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Hiltis digitale Transformation des Bohrhammers

Automatisierter Bohrroboter „Jaibot“ in Aktion

Hilti Bohrroboter
Sie zeigten Hiltis Jaibot in Aktion: Rüdiger Wagner, Benjamin Bredl und Christian Pütz (v. l.)
(Bild: Kalscheuer)

Arbeiten über Kopf wie das Bohren in Betondecken sind für die ausführenden Arbeiter eine große Belastung. Neben der untypischen Körperhaltung, die zu gesundheitlichen Problemen in Armen, Schultern oder Rücken führen können, muss auch die Arbeitssicherheit beim Einsatz auf Leitern und der Schutz vor anfallendem Bohrstaub gewährleistet sein. Werden in einem Neubauprojekt Hunderte oder gar Tausende von Bohrlöchern benötigt, kann man sich leicht ausmalen, dass dies in Zeiten des Arbeitskräftemangels beim Ausfall eines Mitarbeiters schnell zu Bauverzögerungen führen kann.

Digitale Planungsdaten als Grundlage

Der Jaibot von Hilti soll hier Abhilfe schaffen und die Digitalisierung der Baubranche unterstützen. Der mobile Bohrroboter setzt auf der Grundlage digitaler Planungsdaten wie BIM-Daten mit konstanter Leistung und großer Genauigkeit Löcher – entweder in die Decke (z.B. für Befestigungen für Gebäudetechnik oder die Installation von Sprinklern) oder in die Wand.

Jaibot Bohrroboter
Der Jaibot kann nicht nur in Betondecken, sondern auch in Wände bohren

(Bild: Kalscheuer)

Aufgrund der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung in der Baubranche habe Hilti Szenarien entwickelt, die Prozesse auf der Baustelle verändern und optimieren sollen, erläuterte Rüdiger Wagner, Head of Robotics and Hilti Venture, im Rahmen einer Praxis-Vorstellung des Jaibots in Kaufering. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist der zertifizierte Bohrroboter, der inzwischen von Kunden (gekauft oder für mindestens fünf Tage gemietet) eigenständig eingesetzt wird. Zusammen mit seiner Garage bzw. Transportbox wiegt der Roboter rund 1.000 kg und kann per Aufzug oder Kran in Gebäude gestellt werden.

Hardware und ein geschulter Operator

Totalstation Bohrroboter
Drei Prismen erlauben der Totalstation „PLT 300“ die Orientierung im Innenraum

(Bild: Kalscheuer)

Grundlage der semi-autonomen Bohrungen ist eine digitalisierte Planung, in der die Bohrpunkte mit ihren xyz-Koordinaten hinterlegt sind – also nicht zwingend BIM-Daten. Der fahrbare Roboter benötigt neben dem digitalen Bohrpunktplan drei Prismen („Katzenaugen“) pro Bohrbereich als Referenzpunkte, die der Totalstation „PLT 300“ die Orientierung in Innenräumen erlauben. Darüber hinaus ist ein geschulter „Operations Manager“ nötig, der das wendige, ferngesteuerte Fahrzeug beaufsichtigt und über sein „PLC 400“-Tablet an den Einsatzort bringt – und natürlich der gewünschte Bohraufsatz, wie 8er oder 10er Hilti-Bohrer.

Gibt der Operator über sein Tablet das „Go“, orientiert sich der Roboter räumlich, richtet sich eigenständig aus, bohrt innerhalb seines Bewegungsradius die zuvor geplanten Löcher millimetergenau, und markiert diese für die verschiedenen Gewerke. Das geht übrigens auch bei Sichtbeton, da durch die digitale Planung kein Anzeichnen der Bohrpunkte notwendig ist, und bis auf eine Höhe von 4,80 m.

Automatische Protokollierung der Bohrungen

Parallel wird die Bohrtiefe automatisch digital protokolliert und dokumentiert. Falls der Bohrer auf Bewehrung treffen sollte, wird dies im digitalen Plan, der in der Cloud gespeichert ist, markiert, und der Operator kann die entsprechenden Schritte einleiten. Anfallender Bohrstaub wird im Bohrvorgang gleich abgesaugt. Zwischen acht und zehn Stunden hält der Akku des Bohrroboters, anschließend kann er ans Ladekabel gelegt werden.

Operator Bohrroboter
Auf seinem „PLC 400“-Tablet sieht der Operations Manager, wenn keine weiteren Bohrungen in der Reichweite des Roboters geplant sind, und dieser neu positioniert werden muss

(Bild: Kalscheuer)

Kommt der Bohrroboter zum Einsatz, sind auch Schulung, Unterstützung und Hilfestellung ein Teil des Angebots, erklärte Christian Pütz, Jaibot Operations Manager bei der Hilti Deutschland AG. Er übernimmt, wie auch sein Kollege Benjamin Bredl, die Schulung der Jaibot-Kunden, so dass diese nach einer Einweisung und Übungen dazu befähigt sind, den Bohrroboter auf ihrer Baustelle selbst zu bedienen.

Tausende Bohrungen exakt platziert

Zu diesen Kunden zählen z.B. Geiger Schlüsselfertigbau und die Firma Frietsch, die Einblicke in ihre Projekte mit dem Jaibot gaben. Im Neubau des Bürogebäudes „Welle 2“ in Reutlingen wurden von Geiger rund 15.500 Deckenbohrungen mit der Unterstützung des Jaibots von Hilti vorgenommen. Hier kam man auf durchschnittlich 1.000 Bohrungen am Tag.

Die Firma Frietsch Gipser- und Stuckateur GmbH hatte den Auftrag, Teile der Westtribüne des Fußballstadions des Karlsruher SC mit Akkustikbaffeln zur Schallabsorption auszustatten. Die dafür benötigten 2.500 Bohrungen mussten zwischen bereits vorhandenen Kabeltrassen, Lüftungen und Leitungen an der Decke eingemessen und gesetzt werden. Das Arbeitspensum von 20 Tagen schaffte der Bohrroboter in acht Tagen zu einem Drittel der Kosten – und das, obwohl die Gegebenheiten vor Ort teilweise nicht exakt mit den digitalen Plänen des Generalbauunternehmers übereinstimmten.

Mit Unterstützung von Hilti wurde auch dafür eine Lösung gefunden. Die digitale Datenaufbereitung und Kollisionsvermeidung gehöre schließlich zum angebotenen Servicepacket, sagte Thomas Adam, Head of Engineering Marketing. Er sieht im Jaibot den Schritt zur digitalen Transformation des Bohrhammers, den Hilti als Hersteller mit dem Kunden als Partner umsetzen möchte.

Blick in die Zukunft

Zukünftig könnte der Roboter sein Umfeld automatisch abscannen, das passende Modell auswählen und dem Operator Vorschläge unterbreiten. Oder als Plattform für verschiedene Werkzeuge dienen – den ersten Schritt hat Hilti schon mit der Kooperation mit dem US-amerikanischen Unternehmen Canvas getan, das Roboter zum automatisierten Verputzen von Trockenbauwänden anbietet. Dübel in seine Bohrlöcher setzen wird der Jaibot vorerst allerdings nicht. Das könne der Mensch immer noch schneller als der Roboter, erklärte Rüdiger Wagner. Die Maschine solle den Menschen auch nicht ersetzen, sondern ihn bei schwierigen, wiederkehrenden Arbeitsvorgängen unterstützen.

Ein dreiminütiges Youtube-Video zu Systemkomponenten, Einrichtung, und Betrieb von Jaibot finden Sie hier. Im Vor-Ort-Praxistest auf dem Hilti-Gelände hatte der Jaibot übrigens nach sieben Minuten 37 Bohrungen in Wand und Decke gesetzt – inklusive Erläuterungen, Rangieren und Bohrerwechsel.

Über die Autorin
Autorenbild
Britta Kalscheuer

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