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Rückblick VdS-Brandschutztage 2023 in Köln

Digitalisierung und Dauerbrenner im Brandschutz

Löschübung Brandschutz
Die virtuelle Löschübung mit einem Feuerlöscher gehört zum E-Learning-Programm des Münchner Unternehmens 4dlernen
(Bild: Kalscheuer)

Über diesen Besucherrekord freute sich nicht nur die VdS Schadenverhütung als Veranstalter, sondern auch die Aussteller verzeichneten ein großes Interesse der Fachbesucher an ihren Ständen. Denn neben aller Theorie wird auf der Dezember-Veranstaltung traditionell Wert auf die Erlebbarkeit aktueller Brandschutztechnik gelegt. So konnten auch dieses Jahr wieder Live-Vorführungen, Produkte zum Anfassen und virtuelle Übungen mithilfe von Virtual-Reality-Brillen von den Besuchern ausprobiert werden.

Kommende Entwicklungen im Zukunftsforum

Die Talkrunden und das Zukunftsforum Brandschutz betrachteten sowohl die kommenden Entwicklungen rund um den Brandschutz (Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz) als auch die gegenwärtigen „Dauerbrenner“ (Brandschutz im Holzbau, Brandgefahren durch Lithium-Ionen-Akkus).

Digitalisierung Brandschutz
Carsten Meissner und Torsten Pfeiffer als Trekkies im Zukunftsforums-Vortrag „Visionen in der Brandmeldetechnik – alles nur Scifi?“

(Bild: Kalscheuer)

In der Sternzeit zurück reisten Carsten Meissner (Siemens) und Torsten Pfeiffer (VdS), um in ihrem Zukunftsforums-Vortrag „Visionen in der Brandmeldetechnik – alles nur Scifi? Ein Blick aus der Zukunft“ aktuelle Trends aus der Sicht der Star-Treck-Besatzung zu beurteilen. Hier kamen u.a. digitales Betriebsbuch, automatisierte Wartung und Remote-Zugriff auf den Prüfstand – grundlegende Themen, die sich später auch detailliert in den Fachtagungen wiederfanden.

Für viele Besucher bildeten die VdS-Fachtagungen neben dem 54. Fortbildungsseminar für Brandschutzbeauftragte sicherlich den Höhepunkt des Besuchs, denn hier gab es fundierte Informationen rund um Hydranten- und Feuerlöschanlagen, Baulichen Brandschutz, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen sowie Brandmeldeanlagen.

Dreidimensionale Brandschutz-Projektierung

Fachtagung Brandschutz
Ein Teil der 4.400 Fachbesucher verfolgte im großen Europasaal die VdS-Fachtagung Brandmeldeanlagen

(Bild: Kalscheuer)

Im großen Europasaal, in dem die VdS-Fachtagung Brandmeldeanlagen stattfand, erweiterten sich bei einigen Vorträgen die eigentlich umfangreich vorhandenen Sitzplatzreihen um weitere Stehplätze an den Eingängen. Denn spannende Vorträge wie zu den Risiken und Fehlern bei Prüfverfahren der Instandhaltung für Brandmelder oder der Projektierung von Ansaugrauchmeldern im Hochregal versprachen den Teilnehmern neue Erkenntnisse für ihre berufliche Praxis.

So zeigte Torsten Pfeiffer von der VdS Schadenverhütung GmbH, dass allein schon bei der Definition, wann ein Regallager nun tatsächlich ein Hochregallager sei, die Meinungen weit auseinandergehen (laut VDE 0833-2 übrigens ab einer Höhe von 7,5 m). Durch anschauliche Grafiken konnte er für die Zuhörer u.a. greifbar machen, wie Ansaugrauchmelder in der Tiefe eines großen Regals dreidimensional geplant werden müssen.

Warum der Brandmeldertausch nach fünf Jahren erfolgen muss

Dass sein Vortrag „Risikominimierung durch den kontrollierten Austausch von Brandmeldern“ im Publikum zu kontroversen Ansichten rund um veraltete Brandmelder, deren Ansprechverhalten und Falschalarme führen würde, dürfte Dr. Sebastian Festag vom ZVEI Fachverband Sicherheit und Risikoforscher bei Hekatron schon im Vorfeld bewusst gewesen sein.

Wie auch immer man die Ergebnisse verschiedener internationaler Stichproben zur weiteren Funktionsfähigkeit von „veralteten“ Brandmeldern einordnen oder auslegen möchte – es ändert nichts daran, dass die Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs nach DIN 14675-1 (Brandmeldeanlagen Teil 1: Aufbau und Betrieb) neben der Vor-Ort-Überprüfung und der Instandsetzung nach Werksprüfung den Austausch von automatischen Meldern nach fünf (mit Verschmutzungskompensation nach acht) Jahren fordert.

Das hat weniger damit zu tun, wie lange ein älterer Melder tatsächlich noch ohne Einschränkungen funktionsfähig sein könnte, sondern damit, dass beim Thema Sicherheit kein Risiko für Gebäude, Material oder gar Menschen eingegangen werden darf. „Ein kontrollierter Austausch von Brandmeldern ist eine präventive Maßnahme, um diese wichtige Schutzfunktion jederzeit zu gewährleisten“, fasste Dr. Festag zusammen.

Remote Services ersetzen Vor-Ort-Einsätze

Groß war auch das Interesse am Thema „Remote Services“ – also Ferndienste nach DIN EN 50710 – von Bernd Giegerich (Bosch Sicherheitssysteme). Zwar zeigte die Frage ans Auditorium, dass weniger als eine Handvoll der teilnehmenden Errichter und Systemintegratoren Remote Services bereits selbst einsetzen, aber mit Blick auf den Fachkräftemangel erscheinen die Vorteile durchaus attraktiv: Ersatz von Vor-Ort-Einsätzen, höherer Erfolg bei Instandsetzungen (da die richtigen Ersatzteile mitgenommen werden können), vorausschauende Instandhaltung, optimierte Ressourcennutzung.

Der Betreiber profitiert bei Ferndiensten im Brandschutz durch schnellere Reaktion, weniger Betriebsablaufstörungen, reduzierte Ausfallzeiten und weniger Anreisen. Doch auch die potenziellen Risiken verschwieg der Referent nicht. So könne es zu unbeabsichtigtem Abschalten von Anlagenteilen oder zum Auslösen von Ansteuerungen kommen, ebenso zu Beeinträchtigungen der IT- und Datensicherheit.

Im Detail müssen aufgrund fehlender Erfahrungswerte noch die technischen Spezifikationen weiter ausgearbeitet werden, um die Anforderungen für den Fernzugriff zu definieren. Mit der seit Mai 2022 geltenden DIN EN 50710 (Anforderungen an die Bereitstellung von sicheren Ferndiensten für Brandsicherheitsanlagen und Sicherheitsanlagen) können zumindest Daten aus Anlagen rund um die Uhr an eine zentrale Stelle laufen und die Fernzugangsinfrastruktur genutzt werden, wenn Verschlüsselung, Zwei-Faktor-Authentifikation, Protokollierung und Überprüfung gewährleistet sind. Das heißt: Bei normenkonformen Anlagen kann die unmittelbare Freigabe vor Ort und die anschließende Sperrung durch den Betreiber ebenso entfallen, wie die Vor-Ort-Überprüfung durch eine Elektrofachkraft GMA.

Die VdS-Fachtagung Brandmeldeanlagen warf zudem einen Blick auf den Zusammenhang von Dekarbonisierung in Industriehallen und anlagentechnischem Brandschutz sowie dem Risiko, das die Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien für Brandmelder und Brandmeldeanlagen mit sich bringen kann.

Digitale Lösungen auf der Brandschutzmesse

Branderkennung Brandschutz
Branderkennung per Videobild bei Siemens: Die HDTV-Kamera (rechts oben im Bild) nutzt eine integrierte Videoanalytik, um Brände zu detektieren

(Bild: Kalscheuer)

Neben bewährten Lösungen gab es auf der Brandschutzmesse rund um die VdS-Brandschutztage 2023 auch einige Neuheiten zu sehen. So stellte die G+H Group mit dem „G+H Produktkompass“ eine App vor, die auf der Baustelle mit wenigen Klicks zur richtigen Brandschutzlösung führt. Dabei können nicht nur Notizen und Fotos ergänzt, sondern auch Daten heruntergeladen oder mit Kollegen oder Kunden geteilt werden. Eine App stand auch am Mobotix-Stand im Vordergrund: die „Thermal Validation App“ soll Fehlalarme in Thermalanwendungen signifikant reduzieren, indem sie unkritische Hitzequellen (wie Fahrzeuge mit heißem Motor) in den Kamerabildern erkennt und herausfiltert. Dazu misst eine TR-Technologie (Thermische Radiometrie) die Wärmestrahlung im gesamten Bildbereich und ordnet jedem Pixel einen Temperaturwert zu.

Bei Siemens stand die Videokameraeinrichtung „Fire Catcher FDV202“ für die kombinierte Rauch- und Flammendetektion im Mittelpunkt, die im Rahmen einer Live-Präsentation vorgestellt wurde. Auch Bosch stellte seine videobasierte Brandfrüherkennung vor, bei der ein Brand durch einen entsprechenden Bildanalysealgorithmus bereits in seiner Entstehungsphase identifiziert wird.

Geze stellte mit „mygeze control“ auf den VdS-Brandschutztagen eine offene Lösung für die Integration von Türen, Fenstern und Sicherheit in alle Bereiche des Gebäudemanagements vor. Über eine zertifizierte Bacnet-Kommunikationsschnittstelle sind die Geze-Produkte in alle gängigen Gebäudeleittechnik- und Gefahrenmanagementsysteme integrierbar was interoperable Anwendungen mit anderen Gewerken (Heizung, Lüftung, Raumautomation) ermöglicht. Securiton zeigte mit „Securifire 3000“ ein redundantes, modulares Brandmeldesystem, bei dem sämtliche Komponenten – vom Mikroprozessor bis zum Betriebssystem – doppelt vorhanden sind.

Handfeste Lösungen der Aussteller

Sprinklertest Brandschutz
Wie Sprinkler aus Bestandsanlagen im Labor geprüft werden, präsentierte VdS den interessierten Besuchern live vor Ort

(Bild: Kalscheuer)

Ganz handfest statt virtuell zeigte sich hingegen die Brandschutzmanschette „Promastop-FC3“ von Promat: Sie wird zur Abschottung von brennbaren isolierten und nicht isolierten Kunststoffrohren, Mehrschichtverbundrohren und Alu-Verbundrohren eingesetzt. Sie besteht aus einem runden pulverbeschichteten Edelstahlrahmen und einer speziellen intumeszierenden, schaumbildenden Einlage und kann bei Rohrdurchführungen durch feuerbeständige Wände und Massivdecken entweder auf- oder eingesetzt werden. Das auf Blitz- und Überspannungsschutz spezialisierte Unternehmen Dehn zeigte einen Ausblick auf die Möglichkeiten des Überspannungsschutzes bei Brandmeldeanlagen, und am Stand der Firma Trox stand mit „Troxnetcom“ ein zentrales Steuersystem als Schnittstelle für alle Komponenten der Brandschutz- und Entrauchungstechnik im Mittelpunkt.

Wie man Brände in baulichen Anlagen und Schaltschränken gleich „im Keim erstickt“, war beim Kleinlöschsystem „Preveneos“ von Wichmann zu sehen. Hierbei wird der Brand direkt vor Ort im Schaltschrank thermisch oder durch Rauchdetektion erkannt und durch ein integriertes FK-5-1-12-Löschmittel gelöscht. Die Besonderheit: Um zu vermeiden, dass der Brand anschließend neu entfachen kann, wird ein Signal weitergegeben und gleichzeitig die Stromzufuhr zum Gerät kontrolliert abgeschaltet.

Für Flucht- und Rettungswege zeigte die Inotec Sicherheitstechnik GmbH die Leuchte „FL2820 TFT“, die mehrere Piktogramme darstellen kann. So kann z.B. der Grund für eine Evakuierung (Amok- oder Terroralarm) in Textform abwechselnd mit dem Piktogramm angezeigt werden. Möglich ist auch, dass Teile der Piktogramme (wie Richtungspfeile) blinken, um z.B. die Aufmerksamkeit auf die Fluchtrichtung zu lenken. Wird die Leuchte an das System „CPS Fusion“ angeschlossen, ist sogar eine Überwachung und bidirektionale Kommunikation mit dem Zentralbatteriesystem möglich. Gibt das Zentralbatteriesystem im Ernstfall die Sperrung eines verrauchten Fluchtweges vor, bestätigt die Leuchte das neue Piktogramm ohne zusätzliche Bus-Leitung über den Endstromkreis.

Am Stand von Obo wurden u.a. Installationskanäle mit Brandschutzgewebe wie der „Pyroline Rapid PLM“ vorgestellt. Ein solcher Kanal verhindert über den klassifizierten Zeitraum (EI30, EI60 und EI90 gemäß EN 13501-2) die Brandweiterleitung und schützt vor den Auswirkungen eines Kabelbrandes. Bei Spelsberg wurde die Montageplatte „WKE BK1“ gezeigt, die zur brandsicheren Befestigung von „WKE 2-6“ Kabelabzweigkästen und Verbindungskästen an Kabelrinnen mit Funktionserhalt dient. Die Montageplatte bietet einen Funktionserhalt der Klasse E90 (im Brandfall bis zu 90 Minuten beständig) und sorgt durch ihre Bauform dafür, dass Funktionserhaltkabel den geraden Verlauf der Kabelrinne nicht verlassen müssen.

Die Labor Strauss Gruppe zeigte mit dem Tochterunternehmen MEP-Gefahrenmeldetechnik neben Feuerwehr-Schlüsseldepots auch ihre ganz neu auf dem Markt eingeführte Brandwarnanlage „BC08“. Die Haupteinsatzgebiete der Brandmelder- und Löschsteuerzentrale sind kleine Brandmeldeanlagen und Einbereichs-Löschanlagen sein.

Prüfen und Löschen

Die Firma Detectortesters zeigte ihre All-in-One-Prüflösungen, die eine regelkonforme Funktionsprüfung von Wärme-, Rauch- und CO-Meldern ermöglichen. Dabei kombiniert die neu vorgestellte Lösung „Testifire XTR2“ die Funktionsprüfung von Rauch- und Wärmemeldern mit dem Aufzeichnen von Testergebnissen und dem automatischen Generieren von Testberichten. Gekartel präsentierte Monitore und Medientechnik mit integriertem Brandschutz für den Einsatz in sensiblen Bereichen.

Beim Unternehmen 4dlernen konnten die Besucher sich am virtuellen Feuerlöscher-Training versuchen. Für den größeren Löscheinsatz zeigte Danfoss Fire Safety eine Hochdruckwassernebel-Demonstration mit dem System Sem-Safe, das durch sehr kleine Tröpfchen aus den Düsen oder Sprinklern auch in der Industrie oder in U-Bahn-Tunneln für Sicherheit sorgt. In einer weiteren Live-Demo präsentierte VdS die Laborprüfung von Sprinklern aus Bestandsanlagen, mit der ausgeschlossen wird, dass Sprinklerköpfe durch Alterungsprozesse verschlossen sind.

Nächstes Jahr findet der VdS-Branchentreff vom 4.-5. Dezember 2024 in der Koelnmesse statt – aufgrund des großen Zuwachses an Ausstellern und Besuchern natürlich wieder in der großen Messehalle 10.1.

Über die Autorin
Autorenbild
Britta Kalscheuer

Redaktion »de«

Über die Firma
VdS Schadenverhütung GmbH
Köln
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