. Die Drehzahl sei eventuell zu hoch, der Bit-Grip nicht optimal, schlimmstenfalls rutsche man ab und demoliere Bauteile. Und es sei halt immer ein Schlauch im Weg.

Ergonomisches Arbeiten am Schaltschrank

Vor einigen Jahren dann setzte Hermos zum ersten Mal die Akku-Schraubwerkzeuge der Elit-Baureihe von Desoutter ein. Mittlerweile sind sie aus der Montage nicht mehr wegzudenken. Die ergonomischen und leisen Akkuschrauber mit Pistolengriff überzeugten das Team vom ersten Einsatz an: »Ich habe keinen störenden Schlauch, die Grundmaschine ist ergonomischer, der Auslöseknopf besser zu bedienen, ich kann die Drehmomenteinstellung arretieren und habe die Möglichkeit, die Geschwindigkeit zu reduzieren – das ist ein komplett anderes Arbeiten«, versichern auch Ronny Messinger und Volker Breit. Für die Lithium-Ionen-Akkus sind für den optimalen Zugang zur Schraubverbindung außerdem zwei Positionen möglich.

Drehmoment nach Vorgabe der Bauteilhersteller eingestellt

Bild 2: Die Flexibilität der Akkuschrauber 
ist ein großer Pluspunkt, findet Volker Breit, Sicherheitsbeauftragter bei Hermos. Mit den Elit-Pistolenschraubern können die Werker ­sowohl liegende Bauteile montieren als auch am stehenden Schaltschrank arbeiten
Bild 2: Die Flexibilität der Akkuschrauber ist ein großer Pluspunkt, findet Volker Breit, Sicherheitsbeauftragter bei Hermos. Mit den Elit-Pistolenschraubern können die Werker ­sowohl liegende Bauteile montieren als auch am stehenden Schaltschrank arbeiten
Jeder Schaltanlagen-Montageplatz wird heute in der Regel mit mindestens drei der Elit-Schraubwerkzeuge ausgestattet (Bild 2). Diese haben unterschiedliche Drehmomenteinstellungen, um möglichst viele Klemmpunkte abzudecken. »Hiermit bedienen wir etwa 80 % bis 90 % der geforderten vorgegebenen Werte«, sagt Volker Breit, der die Schrauber in der Werkstatt einstellt.

Die Hersteller gäben ­normalerweise einen Toleranzbereich an. So seien einige Bauteile mit Drehmomenten zwischen 1 Nm bis 1,5 Nm zu verschrauben, andere mit 0,8 Nm bis 1,2 Nm. »In einem solchen Fall stellen wir einen Schrauber zum Beispiel auf einen Newtonmeter ein, um beide Herstellerangaben zu bedienen«, erklärt Breit.

Für Sonderfälle kommen entsprechend justierte Schrauber hinzu. »Die Werkzeuge werden in der Ausgabe entsprechend mit far­bigen Ringen gekennzeichnet – und das Drehmoment steht auch darauf«, sagt Breit. »Damit sind Verwechslungen so gut wie ausgeschlossen

Zwei Drittel aller Verbindungen mit Drehmoment verschraubt

Bild 3: In einem Teilbereich der Fertigung dominieren noch Druckluft-Stabschrauber von Desoutter, mit denen liegende Bauteile montiert werden
Bild 3: In einem Teilbereich der Fertigung dominieren noch Druckluft-Stabschrauber von Desoutter, mit denen liegende Bauteile montiert werden
60 Elit-Akkuschrauber sind bei der Hermos Schaltanlagen GmbH inzwischen im Einsatz. Tendenz steigend. »Wenn wir in Werkzeuge investieren, sind das nur noch Elit-Schrauber«, ist sich das Team einig. 190 Druckluft-Stabschrauber tun ebenfalls noch regelmäßig für die Montage an liegenden Bauteilen ihren Dienst. Vereinzelt werden sie auch für Verbindungen eingesetzt, die höhere Drehmomente erfordern, wie etwa Lasttrennschalter, oder bei größeren Querschnitten (Bild 3). Über 6 Nm werde auch noch von Hand mit einem Drehmomentschlüssel montiert – das betreffe etwa 10 % der Schraubfälle. »Von 0,4 Nm bis 6 Nm verwenden wir in der Regel die ELB- und ELS-Pistolenschrauber von Desoutter«, sagt Volker Breit. »Das sind etwa zwei Drittel aller Verbindungen.«

Bei ­einer Tagesleistung von 10.000 bis 15.000 Klemmpunkten sind im Prinzip fast alle ­Akkuschrauber immer in der Fertigung bei ihren Arbeitsgruppen. Um fehlerfreie Abläufe sicherzustellen, ist die ganze Produktion so strukturiert, dass Schaltschränke und -anlagen auf Arbeitsgruppen aufgeteilt werden. »Dieselben Teams bedienen dabei immer denselben Kunden oder den gleichen Stil und sind damit auf bestimmte Arbeitsabläufe trainiert«, erklärt Birner.

Fehlerrate und Abweichungen liegen bei Null

Bild 4: »Wir überprüfen alle Schrauber standardmäßig einmal jährlich«, sagt Hermos-­Mit­arbeiter Ronny Messinger. »Fehlerrate und Abweichungen gehen stets gegen null«
Bild 4: »Wir überprüfen alle Schrauber standardmäßig einmal jährlich«, sagt Hermos-­Mit­arbeiter Ronny Messinger. »Fehlerrate und Abweichungen gehen stets gegen null«
Seit Hermos mit den Elit-Schraubern arbeitet, habe sich die Qualität der Verschraubungen merklich verbessert. Es gebe kaum mehr ­Reklamationen und sogar positive Rückmeldungen.

»Beim Arbeiten mit Druckluftschraubern kann es eher vorkommen, dass durch den Sofortanlauf der Bit nicht hundertprozentig greift. Das kommt mit dem Akkuschrauber fast nie vor«, sagt Birner. Die ELS-Schrauber bieten außerdem ein optisches Signal (grün = in Ordnung, i. O.), wenn das Drehmoment erreicht wurde.

Alle Schrauber werden standardmäßig jährlich überprüft. »Am Anfang haben wir die Schrauber jedes halbe Jahr getestet«, berichtet Ronny Messinger. Aber da Fehlerrate und Abweichungen stets gegen null gingen, habe man dieses Intervall verlängert (Bild 4).

»Das ist für Desoutter natürlich nicht so optimal«, schmunzelt Armin Birner. »Wenn die Werkzeuge immer top funktionieren, kaufen wir ja keine neuen.«

Wartung und Reparaturen beschränken sich ebenfalls auf ein Minimum, da die Schrauber durch den bürstenlosen Motor und verschleißfreien Starttaster äußerst robust sind.

Warenausgang dokumentiert »zuständiges« Schraubwerkzeug

Je nach Anforderung des Kunden werden beim Warenausgang die Verbindungsstellen derzeit entweder stichpunktartig oder zu 100 % mittels einer Drehmomentmessuhr überprüft.

Es wird außerdem die Seriennummer des Schraubers festgehalten, mit dem die Verbindungen angezogen wurden. »Mit der jährlichen Überprüfung der Schrauber haben wir einen Nachweis, dass die Werkzeuge zum Einsatzzeitpunkt in Ordnung ­waren«, sagt Ronny Messinger.

Ein höherer Grad an Automatisierung in Fertigung und Dokumentation wäre für das innovative Unternehmen zwar machbar und wird auch im Zuge steigender Anforderungen einiger Kundengruppen diskutiert, aber »wir wollen die Fertigung nicht komplizierter aufbauen als wir es brauchen«, betonen die drei Hermos-Mitarbeiter.

So wie es jetzt sei, könne man im kontinuierlichen Verbesserungsprozess sehr flexibel eingreifen. »Aber wenn zukünftig Projekte auf uns zukommen, die die Umsetzung von Industrie-4.0-Lösungen in unserer Fertigung sinnvoll erscheinen lassen, sind wir jederzeit dazu bereit. Und gehen diesen Schritt dann gerne mit Desoutter.«
Über den Autor
Autorenbild
Stefanie Heß

Desoutter GmbH, Maintal

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