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Verlegung von PV-Kabeln in der Praxis

Auf einen Blick

Die gemeinsame Leitungsverlegung ist in der Praxis nicht immer zu vermeiden, dennoch müssen normative Grundsätze immer beachtet werden. Leitungen für PV-Anlagen sind wegen ihrer exponierten Trassenführung erhöhten Gefährdungen ausgesetzt bzw. es kann von ihnen Gefahr ausgehen – dies hat der Errichter zu berücksichtigen

Diese Anfrage und die Erfahrungen aus der Praxis haben wir zum Anlass genommen, die Verlegung von Leitungen für PV-Anlagen einmal generell zu betrachten.

Zur Gleichspannungsfestigkeit

Die Leitungen der Bauart PV1-F nach der Anwendungsregel VDE-AR-E 2283-4 »Anforderungen für Leitungen für PV-Systeme« sind für eine Nennspannung von AC U0/U = 0,6 kV/1 kV ausgelegt. Für Gleichspannungsanwendungen ergeben sich durch die Multiplikation mit dem Faktor 1,5 gegenüber den Angaben für Wechselspannung daraus folgende zulässige Nennspannungen, Leiter-Erde U0 = 900 V DC und Leiter-Leiter U = 1 500 V DC (Effektivwert der dauernd zulässigen Betriebsspannung). Der maximale Effektivwert der höchsten Systemspannung zwischen Leiter-Leiter darf maximal Um = 1 800 V DC betragen (Tabelle). Diese Spanungsangaben gelten nur in nicht geerdeten Systemen und sind bei geerdeten Systemen mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren. Maßgeblich für die dauernd zulässige Betriebsspannung ist der unbelastete Stromkreis, so dass die Leerlaufspannung (UOC) des Stranges oder Generators von Bedeutung ist. Da die Zell-, Strang- und Generatorspannung in Abhängigkeit der Modultemperatur schwankt, sind nicht nur die Spannungen unter STC-Bedingungen aus den Datenblättern zu berücksichtigen, sondern auch die Veränderungen unter Berücksichtigung des Temperaturkoeffizienten (TKUOC). Dieser gibt an, um welchen Wert sich die Spannung bei einer Temperaturänderung von 1 K (Änderung um 1 °C) ändert. Die höchsten Systemspannungen werden im Winter erreicht und müssen unterhalb der Werte für Um liegen.

Gemeinsame Leitungsverlegung

Bild 1: Gemeinsame unzulässige Verlegung der AC-, DC- und informationstechnischen Leitungen in einem Kanal
Bild 1: Gemeinsame unzulässige Verlegung der AC-, DC- und informationstechnischen Leitungen in einem Kanal

Werden Kabel- und Leitungen verschiedener Stromkreise gemeinsam in Rohren oder Kanälen geführt, so ist die DIN VDE 0100-520 »Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5: Auswahl und ­Errichtung elektrischer Betriebsmittel – ­Kapitel 52: Kabel- und Leitungsanlagen« Abschnitt 521.6 zu beachten: »Mehrere Stromkreise sind in einem Elektroinstallationsrohr oder in einem zu öffnenden Elektroinstallationskanal zulässig, wenn alle ­Leiter für die höchste vorkommende Nennspannung isoliert sind und die Elektroinstallationsrohre oder zu öffnenden Elektroinstallationskanäle ausreichende Querschnitte haben« – siehe hierzu auch Bild  1. Somit ist die maximale Spannung UOC STC des PV-Generators und die Leitungsbauart der parallel verlegten Leitungen von Bedeutung. Eine Leitung der Bauart NYM nach DIN VDE 0250-204 »Isolierte Starkstromleitungen – PVC-Installationsleitung NYM« ist für eine maximale Nennspannung von U0 (Leiter-Erde) von 300 V und U (Leiter-Leiter) von 500 V geeignet. Die Nennspannung der Leitung muss in eine maximale Betriebsspannung (DC) nach DIN VDE 0298-3 (VDE 0298-3) »Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen – Teil 3: Leitfaden für die Verwendung nicht harmonisierter Starkstromleitungen« umgerechnet werden (Tabelle).

Auf einen Blick

Normen zum Thema • DIN VDE 0100-520 • DIN VDE 0298-3 • VDE-AR-E 2283-4 Fachbeitrag Bonhagen, S.: Leitungen für PV-Systeme – Neue VDE-AR-E 2283-4:2011-10, »pv-praxis.de« 1.2012 ¬ S. 12 f.

Die Werte in der Tabelle berücksichtigen eine höhere zulässige Betriebsspannung von 10% für Leitungen bis 450/750 V und 20% für Leitungen bis 0,6/1 KV gegenüber der angegebenen Nennspannung. Darüber hinaus werden die zulässigen Betriebsspannungen für Wechsel­strom­anwendungen durch die Multiplikation mit einem maximalen Faktor von 1,5 für Gleichstromanwendungen ermittelt. Für eine NYM-Leitung beträgt nach Tabelle, die maximale Gleichspannung Leiter-Erde 330 V und Leiter-Leiter 660 V. Erdkabel (NYY) können nach dieser Norm mit einer Gleichspannung von 0,9/1,8 kV betrieben werden. Die maximal vorkommende Generatorspannung im Leerlauf muss somit unterhalb der maximal zulässigen Leiter-Leiter-Spannung liegen, nur dann ist eine direkte Parallelverlegung zulässig. Das bedeutet, dass bei heutigen Systemspannungen von PV-Generatoren oberhalb von 660 V eine direkte parallele Verlegung von NYM-Leitungen und PV-Strangkabeln unzulässig ist.

Informationstechnische Leitungen

Die parallele Verlegung von Informationstechnischen Leitungen in den Leitungsführungssystemen für die Wechselstrom- und Gleichstromleitungen ist nur unter Beachtung der DIN EN 50174 (VDE 0800-174) »Informationstechnik – Installation von Kommunikationsverkabelung« zulässig. Die Kommunikationskabel (z. B. RS 485) zur Verbindung der Wechselrichter untereinander oder mit Monitoring Systemen, sollten entweder in separaten Leitungsführungssystemen oder in getrennten Leitungsführungsräumen verlegt werden. Bei der Auswahl der informationstechnischen Leitungen und der Verlegesysteme sind diese Norm sowie die Herstellerangaben zu berücksichtigen.

Erd- und kurzschlusssichere Verlegung

Bild 2: Weder erd- und kurzschlussfeste noch fachgerechte Verlegung von  PV-Strangleitungen
Bild 2: Weder erd- und kurzschlussfeste noch fachgerechte Verlegung von PV-Strangleitungen

Die DIN VDE 0100-712 »Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 7-712: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Solar-Photovoltaik-(PV)-Stromversorgungssysteme« fordert im Abschnitt 712.522, dass alle Gleichstromleitungen so zu errichten sind, dass das Risiko eines Erdschlusses oder Kurzschlusses auf ein Minimum reduziert wird. Aus diesem Grunde bietet es sich an, ausschließlich spezielle PV-Kabel nach der VDE AR-E-2283-4 zu verwenden, da diese als Einleiterkabel die Grundbedingung der Anforderungen an die erd- und kurzschlusssichere Verlegung nach DIN VDE 0100-520 erfüllen. Es muss aber sichergestellt werden, dass die Leitungen nicht beschädigt werden können. Somit ist insbesondere darauf zu achten, dass keine scharfkantigen Stellen vorhanden sind sowie die maximal zulässigen Biegeradien und Befestigungsabstände eingehalten werden. Für Solarleitungen PV1-F sind die Biegeradien nach der DIN VDE 0298-300 zu berücksichtigen. Bei fest verlegten Leitungen mit einem maximalen Durchmesser von 12 mm, entspricht der kleinste zulässige Biegeradius dem dreifachen Leitungsdurchmesser. Durch die Befestigungsmittel für die Kabel und Leitungsanlage dürfen keine Beschädigungen auftreten. Darüber hinaus sind die Befestigungsabstände so zu wählen, dass eine Beschädigung durch Zugbeanspruchungen nicht zu erwarten ist. Soweit keine weiteren Herstellerangaben vorliegen, sind für Leitungen mit einem Durchmesser von maximal 9 mm, die Befestigungsabstände nach der DIN VDE 0100-520 mit maximal 250 mm in der waagerechten und 400 mm in der senkrechten zu wählen. Der Einsatz von Kabelbindern als Befestigungsmittel kann nicht grundsätzlich als zulässig oder unzulässig bewertet werden. Die Lagefixierung einzelner Leitungen an den Untergestellen mittels entsprechend breiten und UV-beständigen Kabelbindern ist bei Beachtung der Herstellerangaben und Anzugskräfte bestimmt unbedenklich. Besser geeignet sind spezielle Kabelbinder mit einer Möglichkeit, die Solarleitungen einzeln in einem Clip aufzunehmen. Für größere Ansammlungen von Strangleitungen sind Leitungsführungssysteme wie z. B. Kabelbahnen oder Untergestelle mit integrierten Leitungsführungsräumen zu empfehlen. Zusätzlich ist die Leitungsführung so zu wählen, dass die aufgespannten Leiterschleifen so klein wie möglich gehalten werden (Bild  2). Aus diesem Grunde ist eine Parallelverlegung der Plus- und Minus-Leitungen zu wählen, da somit die Gefährdung durch induzierte Überspannungen erheblich reduziert werden kann.

Feuergefährdete Betriebsstätten

Bild 3: Wechselrichter unzulässigerweise angeordnet in einer feuergefährdeten Betriebsstätte
Bild 3: Wechselrichter unzulässigerweise angeordnet in einer feuergefährdeten Betriebsstätte

Für feuergefährdete Betriebstätten, wie z. B. Scheunen oder Lagerhallen, ist die Norm VDE 0100-482 »Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4: Schutzmaßnahmen Kapitel 48: Auswahl von Schutzmaßnahmen Hauptabschnitt 482: Brandschutz bei besonderen Risiken oder Gefahren« anzuwenden. In feuergefährdeten Betriebsstätten dürfen nur für den Betrieb erforderliche elektrische Anlagen errichtet werden. Die Errichtung von Wechselrichtern für PV-Anlagen ist somit innerhalb von feuergefährdeten Betriebsstätten nicht zulässig (Bild 3). Wechselrichter sollten in separaten, von der feuergefährdeten Betriebsstätte brandschutztechnisch getrennten, Räumen untergebracht werden. Alternativ ist bei geeigneten Wechselrichtern eine Außenmontage möglich.

Bild 4: Nicht fachgerechte und unzulässige Leitungsführung in einer feuergefährdeten ­Betriebsstätte
Bild 4: Nicht fachgerechte und unzulässige Leitungsführung in einer feuergefährdeten ­Betriebsstätte

Leitungen und Kabel müssen in feuergefährdeten Betriebsstätten gegen Überlast und Kurzschluss geschützt werden. Darüber hinaus müssen Isolationsfehler an der Kabel und Leitungsanlage erkannt werden und zur Abschaltung führen. Dieses wird i. d. R. durch den Einsatz von Überstromschutzeinrichtungen und Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen gewährleistet. Da ein solcher Schutz auf der Gleichspannungsseite nicht möglich ist, ist die Leitungsverlegung der DC-Leitungen im Bereich der feuergefährdeten Betriebsstätte nicht zulässig (Bild  4). Die Leitungsführung sollte vorzugsweise außen am Gebäude erfolgen. Alternativ sind entsprechende Brandschutzkanäle und Brandschotts zu verwenden.

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