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Kein Nachfolger aus der Familie oder unter den Mitarbeitern in Sicht

Erfolgreiche Betriebsübergaben im Elektrohandwerk

Bild 1: Im ersten Fall der EAS GmbH erfolgte der Zuschlag des Unternehmens an Dehn Instatec und damit einen mittelständischen Betrieb aus dem Elektrohandwerk (v.l.n.r.: Bernhard Heimgartner, ehemaliger Gesellschafter der EAS, Florian Meier, Geschäftsführer der Dehn Instatec, Manfred Spitzenberger, ehemaliger Gesellschafter und derzeitiger Geschäftsführer der EAS, und Christian Hamann, Geschäftsführer der Dehn Instatec)
Bild 1: Im ersten Fall der EAS GmbH erfolgte der Zuschlag des Unternehmens an Dehn Instatec und damit einen mittelständischen Betrieb aus dem Elektrohandwerk (v.l.n.r.: Bernhard Heimgartner, ehemaliger Gesellschafter der EAS, Florian Meier, Geschäftsführer der Dehn Instatec, Manfred Spitzenberger, ehemaliger Gesellschafter und derzeitiger Geschäftsführer der EAS, und Christian Hamann, Geschäftsführer der Dehn Instatec)
(Bild: Dehn Instatec)

Nicht immer klappt die Unternehmensnachfolge im Kreis der Familie oder der Mitarbeiter. Dann ist es notwendig, nach Lösungen zu suchen, um das Lebenswerk des Unternehmers zu erhalten und gleichzeitig die Familie abzusichern.

Bernhard Heimgartner und Manfred Spitzenberger führten seit über 20 Jahren einen Elektroinstallationsbetrieb in Ebersberg. Der Betrieb zeichnet sich durch eine deutlich über dem Branchendurchschnitt liegende Ertragssituation aus. Diese wurde erkauft durch einen Arbeitseinsatz der beiden Geschäftsführer und Gesellschafter, die weit mehr als 40 Stunden pro Woche erfordert.

Keine interne Lösung in Sicht

Die Führungskräfte konnten die Finanzierung des Kaufpreises nicht stemmen. Deshalb musste eine externe Lösung gefunden werden. Beide Geschäftsführer waren noch längst nicht im Rentenalter, wollten aber ihre persönliche Arbeitsbelastung und auch die persönlichen Perspektiven gründlich verändern.

Mitverantwortlich für die Entscheidung, einen Käufer für das Unternehmen zu suchen, war die Erschwernis, einen Ansprech- oder Sparringspartner zu finden, um die Probleme des Tagesgeschäftes zu diskutieren. Im Laufe des Jahres 2021 wurde mit der Unternehmensberatung Heckner analysiert, welche Optionen und welche Möglichkeiten der Betrieb hat, um auch die Arbeitsbelastung der Gesellschafter zu reduzieren.

Die Unzufriedenheit steigt

Im Laufe des Jahres 2021 wurde klar, dass eine radikale Veränderung – also ein Verkauf des Unternehmens – und eine Weiterbeschäftigung, aber mit deutlich weniger Stunden für Bernhard Heimgartner, die ideale Lösung darstellt.

Was ist das Unternehmen wert?

Ein entscheidender Punkt ist für Unternehmer in einer ähnlichen Situation die Wertermittlung des Unternehmens. Wenn keine Wertermittlung des Unternehmens vorliegt, werden alle Gespräche mit potenziellen Interessenten im Sand verlaufen.

Gemeinsam mit dem Berater wurde ein Exposé des Unternehmens angefertigt und es wurden Anzeigen in einschlägigen Medien geschalten, in denen das Unternehmen in anonymisierter Form angeboten und der Berater als Ansprechpartner angegeben wurde.  

Manfred Spitzenberger dazu: »Wir waren beide von der großen Resonanz überrascht.« Mehr als 20 Personen und Unternehmen galt es nun unter die Lupe zu nehmen und abzuwägen, mit wem man denn überhaupt in Kontakt treten möchte. Zwei Drittel der Interessenten wurden nach gründlicher Analyse Absagen erteilt, mit den anderen wurde zunächst eine Vertraulichkeitserklärung vereinbart und es wurde anschließend ein anonymisiertes Exposé mit den wesentlichen Kennziffern und dem Wert des Unternehmens übermittelt.

Komprimierte Informationen in einem Exposé

Ein Exposé ist schon alleine deshalb wichtig, um permanente Rückfragen von Interessenten zu vermeiden. Natürlich muss man »die Hosen herunterlassen« und die wichtigsten Eckdaten des Unternehmens, wie Ertragssituation, Personalstamm (natürlich in anonymisierter Form) sowie Kostenstruktur und Entwicklung der letzten Jahre des Unternehmens offenlegen.

Die persönliche Chemie muss stimmen

Der Vorteil eines ausführlichen Exposés ist, dass viel schneller auf Seiten des Interessenten entschieden werden kann, ob und in welcher Weise weitere Gespräche geführt werden. Aus den unterschiedlichen Interessensgruppen (Investoren, überregional tätige Unternehmen usw.), schälten sich schließlich einige Interessenten heraus, mit denen zunächst persönliche Gespräche vor Ort und außerhalb der Betriebszeiten geführt wurden. Um zu prüfen, ob man überhaupt »miteinander kann« und sich auf der gleichen Wellenlänge bewegt. Letzten Endes waren es drei Interessenten, die in die engere Auswahl gekommen sind.

Entscheidung für das größere Unternehmen

Bernhard Heimgartner sagt zum Entscheidungsprozess: »Schließlich haben wir uns nach ausführlichen und detaillierten Angeboten von Interessenten für die Firma Dehn Instatec aus Neumarkt entschieden. Das Besondere dabei – und das bedeutet für mich eine Entlastung: ich habe dort in diesem größeren Betrieb immer einen Ansprechpartner, wenn es um technische oder organisatorische Probleme geht. Meine Arbeitsbelastung konnte ich zwar reduzieren, aber bei den angepeilten 30 Stunden in der Woche bin ich leider noch nicht angekommen, ich arbeite daran.«

Für viele kleinere oder mittelgroße Unternehmen ist es ein deutlicher Vorteil, die Organisation eines größeren Unternehmens, also des Käufers, zu nutzen. Ein Betrieb mit mehr als 300 Mitarbeitern – verfügt i. d. R. über wichtige Ansprechpartner für die unterschiedlichsten technischen und kaufmännischen Belange (Bild 1).

Die Mitarbeiter sind nach wie vor engagiert bei der Sache

Trotz der Freude über die gefundene Lösung blieb für Bernhard Heimgartner anfangs ein wenig Unsicherheit: »Ich war unsicher, wie die Mitarbeiter auf den Verkauf des Unternehmens, der im Frühjahr 2022 stattgefunden hat, reagieren. Jetzt im Frühjahr 2023 können wir mit Freude feststellen, dass nicht ein Mitarbeiter wegen des Zusammenschlusses gekündigt hat. Im Gegenteil: die Mannschaft findet es gut, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der den Mitarbeitern auch eine langfristige Perspektive bietet. Wir waren mit der kompletten Mannschaft in Neumarkt und haben viele Kollegen aus Neumarkt auch bei uns begrüßen dürfen und wachsen langsam zu einer großen Familie zusammen.«

Bernhard Heimgartner weiter: »Für mich war die Entscheidung, sich einen Partner an Bord zu holen, die richtige Entscheidung, die wir getroffen haben. Unser persönlicher Stress hat sich deutlich reduziert und es ist einfach ein gutes Gefühl, jemanden zu haben, mit dem man sich austauschen kann und der einen unterstützt, die Probleme des Tagesgeschäftes zu lösen.«

Übernahme durch Gebäudedienstleister

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Im zweiten Fall der gevetec GmbH wurde man sich nach reichlicher Überlegung mit einem Gebäudedienstleister handelseinig. Wir haben uns mit Dirk Schauer, Geschäftsführer und ehemaliger Gesellschafter der gevetec GmbH, ausgetauscht. Dirk Schauer hat zum Jahreswechsel sein Unternehmen an die Piepenbrock Service GmbH & Co. KG verkauft. Wir haben ihn zu seinen Erfahrungen befragt (Bild 2).

»de«: Herr Schauer, wann entstand die Entscheidung, den Nachfolgeprozess anzugehen und wie lange hat es dann gedauert?

D. Schauer: Mir war schon sehr früh bewusst, dass das Elektrohandwerk vor großen Herausforderungen, wie z. B. dem Fachkräfteschwund, stehen wird. Aus meiner Verantwortung gegenüber jedem einzelnen Mitarbeiter und den langjährigen Kunden haben wir uns damals schon als Unternehmen gemeinsam neu ausgerichtet. Es war vollkommen klar, dass dies alles nur dann Sinn macht, wenn auch meine Nachfolge geregelt wird.

Ausgelöst durch einen Artikel in der »de« im Jahr 2018 habe ich mir das Buch »Betriebsübergabe leicht gemacht« von Ulrich C. Heckner gekauft und im Urlaub gelesen. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub habe ich umgehend Kontakt zu den Autoren des Buches aufgenommen. Im nachfolgenden Zeitraum bis zum Verkauf am 1.1.2023 haben wir gemeinsam unser Unternehmen mit vielen, vielen Maßnahmen auf die Nachfolge vorbereitet.

Ziel aller Maßnahmen war es zunächst, das Unternehmen von mir als Chef und Inhaber möglichst unabhängig zu machen. Wir haben die Organisation ständig optimiert und umgestaltet, Personal gecoacht, Strukturen sowie Personalbesetzungen dort, wo nötig, auch zielgerichtet korrigiert. Parallel wurden mögliche Übergabeszenarien entwickelt, geprüft, verworfen, neu überdacht und konkretisiert. Das dauert, wenn man es gut machen möchte, halt seine Zeit, in unserem Fall dann eben fast fünf Jahre.

»de«: Wo waren für Sie die größten He­rausforderungen im Nachfolgeprozess?

D. Schauer: Wir haben fast vier Jahre ergebnisoffen nach der grundlegenden, optimalen Lösung für uns als Unternehmen gesucht. Dabei gilt es, die größte Schnittmenge zwischen den Mitarbeitern, den Kunden, meinen bzw. unseren Vorstellungen sowie Wünschen und am Ende natürlich auch dem Nachfolger bzw. Erwerber zu finden. Hierbei stand für mich immer das Unternehmen mit den dort handelnden Personen an erster Stelle. Das Unternehmen ist unser Baby und es sollte möglichst als Ganzes mit der gevetec-eigenen DNA weitergeführt werden.

»de«: Warum sollten Experten einbezogen werden?

D. Schauer: Das erzielte Ergebnis hätten wir in jeder Hinsicht niemals ohne die professionelle Unterstützung der Unternehmensberatung Heckner, in unserem Fall durch Sabine Bernstein, erreichen können. Hier ist in jedem Fall fachspezifische kaufmännische, rechtliche und strategische Erfahrung für Nachfolgeregelungen in Elek­tro- bzw. Gebäudetechnik-Unternehmen erforderlich. Wir wurden hier über den gesamten Zeitraum professionell und zielgerichtet gecoacht. Ganz klar, es gibt viele Berater, darunter aber auch viele ungeeignete Berater – wir haben in unserem Fall den richtigen gefunden.

Die Beratung hat geholfen, unser Unternehmen auf den Punkt fit für die Umsetzung der Nachfolgeregelung bzw. den Verkauf zu machen. Auch den Prozess der eigentlichen Verkaufsverhandlungen führt man anders, wenn professionelle Hilfe mit an Bord ist. Das Unternehmen mit allen Mitarbeitern, der Erwerber und ich als Verkäufer haben ein optimales Ergebnis erzielt.

»de«: Gibt es Punkte, die auch im Nachgang schwierig sind?

D. Schauer: Der Prozess ist in den ersten Jahren komplett geheim gelaufen. Erst im letzten halben Jahr war die Führungsebene in Teilen eingeweiht. Wir wollten keine Verunsicherung bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten entstehen lassen. Trotz allem sickert irgendwo irgendwas durch. Zum Ende hin gab es insbesondere in der Belegschaft viele Spekulationen, die zu Verunsicherung und Unruhe geführt haben. Es war daher sehr, sehr wichtig, alle zeitnah nach Vertragsunterzeichnung an Bord zu holen. Einige waren überrascht und es gab auch teilweise erhebliche Vorbehalte zu der nun vollzogenen externen Nachfolgelösung. Wir haben im Nachgang viele Einzelgespräche geführt. Bis dato ist weder ein Kunde noch ein Mitarbeiter wegen der Übergabe abgesprungen. Ich denke, wir konnten bisher alle von den Vorteilen der gefundenen Lösung überzeugen.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass man loslassen muss. Das fällt mir aus der Gewohnheit heraus noch ein wenig schwer. Da endet absehbar ein Lebensabschnitt und mein Einfluss auf das Unternehmen nimmt dann ab. Ein neuer Inhaber bedeutet auch, dass wir uns an neue Rahmenbedingungen anpassen müssen. Das Zahnrad gevetec muss in das Getriebe des Erwerbers eingebaut werden, dabei knirscht es dann hier und da auch schon mal. Die nach wie vor Inhabergeführte Piepenbrock Unternehmensgruppe macht es uns dabei mit ihrer sehr wertschätzenden und geduldigen Unternehmensphilosophie, wie erwartet, bisher sehr einfach.

»de«: Herr Schauer, welche Tipps können Sie aus Ihrer Erfahrung an Unternehmer geben, die vor einem Nachfolgeprozess stehen?

D. Schauer: Hier möchte ich folgende Punkte aufzählen:

  • rechtzeitig mit dem Thema beschäftigen, die Zeit bis zur Deadline verfliegt sehr schnell
  • der realisierbare Verkaufserlös sinkt mit jedem Lebensjahr des Unternehmers
  • Eckpunkte festlegen, die für den ganzen Prozess als gesetzt gelten
  • die betriebswirtschaftlichen Zahlen frühzeitig auf aktuellen Stand bringen und historisch dokumentieren (BWA, Halbfertige, Warenbestände, Anlagevermögen)
  • möglichst früh schon einmal eine Unternehmensbewertung erstellen lassen – dann kennen Sie Ihren Startwert
  • professionelle, fachkundige und vertrauensvolle Berater einschalten
  • allen möglichen Lösungen und potenziellen Erwerbern gegenüber aufgeschlossen bleiben und querdenken
  • das Unternehmen frühzeitig organisatorisch auf den Verkauf vorbereiten (die Braut hübsch machen)
  • sich nicht selbst belügen, falsche Erwartungen, insbesondere finanzielle Erwartungen, sind nicht zielführend
  • als Unternehmer in jedem Fall authentisch bleiben
  • Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern sowie Kunden bewahren und auf die Wertschätzung des Nachfolgers/Erwerbers gegenüber dem Unternehmen achten.

»de«: Wie geht es Ihnen jetzt, nachdem der Prozess beendet ist?

D. Schauer: Entspannt, weil mögliche Weltkrisen, Pandemien, Lieferschwierigkeiten, verrückte Mitarbeiter oder Kunden und andere Katastrophen keinen direkten Einfluss mehr auf mich privat haben. Zufrieden, weil das Unternehmen eigenständig erhalten bleibt und in unserem Sinn fortgeführt wird. Zugleich bin ich aber gespannt, wie sich das Unternehmen nun mit den neuen Inhabern, der Piepenbrock Unternehmensgruppe, entwickelt. Ich bleibe als Geschäftsführer in der Pflicht und arbeite mittelfristig meinen Nachfolger ein. Damit ist die Kontinuität gegenüber Mitarbeitern und Kunden gewährleistet, gleichzeitig ist das Unternehmen für die Zukunft und die anstehenden He­rausforderungen sehr, sehr gut aufgestellt. Also Ziel erreicht!

Seminare

Die Unternehmensberatung Heckner bietet in den nächsten Wochen zwei Seminare zur Betriebsübergabe im Elek­trohandwerk an:

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Über den Autor
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Dipl.-Kommunikationswirt Roland Lüders

Redaktion »de«

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