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Der Zukunft immer einen Schritt voraus sein

Kulturwandel bei Lapp

Kulturwandel bei Lapp
(Bild: Quelle: Christian – stock.adobe.com)

Gegründet im Jahr 1959 von Oskar Lapp und seiner Frau Ursula Ida, ist Lapp mittlerweile einer der führenden Anbieter von integrierten Lösungen und Markenprodukten im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie. Man beschäftigt bei Lapp (Bild 1) weltweit über 5000 Mitarbeiter und fertigt an 19 internationalen Standorten. Inzwischen leitet Matthias Lapp (Bild 2) in dritter Generation als Vorstandsvorsitzender das Unternehmen.

Er ist sich sicher, dass für eine weiterhin erfolgreiche Arbeit ein zufriedener und motivierter Mitarbeiterstamm das größte Eigenkapital ist: »Wir wollen die besten Talente in unserer Branche für Lapp gewinnen, entwickeln und halten. Das geht nur mit einer Kultur der ständigen Anpassung und des lebenslangen Lernens. Dies zeigt sich auch in der Organisationsstruktur mit neuer, globaler und cross-funktionaler Zusammenarbeit. Nur so gelingt es uns, noch schlagkräftiger und schneller am Markt zu sein.«

Dabei ist er sich der Tradition seines Betriebes voll bewusst, aber er zitiert in diesem Zusammenhang auch gerne den Satz »Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche«, der dem französischen Politiker Jean Jaurès (*1859; †1914) zugeschrieben wird. Dinge anders zu machen, treibt ihn an. Mit dem Kulturwandel will er den Innovationsgeist seines Großvaters weitertragen.

Bild 1: In der Europazentrale des Stuttgarter Unternehmens machte man sich früh Gedanken um einen zukunftsgerichteten Kulturwandel bei Lapp
Bild 1: In der Europazentrale des Stuttgarter Unternehmens machte man sich früh Gedanken um einen zukunftsgerichteten Kulturwandel bei Lapp
(Bild: Marcel Diehl)

Ausgangspunkt war die Analyse der Schwachstellen

Doch wo fängt man an, wenn das Thema der innerbetriebliche Wandel einer teilweise festgefahrenen Mitarbeiter- und Unternehmenskultur ist? Am besten ist es, vor der eigenen Haustüre zu kehren:  »Ich wollte, dass wir bei uns selbst anfangen, bevor wir in die Welt gehen und denen sagen, wie es anders laufen soll«, erklärt Matthias Lapp.

Für ihn stand dabei von vornherein fest: der Kulturwandel muss von innen kommen und muss gewollt sein. Ganz bewusst wurde dabei auf die Unterstützung von Unternehmensberatungen verzichtet. Den Mitarbeitenden sollte nicht einfach ein neuer Prozess vor die Nase gesetzt werden, sondern sie sollten selbst Veränderungen erarbeiten und die Erfolge sichtbar wahrnehmen.

Bild 2: Matthias Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp Gruppe, legte mit seinen Ideen den Grundstein für den »Kulturwandel« bei Lapp
Bild 2: Matthias Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp Gruppe, legte mit seinen Ideen den Grundstein für den »Kulturwandel« bei Lapp

(Bild: Marcel Diehl)

Die Definition der Kernthemen war zunächst reine Führungsaufgabe. Schließlich galt es auch versteckte Blockaden unter der Oberfläche zu identifizieren und zu klären, wie damit umzugehen ist. Das war ein neuer Weg, weg von der logischen, sichtbaren Ebene, hin zur emotionalen Ebene. Man setzte sich damit auseinander, wie sich solche Blockaden anfühlen und wie damit im Unternehmen umzugehen ist. Matthias Lapp: »Das ist ein klares Führungsthema. Wir haben intensiv reflektiert, wie wir führen müssen und welche Unternehmenskultur das letztlich schafft.« Klar ist auch: Entscheidungen, die für die Gruppe wichtig sind, gefallen nicht immer jedem, und sie trägt auch nicht jeder mit.

Zur operativen Umsetzung wurde bei Lapp extra eine Change-Abteilung gegründet, die die gewünschten Veränderungen Schritt für Schritt in den jeweiligen Ländern, Gesellschaften und Abteilungen bis heute begleitet. In den deutschen Gesellschaften wurde der Transformationsprozess über eine enge Zusammenarbeit mit Human Resources und den Betriebsräten gesteuert. Die Einbindung der Führungskräfte, Multiplikatoren und allen Mitarbeitenden zu balancieren war dabei eine Mammutaufgabe.

Bei der Analyse der Schwachstellen zeigten sich folgende Punkte:

  • Zu viel Abstimmungsaufwand, zu viele Schnittstellen und unklarer Informationsfluss
  • viele abteilungsübergreifende Projekte und vielfältige Rollen für die Mitarbeitenden
  • teilweise bestehen konkurrierende Ziele zwischen den Bereichen. Das sorgt für Verwirrung bei den Mitarbeitenden
  • die Unternehmensstrategie ist nicht immer transparent und in greifbare Ziele und Aktivitäten übersetzt
  • das Management ist nicht nahbar
  • die vielfältigen und komplexen Anforderungen auf Kundenseite sind nicht mehr einfach und schnell abzuarbeiten.

Wem das bekannt vorkommt, sieht, es geht wohl vielen so.

Herausarbeitung von fünf Handlungsschwerpunkten

Nach der Analyse folgte auf breiter Basis die Diskussion, wie sich diese Schwachstellen beseitigen lassen. Dabei kristallisierten sich fünf Handlungsschwerpunkte heraus.

1. Wandel in der Führungskultur

Bisher fehlte eine klare und transparente Ausrichtung der Verantwortlichkeiten. Um schnelle Entscheidungen so nahe an den Kunden wie möglich treffen zu können, sollten Führungskräfte Verantwortung an die Mitarbeitenden abgeben und sie dafür auch befähigen. Ziel war es, Entscheidungen schneller und an der richtigen Stelle zu treffen. Unter dem Titel »I’m a Connector«, entwarf man bei Lapp ein Leitbild für alle Führungskräfte, das einen kooperativen, transformationalen Führungsstil festschreibt. In Europa wurden dafür bereits viele Formate für Geschäftsführer und Mitarbeitende geschaffen. Das LA-EMEA-Team initiierte viele Workshops, führte viele schwierige Gespräche, um als Team besser zu werden. Das wird nun global erweitert.

2. Sachliche Kritik als Feedback

Zeitnahes und richtiges Feedback wurde bislang teilweise nicht gegeben. Oft wurde sachliche Kritik auch persönlich genommen. Heute ist Feedback ein Teil der täglichen Arbeit, hierarchieunabhängig und faktenbasiert.

3. Verhaltensweisen bei Meetings

Die Pandemie hat weite Teile unseres täglichen Miteinanders verändert. Lapp erging es in Sachen »Meeting-Kultur« nicht anders. Heute wird häufiger die Möglichkeit des Standort-unabhängigen Austausches wahrgenommen als vorher. Dadurch wird auch viel offener diskutiert und es entstehen Ideen aus der ganzen Welt. In Asien findet regelmäßig beispielsweise eine Strategiekonferenz statt. Auf diese Art konnten viel mehr Mitarbeitende in den Strategie-Prozess mit einbezogen werden.

Aber es gibt auch viele kleine Ideen von Mitarbeitenden, die bei der täglichen Arbeit sehr hilfreich sind. So wurde im Customer Service eine »ELMO«-Karte (»Enough Let’s Move On«) eingeführt. Sie wird immer dann gehoben, wenn Teilnehmende vom Thema abschweifen. Das funktioniert auch bei anderen Meetings. Übrigens: Studien zeigen, dass Beschäftigte im Schnitt 4,5 Stunden pro Woche in Meetings verbringen, die kaum Relevanz für ihre Arbeit haben. Lapp hat daher einen Sieben-Punkte-Leitfaden für Besprechungen eingeführt: Beschreibe den Anlass kurz und bündig. Formuliere ein erwartetes Ergebnis. Lade nur relevante Teilnehmende ein. Sei vorbereitet. Halte Dich an den Zeitplan. Bleib fokussiert. Halte das Ergebnis fest. Zu lange und unnötige Meetings sollen so vermieden werden.

4. Suche keinen Schuldigen, sondern eine Lösung

Lapp hat als Unternehmen einen hohen Qualitätsanspruch. Da liegt es auch in der Natur der Dinge, dass Fehler gerne um jeden Preis vermieden werden. Doch ohne Fehler kann es keine Weiterentwicklung geben, denn aus diesen Fehlern lernen wir schließlich. Eine solche Fehlerkultur gab es bisher nicht. Auch Wertschätzung und Anerkennung waren nicht unbedingt Teil der täglichen Arbeit. Ziel war es, nicht mehr nach dem Schuldigen zu suchen – sondern nach einer gemeinsamen Lösung. Denn Fehler sind wichtiger Bestandteil der Innovationskraft, für die das Unternehmen steht. Heute findet, insbesondere im internationalen Kontext, ein regelmäßiger Austausch in unterschiedlichsten Formaten statt – diese Offenheit war einer der wesentlichen Gründe, warum Lapp gut durch die Corona-Krise kam.

5. Selbstverantwortung bei den Mitarbeitenden

Entscheidungen wurden bisher hauptsächlich von den Führungskräften getroffen. Das führte manchmal zu langen Liegezeiten, da es keine Vertretung gab. Mitarbeitende wurden nicht dazu befähigt, Verantwortung zu übernehmen. Künftig sollen Entscheidungen an der richtigen Stelle und vom richtigen Mitarbeitenden getroffen werden. Um das zu ändern, benötigte es Bereitschaft von beiden Seiten: von den Führungskräften und den Mitarbeitenden.

In allen Abteilungen wurde eine Richtlinie entwickelt, Vertretungsregelungen wurden definiert und Organisationsanweisungen angepasst. Allerdings ist es schwer, immer wieder dieses »Empowerment« (Selbstverantwortung) auszubalancieren und richtig zu handeln. Auf der einen Seite wollen Mitarbeitende viel Beteiligung, allerdings ist Matthias Lapp sehr wohl bewusst, dass kritische Entscheidungen für einen langfristigen Erfolg nicht immer im Demokratieprozess entschieden werden können. Gerade in der Transformation steckt viel Organisationsveränderung, die nicht per se für den Einzelnen gut ist, sondern für die Gruppe und den Erfolg der Kunden.

Die Lernerfahrungen

Nach mittlerweile ca. sieben Jahren beschäftigt man sich bei Lapp mit dem »Kulturwandel«. Auf die Frage, ob dieser Wandel nun abgeschlossen sei, entgegnet Matthias Lapp: »Wir haben inzwischen 80 % bis 90 % von dem erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Das ist ein gutes Niveau und 100 % muss man auch nicht haben.« Die Resultate oder auch Lernerfahrungen, die man machte, lassen sich so zusammenfassen:

Kulturwandel ist in erster Linie die Arbeit an sich selbst und den eigenen Glaubenssätzen – nicht das Ausrollen von Leitlinien für alle anderen wichtiger als schöne Buzzwords ist ein Management, das als Vorbild bei sich selbst anfängt die Organisation ihren Job machen lassen – Kulturwandel ist nur dann wirksam, wenn er den Teil der Organisation, die von einem Wechsel betroffen ist, bei ihrem Job weiterbringt.

Und schließlich gibt es natürlich auch die, die einen Wandel nicht mittragen wollen oder können. Dann, so Matthias Lapp; gäbe es eine Konsequenz, die da lautet: »Er oder sie passt nicht in die Lapp-Kultur.« Doch das seien nur die allerwenigsten. Unterm Strich ist der Kulturwandel ein großer Erfolg: »Ich bin überzeugt davon, dass zwei bis drei Prozent unseres Wachstums auf den Wandel zurückzuführen sind.«

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Marcel Diehl

Redaktion »de«

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U.I. LAPP GmbH & Co. KG
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