Keine Nachrüstforderungen Grundsätzlich erneuerte oder erweiterte Anlagenteile sind allerdings nach dem aktuellen Normenstand zu errichten, worüber der Eigentümer oder Auftraggeber zu informieren ist
Diese Überspannungsschutzgeräte (in der Norm verwendetes Kürzel: SPD = Surge Protective Device) sollen eine Spannungsbegrenzung entsprechend der Isolationskoordination (sprich: Spannungsfestigkeit der Installation und Betriebsmittel) sicherstellen.
Gefährliche Funkenbildungen aufgrund eines Isolationsversagens – mit Kurzschluss und möglicherweise resultierenden Bränden – sollen vermieden werden.
Überspannungsschutz in jedem Neubau

Es ist davon auszugehen, dass Betriebsmittel der Überspannungskategorie I (1,5 kV) und II (2,5 kV) in jedem Wohngebäude installiert sind. Somit ist Überspannungsschutz in allen Neubauten Pflicht – auch wenn kein äußeres Blitzschutzsystem vorhanden ist. Seit Ablauf der Übergangsfrist am 14.12.2018 kann fehlender Überspannungsschutz im Schadensfall zu rechtlichen Konsequenzen führen. Elektroinstallateure und Planer haben die Pflicht, den Bauherren über den notwendigen Überspannungsschutz und entsprechende Schutzmaßnahmen zu informieren (sogenannte Informationspflicht).
Umsetzung der Schutzmaßnahmen
Wie die Überspannungsschutzmaßnahmen umzusetzen sind, beschreibt die VDE 0100-534. Hiernach sind die Überspannungsschutzgeräte so nah wie möglich am Speisepunkt der Anlage zu installieren.
Bei Gebäuden mit äußerem Blitzschutzsystem ist ein SPD des Typs 2 nicht ausreichend. Hier ist mit blitzstromtragfähigen SPDs des Typs 1 ein Blitzschutzpotentialausgleich am Gebäudeeintritt aufzubauen. Zusätzlich zur DIN-VDE-0100-Reihe ist in diesem Fall die sogenannte Blitzschutznorm VDE 0185-305 zu beachten (Bild 2).
Nach der aktuellen DIN VDE 0100-443 muss auch bei Gebäuden, die über kein äußeres Blitzschutzsystem verfügen, aber mit einer Freileitungseinspeisung versorgt werden, ein SPD des Typs 1 eingesetzt werden. Diese SPDs des Typs 1 am Speisepunkt der Energieversorgung müssen einen Stoßstrom von mindestens 5 kA der Impulsform 10/350 pro Außenleiter ableiten können. Dies gilt auch, wenn das Gebäude vom letzten Mast über ein Erdkabel mit der Freileitung verbunden ist. Die Typ-1-SPDs werden direkt am Gebäudeeintritt eingesetzt und parallel zu den Außenleitern des Energienetzes angeschlossen. Der direkte Blitzeinschlag wird mit Prüfimpulsen von bis zu 100 kA der Impulsform 10/350 simuliert. Der Schutzpegel muss hier unterhalb 4000 V liegen. Bei betriebsstromfreien Überspannungsschutzgeräten (SPDs) ist auch der Einsatz vor der Hauptzählereinrichtung im netzseitigen Anschlussraum möglich.
Schutzbereich und Anschluss der SPDs

Das SPD des Typs 3 schützt vor induktiven Einkopplungen und Schaltüberspannungen in den Endgerätestromkreisen. Diese Überspannungen treten hauptsächlich zwischen Außenleiter (L) und Neutralleiter (N) auf. Durch die sogenannte Y-Schaltung werden L- und N-Leiter über Varistoren geschützt und die Verbindung zum PE-Leiter mit einer Funkenstrecke hergestellt. Diese Schutzschaltung leitet Querüberspannungen ab, ohne dass der Fehlerstromschutzschalter (RCD) daraus einen Fehlerstrom interpretiert und somit auch nicht abschaltet. Hierdurch werden Endgeräte effektiv vor Überspannungsschäden geschützt.
Auch die gesamte Anschlusslänge als Stichleitung zum SPD ist in der neuen Norm geregelt und darf eine Länge von 0,5 m nicht überschreiten. Ist diese Forderung nicht umzusetzen, müssen weitere Maßnahmen getroffen werden. Es kann ein weiteres SPD, z. B. Typ-3-Geräteschutz, direkt an den zu schützenden Betriebsmitteln eingebaut oder mit der sogenannten V-Verdrahtung die Länge der Anschlussleitung im Stich zum SPD minimiert werden. Im Schaltschrank kann ein zusätzlicher und vermaschter Potentialausgleich mit der metallenen Montageplatte und dem Gehäuse erfolgen.

Wirksamer Schutzkreis

Elektrische Geräte, die gleichzeitig am Strom- und Daten-/Telefonnetz betrieben werden sowie empfindliche Steuerungs- und Kommunikationseinrichtungen, sind besonders durch Überspannungen gefährdet. Würde hier nur die Spannungsversorgung geschützt, könnte es zu gefährlichen Kurzschlüssen in diesen Geräten kommen. Bindet man hingegen alle Leitungen gemäß des Schutzkreises direkt oder indirekt mit SPDs in den lokalen Potentialausgleich ein, kommt es nicht zu gefährlichen Potentialunterschieden an den Betriebsmitteln. Das gesamte System wird auf das gleiche Spannungsniveau angehoben und es entsteht kein unkontrollierter Potentialausgleich durch Kurzschluss mit Funkenbildung und Brandgefahr.
Fazit
Mit einem umfassenden Schutzkonzept lassen sich die Anforderungen und Empfehlungen der Norm erfüllen, Überspannungsschäden vermeiden und Kundenwerte schützen. Mit einer entsprechenden Dokumentation von der Beratung des Betreibers über die Prüfung der Notwendigkeit bis zu den umgesetzten Überspannungsschutzmaßnahmen sind Planer und Elektroinstallateure auch rechtlich immer auf der sicheren Seite.Die Installationsnormen DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 0100-534 enthalten keine Nachrüstforderungen, jedoch gilt, dass grundsätzlich erneuerte oder erweiterte Anlagenteile nach dem aktuellen Normenstand zu errichten sind. Der Installateur muss den Eigentümer oder Auftraggeber bei Arbeiten in bestehenden elektrischen Anlagen gemäß seiner Informationspflicht darauf hinweisen, dass auch in dem nicht erneuerten bzw. erweiterten Anlagenteilen Überspannungsschutzeinrichtungen notwendig sein können.